Verwirrte Motten-Männchen bleiben ohne Nachwuchs

Bernkastel-Kues · Der gefürchtete Traubenwickler wird an der Mosel und in anderen Weinbaugebieten seit über 20 Jahren biologisch bekämpft. Insektizide werden immer weniger eingesetzt.

 Die Sexuallockstoffe werden in solchen mit Flüssigkeit gefüllten Kunststoff ampullen ausgebracht. TV-Foto: Winfried Simon

Die Sexuallockstoffe werden in solchen mit Flüssigkeit gefüllten Kunststoff ampullen ausgebracht. TV-Foto: Winfried Simon

Bernkastel-Kues. Wer zurzeit durch die Weinberge spaziert, sieht nicht nur, dass das Wachstum der jungen, grünen Rebtriebe Anfang Mai aufgrund der warmen Witterung schon sehr weit fortgeschritten ist. Beim genaueren Blick erkennt man auch kleine braune Kunststofffläschchen, die an den Reben befestigt sind. Die Ampullen sind mit einem Sexuallockstoff (Pheromon) befüllt, auf den der Traubenwickler, ein gefürchteter Rebschädling, reagiert. Das Prinzip: Damit die weibliche Traubenwickler-Motte von ihrem Partner gefunden wird, strömt sie einen Duftstoff (Pheromon) aus. Durch das künstlich hergestellte Pheromon RAK wird den Männchen die Orientierung geraubt, weil so viel Sexuallockstoff in der Luft ist, dass die Männchen nicht mehr wissen, wo sie hinfliegen sollen. Sie werden regelrecht verwirrt - die Paarung fällt aus.
Derzeit wird an der Mosel auf etwa 2500 Hektar Rebfläche das für den Menschen ungefährliche Pheromon angewendet. Das ist knapp ein Drittel der Gesamtfläche. In Rheinhessen und der Pfalz sind es 60 bis 70 Prozent. Grund: Es gibt dort größere zusammenhängende Rebareale. Mindestens zehn Hektar müssen es sein, damit die Pheromon-Methode auch wirkt. Dort, wo keine Pheromone eingesetzt werden können, muss der Winzer chemische Mittel (Insektizide) versprühen - aber nur dann, wenn es auch notwendig ist.
Um das festzustellen, helfen wiederum die Pheromone. Der Sexuallockstoff wird auf klebrige Pappschachteln aufgebracht. Die männlichen Insekten folgen den Lockstoffen und bleiben am Klebstoff hängen. So kann man feststellen, wie viele Insekten sich im Weinberg befinden. Wird ein bestimmter Schwellenwert erreicht, muss der Schädling bekämpft werden. Allerdings gibt es viele Lagen, in denen der Traubenwickler kaum vorkommt und deshalb eine Bekämpfung dieses Schädlings unnötig ist. Dagegen kennen die Winzer häufig befallene Lagen - sogenannte "Wurmlöcher", in denen das Insekt großen Schaden anrichten kann.
Über 20 Jahre Erfahrung mit der Pheromon-Methode haben die Kröver Winzer. An zwei Tagen haben 40 Winzer und andere Helfer auf 120 Hektar Rebfläche 60 000 Ampullen an die Rebstöcke gehängt. Die EU fördert den Pheromon-Einsatz mit 125 Euro pro Hektar. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 190 Euro pro Hektar. Für jede Gemarkung überwacht ein Obmann die Anwendung. In Kesten und Monzel ist dafür Michael Beer zuständig. Dort wurden auf insgesamt 93 Hektar die Ampullen an die Reben gehängt. Viele Jugendliche beteiligten sich an dem Arbeitseinsatz. Sie erhalten sechs Euro pro Stunde, ein Mittagessen und nachmittags Kaffee mit Kuchen. Beer: "Wir wenden seit 2002 die Methode an. Seitdem hat es keine Schäden mehr durch den Traubenwickler gegeben."

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