Verkauf direkt vom Hof: Leidenschaft gehört dazu

Rivenich · Viele Winzer verkaufen ihren Wein direkt an die Kunden. Das ist in der Landwirtschaft anders. Die Bauern liefen ihr Getreide, Feldfrüchte, Schweine und Rinder an den Großhandel. Nur wenige bieten ihre Produkte über Hofläden an. Herbert und Mechthild Wey haben sich auf diese Vermarktung spezialisiert. Es lohnt sich, bedeutet aber auch sehr viel Arbeit.

Rivenich. Küchenfertig portioniertes Rindfleisch, Wurst und Schinken, Käse, Eier, Säfte, Nudeln, Honig: Das Sortiment im Hofladen Wey in Rivenich kann sich sehen lassen. Mittwochs, freitags und samstags steht Mechthild Wey hinter der Verkaufstheke und bedient die Kunden. Zuvor hat sie Wurst und Fleisch abgewogen, verpackt und mit Preisschildern versehen.
Der kontaktfreudigen Frau macht es Spaß, mit den Leuten ein kurzes Gespräch zu führen, sie zu informieren und zu beraten. Das kommt gut an. Immer mehr Menschen wollen regional einkaufen, sie wollen wissen, wer hinter dem Produkt steht und wie der Erzeuger es hergestellt hat. Mechthild Wey steht gerne hinter der Theke. "Man erfährt sofort, was den Kunden gefällt, man erhält Anregungen, und vor allem kann man seine eigenen Ideen umsetzen", sagt die 52-Jährige. Und die viele Arbeit bis in den Abend und auch an Wochenenden? Mechthild Wey überlegt nicht lange: "Das geht schon in Ordnung."
Als Herbert Wey Ende der 80er Jahre den Hof von seinen Eltern übernahm, war noch vieles anders. Die Haupteinnahmequelle war der Weinbau, die Landwirtschaft nur Nebenerwerb. Fünf Hektar Weinberge bewirtschaftete Wey seinerzeit, die komplette Ernte ging als Fassware an Großkellereien. Aber der Weinbau steckte damals in einer großen Krise, hervorgerufen durch Übermengen und diverse Weinskandale. Herbert Wey: "Unter diesen Voraussetzungen hatte der Betrieb keine Zukunft."
Nach und nach vergrößerten die Weys die Rinderherde von ehemals sechs auf heute 165 Rinder, inklusive Mutterkühe. Bei den Tieren handelt es sich ausschließlich um die Rinderrasse Limousin. Gleichzeitig verkleinerten sie ihre Weinbauflächen. 1989 bauten die Weys einen großen modernen Stall und daneben einen Schlacht-, Kühl- und Zerlegeraum. 1995 meldeten sie den Fleischvermarktungsbetrieb als Gewerbe an.
Eine Art Lebenseinstellung


Zunächst verkauften sie die von einem Metzger geschlachteten Tiere als viertel oder halbes Rind - grob zerlegt in Braten- und Kochfleisch oder Steaks. Heute werden solche großen Portionen nur noch selten nachgefragt, die Kunden bevorzugen frische und tafelfertige Portionen. Das Sortiment im Hofladen erweiterten sie mit Wurst aus Rindfleisch, die ein Ehranger Metzger zubereitet. Es gibt ferner Käse, Eier, Dinkel, Säfte, Äpfel, Nudeln und Honig, den sie von Erzeugern in der Region zukaufen. Mechthild Wey, gelernte Hauwirtschafterin, kocht außerdem Marmeladen und stellt Eingemachtes her. Neuerdings bieten die Weys auch einen Partyservice an. Inzwischen ist der Familienbetrieb mit seinen 115 Hektar Grünland, 25 Hektar Ackerfläche und drei Hektar Weinbau an seine Kapazitätsgrenze gestoßen.
Ein normaler Arbeitstag beginnt um 7 Uhr und endet um 19 Uhr, während der Heuernte und der Weinlese auch später. Der enorme Arbeitsaufwand ist nur zu leisten, wenn alle mitanpacken. Für Sohn Florian und Tochter Stefanie ist die Mitarbeit im elterlichen Betrieb eine Selbstverständlichkeit. Florian (21) hat eine Landwirtschaftslehre absolviert und ist inzwischen in den Betrieb eingestiegen.
Direktvermarktung bedeutet nicht nur viel Arbeit, auch der bürokratische Aufwand ist wegen der Rechtsbestimmungen enorm. Sie reichen von Baugesetzen über Lebensmittelkennzeichnung, Gewerbe- und Steuerrecht bis zu den strengen Hygienenormen.
"Man muss schon viel Leidenschaft mitbringen, wenn man sich für die Direktvermarktung entscheidet", sagt Mechthild Wey. "Aber es lohnt sich nicht nur finanziell. Der artgerechte und verantwortungsvolle Umgang mit den Tieren und gute Produkte herstellen - das ist auch eine Lebenseinstellung."Extra

800 bis 1000 der rund 11 900 landwirtschaftlichen Betriebe in Rheinland-Pfalz (ohne reine Winzerhöfe), also etwa sieben bis acht Prozent, sind nach Schätzung der Landwirtschaftskammer Direktvermarkter im Haupt- oder Nebenerwerb. Angesichts sinkender Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse erlebte die Direktvermarktung vor 20 Jahren einen deutlichen Aufschwung. Besonders gefragt sind handwerklich hergestellte Milcherzeugnisse und Käse sowie Produkte vom Schwein, Rind oder Schaf aus hofeigener Schlachtung. Auch die Nachfrage nach Verarbeitungsprodukten direkt vom Erzeuger, etwa Konfitüren und Fruchtaufstrichen, Säften oder Soßen, ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen In den Kreisen Trier-Saarburg, Bernkastel-Kues, Bitburg-Prüm und Daun haben sich 56 Erzeuger zum Verein Direktvermarkter landwirtschaftlicher Produkte Eifel-Mosel-Saar zusammengeschlossen. beke/sim

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