Urgewalten formten steilsten Mosel-Weinhang

Bremm/Ediger-Eller · Wenn es um den Calmont, einen Weinberg bei Bremm, geht, wird mit Superlativen nicht gespart. Als "die Eigernordwand der Weinberge" wird er bezeichnet, Johann Wolfgang von Goethe mit den Worten: "Natur-Amphitheater, wo auf schmalen, hervorragenden Kanten der Weinstock zum allerbesten gedieh", zitiert.

 Blick vom Bremmer Calmont auf die Moselschleife. Rechts der Ort Bremm. TV-Foto: Rainer Neubert

Blick vom Bremmer Calmont auf die Moselschleife. Rechts der Ort Bremm. TV-Foto: Rainer Neubert

Bremm/Ediger-Eller. Auch wenn man nicht zu solch großen Worten greifen will wie einst Goethe, um den Calmont zu beschreiben, muss man ihm eine imposante Erscheinung zugestehen. Der Höhenzug, der rund 380 über Normalnull (NN) liegt, eine Steigung zwischen 60 und 68 Prozent hat und auf dessen Terrassen ausschließlich Rieslingreben wachsen, ist einmalig in ganz Europa. Wie steil das tatsächlich ist, weiß einer, der jedes Jahr 15 Mal im Weinberg an jedem seiner Weinstöcke steht - der Winzer Kilian Franzen. Er sagt: "Wir haben in unseren 1,2 Hektar Weinbergen im Calmont auch ein Patenschaftsprojekt, bei dem unsere Kunden einen Rebstock als Pate übernehmen können.
Wenn sie dann einmal im Jahr ihren Weinstock besuchen und im Berg sind, erleben die meisten eine Überraschung. Sie merken erstmals, wie steil der Berg wirklich ist und wie schwer die Arbeit dort ist. Besonders als Winzer muss man bei der Arbeit im Berg extrem aufpassen, dass man auf den steilen Schieferböden nicht ausrutscht."
Zwölf Hektar Reben werden derzeit im Calmont angebaut. In den 70er Jahren waren es 25 Hektar, im Jahr 2000 waren es nur noch vier Hektar, die bewirtschaftet wurden. Kilian Franzen: "Der Calmont ist hier für die Orte sehr wichtig, 30 Winzer haben hier Parzellen, und es ist gut, dass der Anbau wieder zugenommen hat, trotz der schweren Arbeit im Steilen." Die Anfänge des Calmont-Gebirgszugs sind vor 400 Millionen Jahren im Devonzeitalter zu suchen. Geologe Dr. Martin Koziol, Maarmuseum Manderscheid, erklärt: "Damals war die Eifel noch ein trübes, schlammig-sandiges Meer, in das von Norden her rot-braune Sande und grauer Ton eingebracht wurden." Vor 300 Millionen Jahren, im sogenannten Karbon, gab es dieses Meer hingegen nicht mehr. Die abgelagerten Schichten wurden zusammengedrückt, gefaltet, hoch gehoben und steil verstellt.
Der Geologe weiter: "Die Moselschleife Bremm-Eller besteht aus den unterdevonischen, sogenannten Gladbach-Schichten, die überwiegend aus Tonschiefer, Sand- und Siltsteinen in Wechsellagerung aufgebaut sind. Das Gestein ist mal härter, mal weicher, so entsteht eine Rippung der Felsen. Weich wird ausgeräumt, hart bleibt stehen."
Vor zwei Millionen Jahren begannen die Alpen aufzusteigen, die Mosel musste sich tiefer in den Untergrund einschneiden. Durch die klimatischen Veränderungen, den Wechsel zwischen Warm- und Kaltzeiten, entstanden zusätzlich die Moselterrassen.
Neben den Weinreben gibt es im Calmont eine große Artenvielfalt an Tieren und Pflanzen. Schlingnattern, Mauer- und Smaragdeidechsen fühlen sich an den Trockenmauern wohl.
Der Apollofalter, der in Europa stark bedroht ist, kommt hier vor, weil seine Futterpflanze, der weiße Mauerpfeffer, hier ebenfalls gut gedeiht. 500 verschiedene Pflanzen sind im Calmont, laut dem Förderverein Region-Calmont e.V., zu finden.
Für den Namen Calmont gibt es verschiedene Erklärungen. Entweder er stammt aus dem Lateinischen "calidus mons", was für heißer Berg steht, aufgrund der hohen Temperaturen im Sommer. Oder er stammt von dem keltischen Wort "col", das für Fels steht, weil man an vielen Stellen des Calmont puren Fels sieht.Extra

Unter Landmarken versteht man außergewöhnliche Formationen im Gelände, die zum Beispiel Wanderern zur Orientierung dienen. In der Serie "Landmarken der Region" werden solche Objekte im Landkreis Bernkastel-Wittlich vorgestellt. Dabei kann es sich um natürliche, aber auch um vom Menschen geschaffene Wahrzeichen handeln, deren Geschichte und Eigenschaften erläutert werden. redExtra

 Ein historisches Foto zeigt eine Appolonia und einen Peter beim Übersetzen nach Stuben zur Weinbergsarbeit. Im Hintergrund Bremm mit dem Calmont. Foto: www.bremm.info

Ein historisches Foto zeigt eine Appolonia und einen Peter beim Übersetzen nach Stuben zur Weinbergsarbeit. Im Hintergrund Bremm mit dem Calmont. Foto: www.bremm.info

Am Bremmer Calmont gibt es einen speziellen Klettersteig, der als 5,6 Kilometer langer Rundwanderweg angelegt ist. Festes Schuhwerk und Schwindelfreiheit sind Voraussetzung, um den Steig zu gehen. Fest installierte Haltegriffe und Seile sind vorhanden. chb

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort