Autorenlesung Mit Doc Caro durch Höhen und Tiefen

Klausen · Als „Doc Caro“ folgen ihr Hunderttausende in den sozialen Netzwerken: Ernstes und Skurriles aus dem Arbeitsalltag einer Notärztin erzählte Carola Holzner in Klausen.

Lesung von Doc Caro in Klausen
19 Bilder

Lesung Doc Caro Klausen

19 Bilder

„Alles gelogen“, sagt Doc Caro über Arztserien im Fernsehen. „Ich selbst bin auch darauf reingefallen, auf Chefärzte in weißen Kitteln und mit goldenen Manschettenknöpfen. Aber in Wahrheit sieht es anders aus, man bewegt sich zwischen aus Zeitmangel überforderten Pflege­kräften und schlecht gelaunten Assistenz­ärzten.“ Sie selbst fragt sich oft, wie sie damals – in ihren ersten Tagen als Ärztin – überlebt hat. Aber vor allem, wie ihre Patienten überlebt haben. „Wann entscheidet man sich bewusst für diesen Beruf, trotz Erschöpfung oder posttraumatischen Belastungsstörungen?“, fragt sie und beantwortet für sich, dass sie das Leben liebe und dankbar dafür sei, Ärztin zu sein. Eines ihrer schlimmsten Erlebnisse war der Tod eines Kollegen, der zuvor einen Unfall hatte. „Wir konnten ihm nicht helfen, weil wir nicht an ihn rankamen. Das war für mich sehr schlimm, weil es ein eigener Kollege war, seine Überlebenschancen sehr schlecht waren und ich wusste, dass ich die letzte Person in seinem Leben sein würde, zu der er noch etwas sagt.“ Sie ergänzt: „Es hat mich viele Tränen und Schweiß gekostet, die Geschichte für mein Buch aufzuschreiben, aber ich kann sie bis heute nicht lesen.“

Eine Geschichte, die sie vorlas, handelte von Frau Berger, einer alten Dame, deren Tochter den Notarzt alarmiert hatte. Bei ihr wurde ein gerissener Magen, Entzündungen und ein Darmverschluss festgestellt. Die Überlebenschancen wären auch mit einer Operation sehr schlecht gewesen. Sie entschied sich dagegen, denn „sterben müssen wir alle“ und nahm ihre Situation an. Ein Gläschen Sekt, wäre nett, antwortete sie auf die Frage von Doc Caro, ob sie noch einen Wunsch habe. Mit ihren Angehörigen, dem Nachbarn und dem gesamten Personal der Station hat sie das getrunken und ist schließlich am Morgen darauf verstorben. „Für mich ist sie immer noch da, bei jedem Sekt aus dem Plastikbecher“, berichtet Doc Caro abschließend mit einer kleinen Träne im Auge.

 Mehr als 300 Besucher kamen zur Lesung in die Klausener Wallfahrtskirche „Maria Heimsuchung“.  

Mehr als 300 Besucher kamen zur Lesung in die Klausener Wallfahrtskirche „Maria Heimsuchung“.  

Foto: Bents Christina

Pater Albert Seul, der ihr zwischen den einzelnen Lese­passagen Fragen stellte, wollte daraufhin wissen: Findet sie es manchmal ungerecht, dass manche Menschen, die noch gerne leben würden, sterben müssen und andere weiterleben, die sich vielleicht wünschen, ihr Leben würde nicht mehr lange dauern. Darauf antwortet Holzner, dass man das annehmen müsse: „Würde ich das hinterfragen und auf mich beziehen, würde es mich zu sehr mitnehmen.“

Eine weitere Geschichte, von der Doc Caro nicht so recht wusste, ob man aus ihr in einer Kirche vorlesen könne, war die eines besonderen Spiele­abends. Ein homosexuelles Paar hatte seinen Fetisch in Lack und Leder in einer schwarz gestalteten Wohnung ausgelebt, einander unter Drogen gewürgt. Dabei ist einer der Herren ohnmächtig geblieben. Insgesamt war das eine sehr skurrile Situation, sowohl für das Rettungsteam als auch für Polizisten, die ebenfalls alarmiert worden waren. „Also man glaubt nicht, was sich hinter mancher Fassade in einem Mietshaus in einer ruhigen Wohngegend, mit Hüpfkästchen vor der Tür so alles abspielen kann“, sagte Holzner. 

Unter den Besuchern, von denen die meisten ohne Masken und Abstand in der vollbesetzten Kirche saßen, waren auch die Schul­sanitäter des Cusanus-Gymnasiums Wittlich, einige Rettungskräfte und Vertreter der Malteser. An Letztere wurde der Erlös der Veranstaltung gespendet – für ihre Unterstützung für Kriegsopfer aus der Ukraine. Doc Caro setzt sich sehr dafür ein, dass Jugendliche ab der siebten Klasse jedes Jahr zwei Stunden Erste Hilfe lernen, damit sie im Notfall gleich handeln können.

Die Autorin signierte zum Abschluss geduldig ihre Bücher, die in der Wallfahrtskirche erworben werden konnten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort