Unterhalb der Weinberge ist viel Platz für Wohnmobile

Wittlich · Unter 100 Euro Einnahmen jährlich bringt Wittlichs Wohnmobilstellplatz. Die halbseitige Werbung in der offiziellen Broschüre Caravaning im Moselland kostet allein 570 Euro im Jahr. Das touristische Angebot wird kaum genutzt.

Wittlich. Ein sonniger Maitag, der vielleicht als Rekordtag in Wittlichs Wohnmobilgeschichte eingeht: Denn drei der weißen Heime auf Rädern parken unterhalb der Weinberge. Auch wenn das an der Mosel zum Beispiel eher ein Witz wäre: Drei, das ist eine gute Zahl für Wittlich. Der seit 2003 angelegte Platz "idyllisch und ruhig gelegen" - so die Werbung in der Broschüre Camping & Caravaning im Moselland, die dem Traum von Freiheit gewidmet ist, bleibt eine Art Geheimtipp, wenn man es positiv formulieren will.Warum das so ist, weiß keiner ganz genau. Karsten Mathar, Leiter der Touristikinformation Wittlich Stadt und Land, hat die Broschüre in diesem Jahr elf Mal verschickt: Diese erhält jeder, der sich allgemein fürs Campen in Wittlich interessiert. Ob von den elf Anfragen eine zum Besuch der Stadt führt, weiß er nicht. Seiner Ansicht nach ist die Auslastung des Platzes "sehr gering". "Der wird aber gerne als Zwischenstopp genommen für eine Fahrt von A nach B", sagt Mathar.Stopp statt Übernachtung

Stimmt. Aus einem der drei Wohnmobile steigt eine Niederländerin. Sie sagt: "Wir kommen von Trier und machen hier einen Stopp. Ist eine schöne Umgebung mit den Weinbergen hier. Was nicht so gut ist, ist, dass es keinen Strom gibt." Aber es gibt Wasser: 80 Liter für einen Euro. Über diese Versorgungsstation hat die Stadt 2009 140 Euro und 2010 85 Euro eingenommen. Ein Aufenthalt auf dem Platz kostet fünf Euro je Übernachtung. Und was hat die Stadt darüber eingenommen? "2009 und 2010 unter jährlich 100 Euro für Übernachtungen", sagt Ulrich Jacoby, Pressesprecher der Stadtverwaltung. Das macht umgerechnet aufs Jahr weniger als ein Wohnmobil alle zwei Wochen und deckt noch nicht einmal die Werbungskosten. So zahlt die Stadt 570 Euro im Jahr für die Werbung in der Camping-Broschüre. Die Errichtung des Platzes selbst hat laut Jacoby damals rund 12 000 Euro gekostet - der Parkplatz an sich war ja bereits vorhanden - und ist geblieben. 50 Autos haben dort Platz. Ein guter Puffer, wenn im Freibad Hochbetrieb herrscht oder etwa ein Reitturnier auf der benachbarten Anlage viele Menschen lockt. Auch vor einem Wanderausflug wird dort gerne geparkt. Aber aus Sicht der Stadtverwaltung ist der Wohnmobilstellplatz womöglich mehr als er auf den ersten Blick scheint. Auf die Frage, welchen Vorteil die Stadt denn durch das Wohnmobilstellplatzangebot hat und inwieweit er der Tourismusförderung dient, sagt Ulrich Jacoby: "Die Stadt Wittlich bietet den Wohnmobilstellplatz als Serviceleistung an und erweitert dadurch die Übernachtungsmöglichkeiten in diesem Segment. Wie in der Tourismusbranche bekannt, lösen Tages- und Übernachtungsgäste Multiplikatoreffekte aus. Das heißt, mehrere Wertschöpfungsketten folgen auf die eigentliche Umsatzquelle." Er erklärt das so: "So profitiert nicht nur der Beherbergungsbetrieb oder der Campingplatz von einem Übernachtungsgast, sondern auch der Einzelhandel, die Gastronomie oder das Museum. Aus diesem Grund generiert ein Übernachtungsgast in der Regel deutlich mehr Umsatz an einem Standort, als tatsächlich messbar ist beziehungsweise auf den Tourismus zurückgeführt wird."volksfreund.de/videosMeinung

Klingt gut, bringt aber nichtsIrgendwann kam die Entdeckung, dass Wittlich keinen Wohnmobilstellplatz hat. Geht gar nicht! So dachte man und richtete flugs einen solchen ein. Gebracht hat er nichts. Nur Ärger: Als zum Beispiel Sinti und Roma den Platz als Quartier entdeckten. Das wollte man auch nicht und schloss ihn zeitweise. Jetzt ist er wieder durchweg geöffnet - und bleibt ein Geheimtipp. Vermutlich für immer. Da er jedoch keine Mega-Kosten verursacht, ist das nicht weiter schlimm. Trotzdem ist das ein Beispiel dafür, dass man nichts einfach umsetzen sollte, ohne vorher die tatsächliche Nachfragesituation genauer unter die Lupe genommen zu haben. s.suennen@volksfreund.de

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