Ursache unbekannt: Wasserproblem in der JVA Wittlich - Immer noch Bleispuren

Wittlich · Fast 59500 Flaschen Wasser zu 1,5 Liter: Diese Menge musste innerhalb der letzten sieben Wochen in die Wittlicher Justizvollzugsanstalt (JVA) gebracht werden. Seit Ende November ist dort das Trinkwasser verunreinigt. „Der Sachstand ist unverändert“, sagt JVA-Leiter Jörn Patzak.

 Hinter der Gefängnismauer wird das Trinkwasser aus der Leitung im Neubaubereich durch Blei und andere Metalle verunreinigt. Warum das so ist, weiß keiner genau. Deshalb gilt seit rund 50 Tagen: Trinkwasser gibt es nur aus Flaschen. TV-Foto: Klaus Kimmling

Hinter der Gefängnismauer wird das Trinkwasser aus der Leitung im Neubaubereich durch Blei und andere Metalle verunreinigt. Warum das so ist, weiß keiner genau. Deshalb gilt seit rund 50 Tagen: Trinkwasser gibt es nur aus Flaschen. TV-Foto: Klaus Kimmling

8500 Wasserflaschen werden jede Woche für Wittlicher Gefängnisinsasssen gekauft. Das ist nicht das Einzige, was seit rund sieben Wochen in Wittlich sein muss und zusätzlich ins Geld geht.

Gleichzeitig läuft Wasser für einige Tausend Euro im Gefängnis ungenutzt in den Abfluss. Es wird in einwandfreier Trinkwasserqualität geliefert. Doch hinter den Mauern verändert es sich. Es wird verunreinigt. Blei, Nickel, Kupfer wurden vor 50 Tagen bei einer Routineuntersuchung gefunden (der TV berichtete). Die Metallspuren haben im Lebensmittel Wasser nichts verloren. Deshalb gilt in der Justizvollzugsanstalt (JVA): Was aus dem Hahn kommt, ist als Trinkwasser tabu. Das Gesundheitsamt hat entschieden: Ausschließlich mit Wasser aus Flaschen darf der Durst hinter Gittern gelöscht werden. Das ist seit dem 26. November 2015 so.

Das Problem ist immer noch nicht gelöst. Dabei ist es nicht neu: Wie jetzt gab es bereits um den Jahreswechsel 2013 bis 2014 im Gefängnisgelände Spuren von Blei und anderen Metallen, die die zulässigen Höchstwerte übertrafen, im Trinkwasser.

Damals wurden allein für Gutachter, Wasseranalysen und andere Maßnahmen 40?000 Euro ausgegeben. Das Mineralwasser aus Flaschen kostete 150 Euro am Tag, die Spülungen der Leitungen 1100 Euro am Tag. Auf diese Zahlen von 2014 verweist der zuständige Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) in Mainz auf TV-Nachfrage auch im aktuellen Fall. Und es gibt keine wirkliche Entwarnung. LBB-Pressesprecherin Claudia Renner sagt: "Die Ergebnisse haben sich verbessert und weisen nur noch an wenigen Stellen geringe Grenzwertüberschreitungen auf." Es gebe "über die Ursache inzwischen plausible Annahmen, aber noch keine absolute Gewissheit", deshalb erteile das Gesundheitsamt keine Freigabe für die Trinkwassernutzung im Haftgebäude.

Zur ersten "Einschätzung" zu den Gründen für die Verunreinigungen sagt Claudia Renner: "Normalerweise bildet sich an den Innenwänden der Rohre und Armaturen von selbst eine Schutzschicht in Form eines unproblematischen Biofilms. Der Aufbau einer solchen Schutzschicht ist in diesem Falle offenbar gestört. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist das die Ursache, warum ein verstärktes Herauslösen von Blei, Kupfer und Nickel aus den kontaktierten Bauteilen auftritt." Unter anderem sollen neben den massiven Spülungen deshalb auch Armaturen und Verbindungsstücke (Fittings) durch bleifreie Komponenten, soweit erhältlich, ausgetauscht werden.

Für das Gesundheitsamt sagt Mike Winter zum aktuellen Stand: "Weiterhin sind Grenzwertüberschreitungen von Blei, Nickel und Kupfer festzustellen. Das Muster dieser auffälligen Parameter lässt keinen sicheren Rückschluss auf eine fassbare Ursache zu."

Als die ersten erhöhten Bleiwerte aufgetaucht sind, hatte der LBB mitgeteilt, die Armaturen seien alle genormt und zulässig. Jedoch fließe weniger Wasser durch das System, als ursprünglich gedacht, weil man hätte sparen wollen. Dadurch stünde Wasser länger in Leitungen, wodurch chemische Bestandteile aus Armaturen herausgelöst werden könnten. Immerhin traten bereits 2013 die Verunreinigungen nur im Neubau Bereich auf. Zur Erinnerung: 2009 waren für 70-Millionen-Euro im größten Gefängnis im Land Haftgebäude, Justizvollzugskrankenhaus, Verwaltungstrakt und Pforte neu gebaut worden.

Wittlicher außerhalb der Mauern müssen sich nicht sorgen. Zuletzt hat Bürgermeister Joachim Rodenkirch mit Stadtwerke-Leiter Lothar Schaefer versichert, man liefere einwandfreies Wasser bis zum Übergabepunkt.
Das bestätigte auch Manuel Follmann, als Pressesprecher der Kreisverwaltung und des Gesundheitsamtes. Zudem, so Follmann auf TV-Nachfrage, seien Gesundheitsbeeinträchtigungen allenfalls bei jahrelangem Konsum des belasteten Wassers zu befürchten: "Die kurzzeitige Einnahme des Wassers führt nicht zu gesundheitlichen Belastungen."

Dennoch: Derzeit bekommen laut JVA-Leiter Jörn Patzak "alle Gefangenen des geschlossenen Vollzuges der JVA Wittlich", also 500 Männer Wasser aus Flaschen. Und das funktioniere so: "Die Flaschen werden nicht geliefert, sondern von uns mit einem Fahrzeug der JVA abgeholt, wöchentlich rund 12750 Liter. Bei Abholung der Flaschen werden die Pfandflaschen zurückgegeben. Die leeren Pfandflaschen werden zuvor in der JVA zu jeweils 240 Stück in Plastiksäcke abgezählt. Das Pfand wird gutgeschrieben."

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