Verkehrstest: Zahlen unter Verschluss

Wittlich · Was hat der Verkehrsversuch in Wittlichs Oberstadt gebracht? Diese Frage ist ein Dreivierteljahr nach dem abrupten Ende der Umleitung des Verkehrs über den Schotterparkplatz in der Kurfürstenstraße offen. Nun sollen Ergebnisse des rund 38 000 Euro teuren Tests in städtischen Gremien diskutiert werden.

Wittlich. Die notdürftig auf dem Schotter des Parkplatzes in der Wittlicher Oberstadt angebrachten Markierungen hat der Regen längst fortgespült. Die Bewohner des Fürstenhofs können auch wieder ihre Fenster öffnen, ohne dass sich in wenigen Minuten eine Staubschicht auf die Wohnungseinrichtung gelegt hat. Kann man den abrupt abgebrochenen Verkehrsversuch also getrost zu den Akten legen? Oder gibt es Erkenntnisse, die den Stadtrat bei der Suche nach einem Verkehrskonzept weiterbringen können? Ja, es gibt diese Ergebnisse. Oder vielmehr einen Abschlussbericht der "Fortschreibung der großräumigen Verkehrsuntersuchung im Bereich Wittlich". Der liegt nach Auskunft von Ulrich Jacoby, Sprecher der Stadtverwaltung, seit Ende Juni der Verwaltung vor. Was drin steht, möchte Jacoby trotz Auskunftspflicht der Verwaltung gegenüber den Medien nicht sagen. Stattdessen sollen die Ergebnisse nach der Sommerpause den städtischen Gremien präsentiert werden. Nachdem dies geschehen ist, soll es eine bereits mehrfach angekündigte Einwohnerversammlung geben. Ein Datum steht noch nicht fest.
Fest steht hingegen, was der Verkehrsversuch die Wittlicher kostet: insgesamt rund 38 000 Euro. 14 000 Euro erhält die Firma Mociety aus Wiesbaden für die Verkehrszählung, die Firma Modus Consult aus Karlsruhe hat für 12 100 Euro die Daten ausgewertet. Für 3000 Euro wurden Schilder und Farbe gekauft. Der Servicebetrieb der Stadtwerke stellte für den Auf- und Abbau der Schilder sowie für die Unterhaltungsarbeiten einschließlich der Bewässerung eine Rechnung in Höhe von 9100 Euro aus. Den Auftrag für den Verkehrsversuch hatte der Bau- und Verkehrsausschuss Mitte 2011 hinter verschlossener Türe erteilt.
Erklärtes Ziel der Sperrung war die Antwort auf die Frage, wie sich der Verkehr verteilt, wenn er nicht mehr durch die Kurfürstenstraße rollen kann. 12 300 Fahrzeuge passieren täglich das Teilstück der Straße zwischen Einkaufszentrum und dem Parkplatz vor dem Fürstenhof. Das sind nach Ansicht städtischer Gremien zu viele. Rund 5000 Fahrzeuge wären besser. Nur dann ließe sich nach Auskunft der Stadt ein Kreisel an der Kreuzung Talweg, Kurfürstenstraße, Südtangente realisieren.
Bereits am ersten Tag des Verkehrsversuchs hatte sich gezeigt, dass die Autofahrer mit der geänderten Verkehrsführung über den Parkplatz überfordert waren oder sie ignorierten. Kritik am Versuch perlte tagelang an Verwaltung, Stadtwerken und vielen Kommunalpolitikern ab. Wohl erst die Intervention der Polizei Wittlich wegen der teils chaotischen Zustände führte zum Abbruch des Versuchs. Auch das Verwaltungsgericht Trier hatte sich mit der Umleitung beschäftigt. Die Richter hatten dabei durchblicken lassen, dass bereits die von der Stadt Wittlich erlassene Anordnung des Verkehrsversuchs rechtlich fraglich gewesen sei.

Meinung

Das Wittlicher Dilemma
Nach der Sommerpause sollen nun also die Wittlicher Bürger erfahren, ob sich der Verkehrsversuch in der Wittlicher Oberstadt gelohnt hat. Fragt sich nur nach der Sommerpause in welchem Jahr. Der Verkehrsversuch ist nur eine der unendlichen Geschichten in Wittlich, die sich über Monate und teils gar Jahre hinziehen wie Kaugummi. Da wird erst unter Ausschluss der Öffentlichkeit etwas in Ausschusssitzungen besprochen, dann beschäftigt sich die Verwaltung damit, bis das Ergebnis wieder nichtöffentlich so aufgearbeitet wird, dass nur noch kurz in einer Stadtratssitzung ein Verwaltungsvorschlag abgenickt werden muss. Mit dem Ergebnis haben die Wittlicher dann zu leben. Diese Vorgehensweise mag es Verwaltung und Politikern zwar einfacher machen, auch unangenehme Themen möglichst geräuschlos abzuarbeiten. Der normale Bürger spielt da jedoch höchstens eine Statistenrolle. Das Ergebnis ist eine immer größer werdende Kluft zwischen Rat und Bürger, der vor lauter Gleichförmigkeit der Aussagen im Stadtrat gar nicht mehr weiß, wohin er bei der nächsten Wahl sein Kreuzchen machen soll. Denn Unterschiede zwischen den Standpunkten der Fraktionen sind oft nicht auszumachen. Das gilt für das Ja zum verunglückten Verkehrsversuch ebenso wie für den überdimensionierten Rathausneubau wie für die kostspielige Mehrzweckhalle oder wohl auch den inzwischen schon nachgebesserten äußeren Informationsring des Verkehrsleitsystems. h.jansen@volksfreund.de

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