Und plötzlich war da das Kokain

Wittlich · Kokain aus Kolumbien. Verschifft in Containern, übergeben auf einem Rastplatz der A 61. Und die Hells Angels als Abnehmer des Stoffs. Die Anklage gegen die zwei Männer, die sich gestern vor dem Amtsgericht Wittlich verantworten mussten, ließ vermuten, dass die beiden dick im Drogengeschäft mitmischen. Tatsächlich rutschten sie wohl eher unfreiwillig in die Kriminalität. Und erhielten letztlich Bewährungsstrafen.

Das Leben schreibt manchmal die skurrilsten Geschichten. Eine dieser Geschichten nahm ihren Anfang mit einem lukrativen Geschäft, das ein 63-jähriger Unternehmer aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich 2014 witterte. Ein zunächst einmal durchaus legales Vorhaben, das sich um den Handel von Kupfererz aus Kolumbien drehte. Doch am Ende der Geschichte landen der Unternehmer sowie ein 29-jähriger Bekannter wegen mutmaßlichen Drogenhandels vor Gericht.

Ein langjähriger Geschäftspartner hatte dem 63-Jährigen die Kupfererzplatten zum Weiterverkauf angeboten. Der Unternehmer war interessiert, wollte Muster sehen. Man traf sich auf der Raststätte Peppenhoven bei Rheinbach. Eine rote Tasche mit den Mustern wurde übergeben. "Ich war ziemlich begeistert von der Qualität", erinnert sich der 63-Jährige gestern vor dem Wittlicher Amtsgericht an jenen verhängnisvollen Tag zurück."Das Zeug war Mist"


Verhängnisvoll deswegen, weil der Geschäftspartner noch etwas in die Tasche gepackt hatte: ein kleines Päckchen mit 100 Gramm Kokain. Ob er jemanden kenne, der den Stoff testen könne - er habe insgesamt drei Kilogramm aus Kolumbien, soll sein Gegenüber gesagt haben. Und dass er die Ware gerne weiterverkaufen könne, falls er einen Abnehmer finde. "Ich wollte das Zeug nicht, ich habe doch noch nie etwas mit Rauschgift zu tun gehabt", beteuert der 63-Jährige vor Gericht. Dennoch nahm er das Kokain mit nach Hause. Aus Angst, wie er sagt, das lukrative Kupfererz-Geschäft könne platzen.

"Ich habe die Drogen nirgendwo angeboten", betont er. Doch er übergab das Rauschgift seinem mitangeklagten Bekannten, der Drogen-Erfahrungen hat und den Stoff daher wie von dem Geschäftspartner gewünscht testen sollte. "Ich habe zwei, drei Nasen davon gezogen und was aufs Zahnfleisch gemacht", sagt dieser vor Gericht aus, "das Zeug war Mist." Und so gab man den Stoff wieder zurück an den nordrhein-westfälischen Geschäftspartner.

Ende gut, alles gut? Von wegen! Denn vor der Rückgabe des Kokains gab es einen Anruf, mitgeschnitten von der Polizei, die schon seit längerem das Telefon des Geschäftspartners überwachte. "Man hat meinem Kumpel die Augen blau gekloppt. Der hat die Ware an die Leute bringen wollen. Die von den Hells Angels haben getestet und gesagt, die Ware ist Schrott", sprach der 63-Jährige auf dessen Anrufbeantworter. Und so entstand der Verdacht der Ermittler, der 63-Jährige und dessen "Kumpel" drehten mit dem Mann aus Nordrhein-Westfalen am große Drogen-Rad. "Das am Telefon mit den Hells Angels war eine Lügengeschichte", versichert der 63-Jährige. "Ich war richtig wütend auf ihn, dass er mich in so eine Sache mit reinzieht, und wollte ihm ein bisschen Angst machen." Beide Angeklagten beteuern, keinen Kontakt zum Rockermilieu zu haben."Richtig dumm gelaufen"


Staatsanwalt Wolfgang Barrot schenkt ihren Ausführungen Glauben. Statt des Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge beantragt er eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Handel sowie Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Er hält wie die beiden Verteidiger Ralph Schira und Marco Kissel Freiheitsstrafen auf Bewährung für angemessen. Eine Forderung, der das Schöffengericht nachkommt. Die nicht vorbestraften Angeklagten werden zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Ein "Warnschuss", sagt der vorsitzende Richter Stefan Ehses. Und eine Geschichte, die - da ist Verteidiger Schira überzeugt - nie wieder passieren wird: "Das ist einfach richtig dumm gelaufen."Extra

Ursprünglich sollte ein Trio auf der Anklagebank sitzen: Auch der 24-jährige künftige Schwiegersohn des 63-Jährigen hatte ein Telefonat mit dem Drogenhändler aus Nordrhein-Westfalen geführt, das mitgeschnitten wurde. Darin ging es um die Vereinbarung zu einem Treffen für die Rückgabe des Kokains. Doch der 24-Jährige ließ sich am Donnerstag durch ein ärztliches Attest entschuldigen. Das Verfahren gegen ihn wurde daraufhin abgetrennt. Er muss sich zu einem späteren Zeitpunkt vor Gericht verantworten. neb

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort