Ursprung: Neuerburg!

WITTLICH. Die Burgstraße ist die "Ader" innerstädtischen Geschäftslebens und eine der Straßen, die wohl jeder Wittlicher kennt. Doch wo kommt ihr Name her? Nicht von der "Wittlicher" Burg, die einmal in ihrer Nähe stand, sondern ein heutiger Stadtteil, Neuerburg, stand wohl Pate.

Konkret benennbare Zeugnisse aus kurfürstlicher Zeit sind in Wittlich nur noch wenige vorhanden. Zum Leidwesen manch heutiger Zeitgenossen musste zu Beginn des vorletzten Jahrhunderts das Schloss einem Platz für einen Viehmarkt weichen. Die so genannten "Siebenschläfer", eine Figurengruppe des 18. Jahrhunderts, wurden 1955 von der Casino-Gesellschaft der Stadt geschenkt, mit dem Ergebnis, dass sie heute unauffindbar sind; lediglich in der liebevoll restaurierten Oberstraße findet der Blick hin und wieder einzelne Plastiken, die vermutlich schon der Trierer Kurfürst angeschaut hatte. Überlebenszäher als die steinernen Monumente scheinen offensichtlich die Namen zu sein. "Schlossplatz", "Schlossberg" und "Schlossstraße" wecken die Erinnerung an eine Zeit, als es sich "unter dem Krummstab gut leben ließ", auch der Name "Burgstraße" scheint auf den ersten Blick mit dem stadtbeherrschenden Burg- oder späteren Schlossbau der Trierer Landesherren in inniger Verbindung zu stehen, wenn nicht seine Ersterwähnung in einer Urkunde des ausgehenden 13. Jahrhunderts Zweifel an dieser Beziehung wecken würde. Der Baubeginn der Burg Ottenstein liegt gut hundert Jahre später, so dass die Deutung dieses Straßennamens mit einer Burg in Wittlich nichts zu tun hat. Wenn auch - noch - nicht in dieser Kleinstadt, so befand sich doch nur wenige Kilometer von ihr entfernt, am heutigen Stadtteil Neuerburg, eine Burganlage der Trierer Erzbischöfe, deren Anfänge bis in das 12. Jahrhundert zurückreichen. Schon die Römer hatten den eindrucksvoll das Wittlicher Tal beherrschenden Bergkegel vulkanischen Ursprungs zum Bau eines Bergheiligtums benutzt. Dies belegen nicht nur Keramik- und Terrakottafragmente, sondern vor allem auch der noch im Hochmittelalter geläufige Name mons Mercurii - also Merkursberg - für diese weithin sichtbare Erhebung. Die günstige Höhe nutzte zu Beginn des 12. Jahrhunderts Graf Wilhelm von Luxemburg zum Bau einer Befestigung, die zum Ausgangspunkt zahlreicher Raubzüge in das umgebende trierische Gebiet wurde. Im Verlauf des trierisch-luxemburgischen Konflikts gelang Erzbischof Meginher 1128 die vollständige Zerstörung dieses Raubnests. Zum Schutz des Wittlicher Tals ließ sein Nachfolger, Erzbischof Albero, 1146 eine neue Burg, das novum castrum, erbauen, die zum Namensgeber der sich am Fuße des Bergs entwickelnden Siedlung wurde. Bis im Jahre 1300 das benachbarte Wittlich durch die Verleihung der Stadtrechte vor allen umliegenden Ortschaften gleichsam geadelt wurde und wenig später eigene Mauern erhielt, blieb die Burg Neuerburg das Machtzentrum der Trierer Erzbischöfe im Wittlicher Tal. Die Burg war damit bedeutend genug, dass ein Weg durch Wittlich dorthin, eben der "Burger Weg", schon Ende des 13. Jahrhunderts nach diesem Ziel benannt wurde. Und als dann zu Beginn des 15. Jahrhunderts die Burg Ottenstein vollendet war, reduzierte sich die Bedeutung des Straßennamens dann auf die wenigen Meter, die die "Burgstraße" bis zur Burg Ottenstein in Wittlich führte.

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