Versteck im Kornfeld

NEUNKIRCHEN. (jolo) Es ist selten, dass zwei Menschen gemeinsam 60 Jahre durchs Leben gehen. Oskar und Maria Anni Auler, geborene Lemm, die heute, Montag, im Bürgerhaus ihres Heimatortes Neunkirchen inmitten einer großen Gratulantenschar diamantene Hochzeit feiern, haben es geschafft.

Das Leben schreibt oft spannende Geschichten, die schönsten haben ein Happy End. Als Maria Anni Lemm an einem Sommertag im Jahr 1938 mit ihren beiden Freundinnen ins zwei Kilometer entfernte Talling marschierte, um Briefe einzuwerfen, ahnte sie nicht, was sie dort erwartete.Drei Tallinger Jungs schäkerten mit ihnen. Wieder auf dem Heimweg bemerkten die drei, dass sie verfolgt wurden, und sie versteckten sich in einem Kornfeld. Einer der Tallinger Burschen, der die drei Neunkircher Mädels im Getreide entdeckte, hieß Oskar Auler. Es sollte noch fünf Jahre dauern, bis der Funke richtig übersprang und die beiden am 6. Oktober 1943 vor den Thalfanger Traualtar traten.1939 wurde Oskar Auler, der zuvor im elterlichen Betrieb zum Schreiner ausgebildet wurde, zum Militär eingezogen. Für die Eheschließung vier Jahre später erhielt er Heimaturlaub. Erst 1945, nach Feldzügen in Russland, Frankreich und Italien und kurzer Gefangenschaft konnte der heute 89-Jährige zurückkehren. Dort wurde er nicht nur von seiner Frau, sondern von seinem ersten Kind, einem Mädchen, begrüßt.Sechs Kinder, vier Jungs und zwei Töchter, sollten folgen. Für die Erziehung war seine Frau zuständig, da er als Pendler in Saarland die ganze Woche unterwegs war und am Wochenende noch Landwirtschaft betrieb. Obwohl ihre Mutter und eine Tante im Haushalt mithalfen, war Freizeit ein Fremdwort. "Die ganze Wäsche mussten wir beispielsweise mit der Hand waschen und das Essen auf dem Kohle- und Holzherd kochen", betont Maria Auler. 1977 wurde Oskar Auler pensioniert, nachdem er bis dorthin bei einer Hermeskeiler Firma im Straßenbau arbeitete.Als ihre Heimstätte, das Elternhaus der Frau, 1949 - im Jahr der Geldentwertung - aus den Nähten zu platzen drohte, rissen sie das Haus ab und bauten es mit 1000 Mark Kredit vom Familienhilfswerk in der Rekordzeit von 1. April bis 27. September wieder auf, was die beiden noch enger zusammenschweißte. An die gute alte Zeit glauben die beiden nicht. "Das Einzige, was früher besser war, war die Hilfe der Nachbarn untereinander", betont die 86-Jährige.Oskar Auler, der viele Jahre Ortsgemeinderatsmitglied und einige Zeit Ortsbürgermeister von Neunkirchen war, leidet derzeit an einer schweren Krankheit. Deshalb war‘s auch nichts mit dem gemeinsamen Foto vom Jubelpaar. Doch der fast 90-Jährige soll immerhin dabei sein, wenn heute im Bürgerhaus vier Söhne, zwei Töchter, sechs Schwiegerkinder, 20 Enkel, 16 Urenkel, Verwandte und die Dorfgemeinschaft gratulieren.

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