Verwirrung um weiteren Missbrauchsvorwurf

Trier/Morbach · Im Hauptverfahren gegen einen Mann, der sich an zwei - nach neuen Erkenntnissen möglicherweise drei - Jungen in Morbach vergangen haben soll, hat nun die Lebensgefährtin des Angeklagten ausgesagt. Der Richter zweifelte jedoch offen an ihrer Darstellung.

(alo) Bisher hatte der vorsitzende Richter im Prozess viel Feingefühl und Geduld an den Tag gelegt. Jetzt scheint seine Geduld am Ende: "So einen Blödsinn habe ich schon lange nicht mehr gehört!" Die Zeugin schweigt. Sie ist die Lebensgefährtin des 51-jährigen Pferdepflegers, dem zur Last gelegt wird, zwei Jungen sexuell missbraucht zu haben.

Wenige Minuten zuvor hatte die Zeugin versucht, einen Vorfall mit ihren eigenen Kindern zu erklären. Ihr Sohn - bisher nicht als mutmaßliches Opfer angeführt - habe vor einiger Zeit behauptet, der Angeklagte sei bei ihm "unten dran gewesen". Ihre Tochter habe diese Behauptung auf ihrem Handy aufgezeichnet, der Mutter vorgespielt und dann wieder gelöscht. In Gegenwart des Angeklagten sollen aber - laut Zeugin - beide Kinder ihre Behauptung wieder zurückgezogen haben.

Mittlerweile erreichte das Landgericht ein Brief, den die Tochter geschrieben haben soll. Darin wird behauptet, dass die Aussage ihres Bruders gelogen war und dass sie ihn zu dieser Lüge angestiftet habe. Der Richter las den Brief vor. Dann widmete er sich wieder der Zeugin. "Wie hätte das 15-jährige Mädchen wissen sollen, dass der Brief im Prozess helfen könnte?", fragte er. "Und woher wusste sie den Namen des Staatsanwalts?" "Ich stecke nicht dahinter", sagt die Mutter. "Sie muss sich die Akte angesehen haben." Der Richter sah die Zeugin an. "Das können Sie mir nicht erzählen! Ich bin der Meinung, dass Sie mich beschwindeln!"

Noch mehr Geschichten der Zeugin scheinen nicht zu passen. So habe der Angeklagte sie nie geschlagen - ihre Tochter jedoch soll behauptet haben, dass er ihre Mutter in der Schwangerschaft so sehr geprügelt habe, dass sie eine Fehlgeburt erlitt. "Wieso sollte Ihre Tochter so etwas erzählen?", fragte der Richter. "Weil sie öfter Intrigen spinnt", sagt die Mutter. Die Ex-Frau des Angeklagten wollte kurz darauf vor Gericht nicht aussagen. Ihr Sohn, das leibliche Kind des Angeklagten und das zweite mutmaßliche Opfer laut Anklageschrift, wollte nur unter Ausschluss seines Vaters und der Öffentlichkeit die Fragen des Richters beantworten. Was er daraufhin erzählte, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

Vergangene Woche war überraschend ein drittes mutmaßliches Opfer aufgetaucht (der TV berichtete). Der heute 17-jährige Bruder eines der ursprünglich zwei mutmaßlichen Opfer soll in mindestens 300 Fällen vom Angeklagten missbraucht worden sein.

Die Staatsanwaltschaft erwägt statt einer neuen Anklage eine Nachtragsanklage, die dann in den jetzigen Prozess integriert würde. Das setzt aber voraus, dass der Beschuldigte dem zustimmt. Bisher ist das nicht der Fall.

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