Unternehmen sammelt Zelte für Haiti "Das ist eine Lektion für die ganze Welt"

Das Design für Produkte vom Gartenstuhl bis zum Zelt für namhafte Firmen kommt aus Wittlich. Dort sitzt seit Mitte 2009 Westfield Outdoors. Die Firma ruft zu Spenden auf: Wer Zelte übrig hat, gibt sie nach Wittlich, von dort gelangen sie über Frankfurt nach Haiti. Im Interview: Jean-Robert Saget, der Botschafter des Karibikstaats in Deutschland, sprach mit dem TV über seine Heimat, als er gestern eine Hilfsorganisation in Frankfurt besuchte, die Zeltspenden aus Wittlich ins Land transportieren wird.

 Gemeinsam für Haiti: Michael Haus, Marie-Luise Thüne (Log), Botschafter Jean-Robert Saget. Foto: Luftfahrt ohne Grenzen

Gemeinsam für Haiti: Michael Haus, Marie-Luise Thüne (Log), Botschafter Jean-Robert Saget. Foto: Luftfahrt ohne Grenzen

Wittlich. Westfield Outdoors? Wetten, dass so gut wie kein Wittlicher diese Firma kennt? Wetten dass mancher Wittlicher im Garten oder der Garage ein Produkt stehen hat, bei dem ein Wittlicher Mitarbeiter dieser Firma die Finger im Spiel hat?

Zum Beispiel Immanuel Gloeser, Designer. Er entwirft Zelte auf dem Papier. Was er sich ausdenkt, wird in China womöglich gebaut, denn Westfield Outdoors in Wittlich ist der einzige europäische Sitz der chinesischen Mutterfirma Heng Feng. Sie stellt unter anderem Gartenmöbel, Campingmöbel, Produkte für den Angler oder eben Zelte her. "Heng Feng ist bei den meisten dieser Produkte Marktführer. Und wir in Wittlich entwickeln sie, kümmern uns um das Design, die Materialfindung, den Einkauf, regeln den Vertrieb", sagt Michael Haus. Er hatte, als die Katastrophennachrichten aus Haiti kamen eine Idee: Menschen im Erdbebengebiet brauchen auch wieder ein Dach über dem Kopf: Zelte! Am vergangenen Freitag mailte Westfield rund 450 Großhändler an, mit der Bitte Zelte zu spenden. "Jetzt sind gerade die Inventuren abgeschlossen, da passt das. Außerdem haben viele Menschen ein Zelt daheim, mit dem sie nichts mehr anfangen können. Wir sammeln alles in Wittlich, dann geht es per Container nach Frankfurt", sagt Michael Haus.

Bis Dienstagmorgen dachte er noch, das Deutsche Rote Kreuz würde die Verteilung übernehmen. Am Dienstag Mittag kam die Absage vom DRK Katastrophenamt Generalsekretariat Berlin. Sachspenden sind unerwünscht. "Das ist eigentlich eine Schande", sagt Michael Haus. Er hofft auf ein Umdenken, hat aber Dienstagnachmittag schon Kontakt mit der Hilfsorganisation Luftfahrt ohne Grenzen (Log) in Frankfurt. Die Log schickte am Mittwoch, 27. Januar, einen Sonderflug mit 40 Tonnen Hilfsgütern nach Haiti. Log Vizepräsidentin Marie-Luise Thüne sagt: "Wir haben insgesamt schon 500 Tonnen Hilfsgüter. Nächste Woche beladen wir ein Schiff. Womöglich können wir die Wittlicher Aktion unterstützen. Bei gebrauchten Zelten könnte es aber schwierig werden." Am Mittwoch ist Michael Haus dann nach Frankfurt gereist. Marie-Luise Thüne sagt: "Wir transportieren die Zelte, vermutlich per Schiff. Gebraucht werden vor allem Familienzelte."

In Wittlich hat die Firma BT Clemens Mesenberg eine Halle kostenlos als Lager für die Hilfsaktion zur Verfügung gestellt.

Egal ob Iglu-, Expeditions- oder Familienzelt: Alle Spenden werden von Westfield Outdoor auf Gebrauchstüchtigkeit geprüft. Die Zelte müssen freistehend sein, komplett und in gutem Zustand. Die ersten Reaktionen aus dem Kundenkreis gebe es schon, sagt Haus, der auf 10 000 bis 15 000 Zelte hofft: "In Haiti sind Zelte doch Gold wert. Jeder ist froh, wenn er ein Dach über dem Kopf hat."

Jeder, der ein Zelt abgeben will: Kontakt Westfield Outdoors, Friedrichstraße 32 bis 34, 54526 Wittlich, Telefon 06571/9563790. Frankfurt/Wittlich. (sos) Als gestern die erste Ladung der Hilfsorganisation "Luftfahrt ohne Grenzen" (Log) in einer Boeing 767-300 vom Frankfurter Flughafen abhob, war der Botschafter Haitis in Deutschland, Jean-Robert Saget, beim Log-Team. Vor diesem Hintergrund stellte sich der Botschafter spontan für ein Telefoninterview mit dem TV zur Verfügung.

Was ist wichtig für Ihr Land?

Jean-Robert Saget: Was ist wichtig? Alles ist prioritär! Jetzt läuft die Nothilfe für die vielen Verletzten. Es gibt viele notdürftige Amputationen. Das heißt, wir werden viele Behinderte haben. Wir brauchen orthopädisches Material, aber auch Zelte, Decken, Antibiotika, Nahrungsmittel - und Wasser!

Wie geht es mittelfristig weiter?

Saget: Mittelfristig muss man mit dem Aufbau beginnen. Krankenhäuser und Schulen sind wichtig.

Was sagen Sie dazu, dass die Weltöffentlichkeit erst jetzt auf Ihr Land aufmerksam wird?

Saget: Das ist immer so, wenn irgendwo etwas Besonderes passiert. Eine Naturkatastrophe wie in Haiti kann überall passieren. Das birgt auch Chancen, nicht nur für Haiti. Das ist eine Lektion für die ganze Welt: Die Menschen müssen solidarisch sein.

Die USA haben von Beginn an mit Militär starke Präsenz gezeigt...

Saget: Diese Intervention, wenn man sie so nennen will, ist legitim, dadurch wurde Hilfe sofort möglich. Außerdem haben die USA und Frankreich angeregt, über langfristige Hilfe nachzudenken.

Es heißt, die apokalyptische Katastrophe sei auch eine Chance...

Saget. Ja, ich glaube, es kann eine Chance für alle sein. Was am 12. Januar passiert ist, bringt die Menschen zum Nachdenken. Bestimmt ist das eine Chance. Ich selber habe noch keine Zeit zum Nachdenken, weil ich die ganze Zeit arbeite.

Sie sind jetzt bei Log. Was können Sie über diese Hilfsorganisation sagen?"

Saget: Wir arbeiten seit zwei Jahren zusammen. Sie haben uns unter anderem mit viel Engagement nach dem Wirbelsturm vor eineinhalb Jahren geholfen. Jetzt habe ich sie endlich persönlich kennengelernt. Ich bin begeistert. Das ist großartig. Aber vielen Dank auch an die Medien. Sie haben uns gut geholfen. Extra Losverkauf und Benefizkonzert: Das alltours Reisecenter Reisebüro Henrike Kammerer, Pariser Platz, Wittlich verkauft Lose zu drei Euro, die ohne Abzug an "Help a child" überwiesen werden. Zu gewinnen gibt es unter anderem Reisegutscheine. Die Stadt Wittlich veranstaltet mit "Help a child" ein Benefizkonzert am 21. Februar, 17 Uhr, in der Synagoge unter anderem mit Thomas Schwab, Guido Illigen, David Moore. Gebasteltes der Kita Jahnplatz Wittlich wird für Haiti am Freitag Vormittag am Markt und samstags bei Bungert verkauft. Für die Hilfstransporte von Luftfahrt ohne Grenzen gibt es ein Spendenkonto: Frankfurter Sparkasse, BLZ 500 502 01, Konto-Nr. 200 33 22 44.

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