Prozess Urteil in Prozess um Rasierklingen-Attacke: Täter muss in die geschlossene Psychiatrie
Wittlich/Trier · Die Trierer Schwurgerichtskammer hat einen 22-Jährigen unbefristet in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Ihm waren ein Mordversuch, Körperverletzung, Beleidigung und Bedrohung vorgeworfen worden.
Der junge Mann war 2019 wegen einer anderen Sache in der psychiatrischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich inhaftiert. Er galt als „schwieriger Häftling“, der regelmäßig durch Ausfälle gegen Vollzugsbeamte auffiel. Dazu zählten Beleidigungen, Bedrohungen und auch einfache körperliche Attacken.
Der schwerwiegendste Vorfall ereignete sich am 27. März, als der Angeklagte einen Justizbeamten mit einer Rasierklinge von hinten anfiel und ihm am Hals eine lange Schnittwunde beibrachte, was ein Gerichtsmedizinerin als lebensbedrohende Behandlung wertete.
Die reichte aus für eine Anklage wegen versuchten Mordes. Allerdings ging Staatsanwalt Samel von der Schuldunfähigkeit des Angeklagten aus. Er nimmt seit dem 14 Lebensjahr Drogen und weist öfter Symptome einer paranoiden Schizophrenie auf.
Bekräftigt wurde die Ansicht des Staatsanwalts, der Angeklagte sei zur Tatzeit schuldunfähig gewesen, durch das psychiatrische Gutachten von Professor Joachim Retz. Der Experte schlug eine dauerhafte Behandlung in der Psychiatrie vor. Staatsanwalt Samel folgte dem in seinem Schlussantrag.
Verteidiger Olaf Möller sah hingegen die Voraussetzungen für eine unbefristete Klinikunterbringung nicht erfüllt. Er beantragte sieben Jahre reguläre Freiheitsstrafe. Die Schwurgerichtskammer unter der Vorsitzenden Richterin Petra Schmitz folgte dem Antrag der Anklage. Der heute 22-Jährige wird auf unbestimmte Zeit in der geschlossenen Psychiatrie leben müssen.
Wieso aber hatte man den als gefährlich eingestuften Mann längere Zeit mit einem Einmalrasierer allein in seiner Zelle gelassen und ihm so die Gelegenheit gegeben, die Klinge auszubauen? Nach dem Wittlicher Vorfall sind inzwischen die Richtlinien zum Umgang mit Problemhäftlingen verschärft worden – und zwar bundesweit für alle deutschen Vollzugsanstalten.