Vier aus Wittlich

Wittlich · Losen-Bockstanz, Lütticken, Mertes, Zender-Göhlen: Diese Namen stehen heute für den Wittlicher Wein. Die vier einzig verbliebenen Winzer bewirtschaften mittlerweile beinahe so viele Flächen wie früher 24 Weinbauern.

189 000 Reichsmark für eine Flasche Wein. Nein, nicht für einen Mouton Rothschild, sondern für einen 1921er Wittlicher Portnersberg. Und das in einem Jahr, in dem die anderen Spitzen unter den Moselweinen für unter 100 000 Reichsmark in Trier versteigert wurden. Diese Geschichte erzählen die Wittlicher Winzer heute noch gerne. Schließlich gab es Zeiten, in denen ihre Tropfen den Ruf hatten, nicht an die Qualitäten in den Moselorten heranzureichen.
Und auch heute haben es Orte wie Kröv und Piesport leichter, außerhalb der Region ihre Weine zu vermarkten. Doch Prämierungen zeigen: Erfolg haben die Wittlicher Winzer trotzdem. "Wir brauchen uns hinter niemandem zu verstecken", sagt Axel Mertes, dessen Familienbetrieb in der Himmeroder Straße seit Generationen besteht.
Im Gegensatz zur Mosel, wo immer mehr Weinberge nicht mehr bewirtschaftet werden, hat Wittlich so gut wie keine Brachen. "Alle Weinberge von Betrieben, die aufgegeben wurden, haben andere Winzer übernommen", sagt Heinz Zender, Sprecher der Wittlicher Winzer. 46 Hektar werden in der Säubrennerstadt und in Hupperath bewirtschaftet - eine seit langem nahezu konstante Zahl. Im Mittelalter waren es mit 65 Hektar mehr, schließlich wuchsen damals noch an Orten Trauben, wo nun Häuser stehen, zum Beispiel in der Hochstraße. Im Jahr 1624 betrieben 76 Prozent der Wittlicher Weinbau, wie Klaus Petry in seinem Aufsatz "Der Tafelwein des Erzbischofs" schreibt.
Etwa ein Drittel Rotweine


Heute wachsen die Reben in fünf Lagen: Felsentreppchen, Portnersberg, Klosterberg, Bottchen und Lay. In den 70er Jahren bewirtschafteten noch 24 Winzer, zwölf davon im Nebenerwerb, diese Flächen - damals 54 Hektar. Heute sind es noch vier: die Weingüter Losen-Bockstanz, Johannes Lütticken, Axel Mertes und Zender-Göhlen. Sie sind entsprechend gewachsen. Der kleinste Betrieb hat vier, der größte 30 Hektar Weinberge, sagt Zender.
Dass die Zahl der Winzer gesunken ist, sei vor allem der fehlenden Nachfolge geschuldet. Doch es habe auch Vorteile, lassen sich doch Veranstaltungen wie die Weinpräsentation im Casino zu viert leichter auf die Beine stellen. Nur auf die Frage nach einem Weinfest passen sie: "Die Säubrennerkirmes ist unser Weinfest", sagt Zender.
Zudem finden alle Wittlicher Winzer Platz in den Regalen der Supermärkte, die in der Stadt lokale Produkte anbieten. Und auch die heimische Gastronomie hat ihre Stamm-Lieferanten.
Die Urkunden zum Weinbau in Wittlich datieren bis ins Jahr 1065 zurück. Und so lange man zurückdenken kann, firmieren die edlen Tröpfchen als Moselwein. Mertes, der auch eine Lage in Piesport bewirtschaftet, hat sogar die Erfahrung gemacht, dass sich der Wein von der Mosel schlechter verkauft. "Und die Wittlicher, die bei uns kau fen, wollen erst recht Wittlicher Wein."
Und längst sind nicht mehr nur die Weißen gefragt. Rotwein macht 30 Prozent der Wittlicher Weine aus, schätzt Zender. Und die Wittlicher liefern ihre Flaschen in alle Welt aus, bis in die USA und nach Japan. Der Riesling hat unter den Rebsorten allerdings weit die Nase vorn.
Auch wenn der Wittlicher Wein streng genommen kein Moselwein ist: "Die Leute, die ihn probieren, sind positiv überrascht", sagt Zender. Vor allem dem 2011er könnte das gelingen, wie schon jetzt am hohen Zuckergehalt und an den intensiven Aromen abzulesen ist. Einige Trauben in Zenders Lagen warten sogar darauf, als Eiswein gelesen zu werden - auch wenn der Preis nicht ganz an die 189 000 Reichsmark heranreichen wird.

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