Verwirrung bei den Winzern

Unter extremem Zeitdruck müssen die Eckpunkte der EU-Weinmarktreform festgezurrt werden. Doch das ist nicht das einzige Problem. Die Furcht vor einer Verwässerung des Begriffs "Riesling" geht um.

Bernkastel-Kues. Selbst Rudolf Nickenig, Generalsekretär des Deutschen Weinbauverbandes, ringt bei der Diskussion über das neue Bezeichnungsrecht um Fassung, "Das ist alles sehr schwierig", sagt er beim "Mosel Weinbautag", der sich in großem Stil mit dem Thema beschäftigt (TV vom 8. Januar). Wie sollen dann erst die Winzer in der proppenvollen Mosellandhalle in Bernkastel-Kues und ihre vielen Kollegen die EU-Weinmarktreform verstehen?

Nickenig, Albrecht Ehses (Verband der Kellereien), Werner Kirchhoff (Moselland eG), Christian Amlinger (Landjugend), Karl-Theo Haart (Verband der Prädikatsweingüter) und Adolf Schmitt (Präsident Weinbauverband Mosel) geben auf dem Podium ihre Sichtweise wieder, beklagen den Zeitdruck, unter dem gehandelt werden muss und fordern klare Konzepte. Wie soll aber Stellung bezogen werden, wenn die Entwürfe bisher nur in englischer Sprache vorliegen? Wichtig für die Mosel ist, dass Begriffe wie Kabinett, Spätlese und Auslese weiter bestehen dürfen (siehe Extra). Irritationen gibt es, was die zukünftigen Kategorien "Wein ohne Herkunftsangabe" und "Wein mit geschützter geografischer Bezeichnung" speziell für die Fasswein-Winzer bedeuten. Auch der "Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung" bedarf der Erklärung.

Die Eckdaten sollen in den nächsten Monaten festgezurrt werden. Danach solle in Ruhe diskutiert werden. Dabei werden sinnvolle Neuerungen nicht abgelehnt. "Wir müssen schon das ganze bisherige System hinterfragen", sagt Landjugend-Vertreter Christian Amlinger. Es gehe darum, verbraucherfreundlicher zu werden. Doch die Winzer wissen nicht, wie die Weinmarktreform sich auswirkt. "Es ist total verwirrend", sagt Ernst-Josef Kees. Verlierer seien der Wein im Allgemeinen und der Riesling im Besonderen. Wenn Riesling auf dem Etikett stehe, der Wein aber von überall herkommen könne, verliere der Verbraucher das Vertrauen. Kees: "Das zieht uns nach unten".

Albert Kallfelz befürchtet einen Verlust an Steillagen. Die seien aber das Monument, mit dem die Mosel berühmt geworden ist. "Wir müssen den Mut haben, weiter für die Steillagen einzutreten, sonst verlieren wir", sagt der Winzer, der für seine klaren Worte bekannt ist.

So klingt die Forderung von Weinbaupräsident Adolf Schmitt plausibel: "Wir müssen ein klares Konzept schaffen, aus dem Begriff Mosel etwas machen und auch aus den Steillagen." Nicht vergessen werden sollte dabei, und darauf weisen die Podiumsteilnehmer hin, dass die Mosel nur ein kleines Rädchen im Getriebe des Welt-Wein-Markts ist.EXTRA Neues Weinklassen- und Bezeichnungsrecht: Mit der EU-Weinmarktreform tritt am 1. August 2009 auch ein neues Bezeichnungsrecht in Kraft. Wichtig für die Moselwinzer: Im Prinzip ändert sich kaum etwas, denn die bisher verwendeten Begriffe wie Qualitätswein, Kabinett, Spätlese und Auslese bleiben bestehen - ebenso die Angaben der Einzellagen. Bislang unterschied man die Weinklassen Tafelwein, Landwein, Qualitätswein b.A. und Prädikatswein. Nach dem neuen Recht gibt es drei Weinklassen: Wein ohne Herkunftsangabe (z.B. Riesling Deutschland), Wein mit geschützter geografischer Bezeichnung (z.B. Mosel Riesling oder Mosel Elbling), und Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung mit der Angabe des Gebietes, des Ortes und der Einzellage (z.B. Brauneberger Juffer Riesling). Auch Begriffe wie Classic, Selection, Rotling oder Riesling Hochgewächs sind geschützt. Von Gruppen und Erzeugern können neue Ursprungsbezeichnungen beantragt werden. Der Weinbauverband Mosel denkt dabei zum Beispiel an "Mosel Riesling" und "Mosel Steillagen Riesling" und will für diese Begriffe Kriterien definieren. (sim)

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