Und er bewegt sich doch

MANDERSCHEID. "Die Manderscheider sind so flexibel wie die Steine ihrer Burg." An dieser Äußerung am Rande einer Infoveranstaltung über "Stadtentwicklung und Zukunftsperspektiven in Manderscheid" scheint etwas dran zu sein. Dennoch: Einige Steine wurden jetzt gelockert. Worauf die Manderscheider jetzt warten, ist die dadurch ausgelöste Lawine.

"Der Prozess fängt irgendwo an und hat nie ein Ende", sagt Heiko Jakobs vom Marketingbüro Marktfaktor. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Gewerbe- und Verkehrsvereins, Michael Moll, und rund 70 Manderscheidern hat er wenige Minuten zuvor auf der kleinen Leinwand vor der Bühne verfolgt, was der Referent Lutz Wetzlar in aller Ausführlichkeit präsentiert hat - mit vielen Informationen und wenig Atempausen, als wäre es dem Referenten dabei nicht um Manderscheids Zukunft gegangen, sondern um seine eigene.Aus Manderscheid etwas machen

In der Tat waren die unzähligen Beispiele, die der langjährige Leiter der nordrhein-westfälischen Bewertungskommission des Wettbewerbs "Unser Dorf hat Zukunft" präsentierte, von irgendwo aus NRW, doch ging es ihm diesmal um Manderscheid und darum, wie in der Eifelgemeinde ähnliche Projekte umgesetzt werden können. "Ich will dabei nicht unbedingt von einem ,Leitbild' sprechen, da man es allzu oft mit einem ,d' schreibt, aber wir brauchen eine Vision", hatte Wetzlar erklärt und von gut gehenden Dorfläden, einem ehemaligen Silo, das zum Buswartehäuschen umgebaut wurde, und einem Kindergarten, der vorher ein ungenutzter Bahnhof war, erzählt. Fazit seines Vortrags: Damit Stadtmarketing funktioniert, muss Parteipolitik außen vor bleiben, eine professionelle Geschäftsstelle eingerichtet und außerdem regelmäßig die Chancen und Risiken sowie Stärken und Schwächen analysiert werden. Was die Analyse der Manderscheider betrifft, so scheint die Angst vor Risiken eher eine Schwäche, ungenutzte Chancen dafür eine Stärke der Menschen dort zu sein - zumindest wird das in der Diskussion mehrfach betont. "Ich habe den Eindruck, dass in Manderscheid die Mentalität herrscht: Bevor ich einen Fehler mache, tue ich lieber nichts", sagt Rainer Laupichler, Leiter der Manderscheider Kulturtage, und nennt ein weiteres Problem: "Hier im Ort gibt es null Visionen." Yvonne Fidler, Betreiberin eines Kosmetikinstituts, gibt ihm Recht: "Es ist wahnsinnig schwer, in Manderscheid Menschen zu bewegen." Ähnliche Erfahrungen hat auch Tobias Stadtfeld gemacht. Es werde zu wenig im Freizeit- und Tourismusbereich und für die Öffentlichkeitsarbeit getan, ist Stadtfeld überzeugt: "Wir haben das Produkt Manderscheid, und wir müssen was daraus machen." Der Manderscheider Jürgen Ücker rät dazu, sich nicht an "deutschem Perfektionismus zu orientieren", und nennt Veränderungsvorschläge, die mit relativ wenig Aufwand eine große Wirkung erzielen könnten. Viele Menschen hätten ihn darauf angesprochen, dass die vergangene Sommersaison eine außergewöhnlich gute und der Grund dafür das Wanderbuch von Manuel Andrack gewesen sei, sagt auch der Gewerbevereinsvorsitzende Moll, dennoch dürfe der Andrack-Faktor nicht das einzige Erfolgsgeheimnis sein. "Wir alle, jeder Bürger, jeder Gewerbetreibende, jede Familie und jeder Verein, profitieren davon, wenn in Manderscheid in Zukunft mehr passiert", ist Moll sich sicher. Das Wanderbuch habe gezeigt, dass auch "mit wenigen Mitteln viel erreicht werden kann, wenn man die richtigen Mittel nutzt". Und kurz vor Ende der Veranstaltung gelingt es dann auf einmal, die "visionslosen" und "unflexiblen" Manderscheider schließlich doch noch zu bewegen. Zunächst einmal deren Arme. Auf die Frage, wer denn bereits sei, an einem Prozess der aktiven Veränderung teilzunehmen, zeigt fast die Hälfte der Anwesenden auf. Bereits in den kommenden Wochen soll sich ein Führungsgremium zusammensetzen, das Ziele und Interessen sammelt, die für den Ort wichtig sind. Die Infos dazu sollen Umfrageformulare liefern, die in den kommenden Tagen an alle Haushalte verteilt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort