Unternehmer: Schleusenausbau ist unsinnig

Sämtliche Moselschleusen sollen in den kommenden 15 bis 20 Jahren ausgebaut und um eine zweite Kammer erweitert werden. Die Kosten werden auf rund 400 Millionen Euro geschätzt. Der Bernkastel-Kueser Unternehmer Michael Willkomm kritisiert die Pläne scharf. Der Ausbau sei wirtschaftlich nicht sinnvoll. Die offiziellen Stellen halten dagegen.

 Ein Frachtschiff aus den Niederlanden fährt mit 5000 Tonnen Kohle in die Wintricher Schleuse. Noch hat diese Schleuse, wie die meisten anderen, lediglich eine Kammer. TV-Foto: Klaus Kimmling

Ein Frachtschiff aus den Niederlanden fährt mit 5000 Tonnen Kohle in die Wintricher Schleuse. Noch hat diese Schleuse, wie die meisten anderen, lediglich eine Kammer. TV-Foto: Klaus Kimmling

Bernkastel-Kues. Politiker aller Couleur aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Luxemburg machen Druck. Sie fordern den Bund auf, alle zehn Moselschleusen zwischen Trier und Koblenz bis zum Jahr 2025 um eine zweite Kammer zu erweitern. Geschätzte Kosten derzeit: 400 Millionen Euro. Die Schleuse Zeltingen ist bereits fertig, in Bruttig-Fankel (Kreis Cochem-Zell) soll in diesem Jahr der Probebetrieb der zweiten Kammer starten.

Politiker sowie Wirtschaftsverbände sind sich einig: Ohne den Ausbau aller Schleusen gebe es einen "Verkehrsinfarkt" auf der Mosel. Schon jetzt komme es zu Wartezeiten an den Schleusen, was die Frachtkosten verteuere. Der Bernkastel-Kueser Unternehmer Michael Willkomm, Inhaber der Weinkellerei Peter Mertes, hält von den Plänen nichts. Er hat sich intensiv mit offiziellen Statistiken befasst und kommt zu dem Ergebnis: Der Ausbau sei pure Verschwendung von Steuergeldern, das man besser unter anderem in Bildung stecken solle.

Willkomm führt mehrere Argumente an.

Die Kosten: Offiziell rechne man mit 45 Millionen Euro je Schleuse. Die Erfahrung zeige aber, dass die Kosten am Ende höher sein werden.

Bauzeit: Je Schleuse müsse mit einer Bauzeit von sechs bis acht Jahren gerechnet werden. In dieser Zeit müssten jeweils bis zu 600 000 Kubikmeter Erde bewegt werden. Einheimische und Gäste müssten starke Belastungen hinnehmen.

Bedarf: In den Jahren 1990 und 2009 sind zwischen zwölf und 16 Millionen Tonnen Güter auf der Mosel transportiert worden. 2009 gar nur 11,7 Millionen Tonnen. Das belegen Zahlen des Wasser- und Schifffahrtsamtes. Für den prognostizierten Anstieg der Tonnage gebe es, so Willkomm, keine Belege.

Zielorte der Frachtgüter: Die Moselhäfen profitieren laut Willkomm kaum von einem Schleusenausbau, da nur zehn Prozent der Fracht in Moselhäfen umgeschlagen würden.

Zukunft der Stahlindustrie: Willkomm befürchtet, dass die Stahlindustrie im Saarland langfristig keine Zukunft hat. Ohne diese Industrie würde die transportierte Tonnage auf der Mosel, die zur Hälfte aus Stein- und Braunkohle sowie Eisen- und Stahl besteht, dramatisch sinken.

Willkomm gegenüber dem TV. "Mich ärgert, dass dieses Großprojekt so widerspruchslos hingenommen wird." Außerdem werde sich die Mosellandschaft optisch nicht verbessern.

Der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Koblenz, Günther Werner, sagt hingegen: "Der Nutzen des Schleusenausbaus ist größer als die Kosten. Das lohnt sich für unsere Volkswirtschaft." Eine Frachtmenge von 16 Millionen Tonnen sei die äußerste Grenze, die die Mosel verkraften könne. Eine Erhöhung der Tonnage sei ohne Schleusenausbau nicht möglich. Der Rückgang der Fracht in 2009 sei auf die Wirtschaftskrise zurückzuführen. Für 2010 liegen noch keine offiziellen Zahlen vor. Werner rechnet mit einer Tonnage von rund 14 Millionen Tonnen.

Nach Meinung des Wirtschaftsausschusses der Großregion Saar-Lor-Lux hat die Wasserstraße Mosel noch großes Potenzial. Der Ausbau der Schleusen könnte dem Verkehrsweg Aufschwung bringen.

Für den Ausbau der Schleusen ist nach Auskunft des Wasser- und Schifffahrtsamtes Trier eine Gesamtsumme in Höhe von rund 400 Millionen Euro veranschlagt. Die Summe bezieht sich, so Charlotte Kurz, stellvertretende Leiterin des Amtes, auf die genehmigte Haushaltsunterlage des Bundes aus dem Jahr 2007. EXTRA

Michael Willkomm, 61, ist Inhaber der Weinkellerei Peter Mertes in Bernkastel-Kues. Die Weinkellerei Mertes ist laut Branchenangaben der achtgrößte Betrieb dieser Art auf der Welt. Mehr als 300 Menschen sind dort beschäftigt. Michael Willkomm hat sich bereits vor mehr als zwei Jahren kritisch zur Hochmoselbrücke bei Ürzig geäußert. Er hält die Trassenführung der B 50 neu mit dem Hochmoselübergangs für falsch und rechnet damit, dass die Brücke viel teurer wird, als geplant. (sim)

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