Vollernter macht sich gut in der Steillage

Bernkastel-Kues · Ein Vollernter für die steilen Weinlagen in Deutschland und der Welt? Daran glaubte bis vor einigen Jahren niemand. Doch aus Visionen und Träumen wird nun Realität. Dem Hersteller liegen auch schon Bestellungen vor.

Vollernter macht sich gut in der Steillage
Foto: klaus kimmling (m_mo )

Bernkastel-Kues. Gut sehen die Trauben aus, die da in einem Weinberg zwischen Bernkastel-Kues und Lieser in der Bütte liegen. Sie sind nicht zermatscht, und in dem Behälter befinden sich auch nur wenige Blätter. In etwa so soll es aussehen, wenn die Lese per Hand erfolgt. Doch hier ist der Vollernter im Einsatz, ein weiter verbesserter Prototyp der Firma Carl Hoffmann Landmaschinen aus Piesport. Es ist ein besonderes Gerät. Denn es kann in Steil- und Steilstlagen eingesetzt werden. "Bis etwa 80 Grad Steigung", sagt Peter Hoffmann der gemeinsam mit seinem Bruder Markus die Firma leitet.
Noch vor 15 Jahren wäre der Gedanke wahrscheinlich als Spinnerei abgetan worden, bestätigt Gerd Scholten, Abteilungsleiter Weinbau und Oenologie beim Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) in Bernkastel-Kues. Erst 2002, 2003 gab es erste Ideen für einen Vollernter. Dass der auch einmal in ganz steilen Lagen unterwegs sein würde, glaubte aber kaum jemand.
Die Firma Carl Hoffmann hat 2012 intensiv mit der Entwicklung eines Vollernters für die Steillage begonnen. "Wir haben vollkommenes Neuland betreten", sagt Peter Hoffmann. Mehr als einmal sei die Idee hausintern hinterfragt worden. Die Entwicklungskosten seien nicht weit von einer Million Euro entfernt. "Was da jetzt steht, würde ich als Durchbruch bezeichnen", sagt Gerd Scholten.
Im Herbst schon im Einsatz


Das DLR kooperiert schon länger mit der Firma. Das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium ist auch mit im Boot. Es half mit, eine Förderung über 192 000 Euro an Land zu ziehen. "Das ist eine ganz wichtige Sache für Rheinland-Pfalz", sagt Ministerin Eveline Lemke (Die Grünen) bei der Präsentation. Der Vollernter helfe beim Erhalt der wertvollen Steillagen.
Anfang des Jahres war das Gerät noch nicht ausgereift. Matthias Porten, Maschinenexperte beim DLR, sprach beim Weinbautag einige Schwachpunkte an (der TV berichtete). So sei der Schüttelvorgang so heftig, dass das Holz an den Rebstöcken Schaden nehmen könnte. Die Firma habe reagiert, sagt Peter Hoffmann. Matthias Porten bestätigt, dass nun alles in Ordnung sei.
Der Vollernter war im Herbst auch schon im Großeinsatz, denn Hoffmann hat ein Lohnunternehmen gegründet. Etwa 36 Hektar Steillagen hat die Maschine mit dem 20 Jahre alten Landmaschinentechniker Kevin Könen am Steuer damit abgeerntet. Darunter befindet sich die gesamte Fläche (6,5 Hektar) des beim DLR angesiedelten Staatsweingutes Mosel. Es gebe nichts zu beanstanden, sagen Porten und Gerd Scholten. 2000 Euro (ohne Mehrwertsteuer) hat das Unternehmen für die Bearbeitung eines Hektars verlangt. Matthias Porten vergleicht das mit den Kosten für die Ernte per Hand. "Die liegen zwischen 3500 und 4500 Euro", sagt er.
Der Firma Hoffmann liegen mittlerweile mehrere Bestellungen vor - unter anderem aus Portugal und Österreich sowie von regionalen Lohnunternehmen.
Bis zu fünf Erntemaschinen sollen bis zum Herbst 2016 fertig sein. Mittelfristig will Hoffmann bis zu 20 Geräte pro Jahr bauen. Der Vollernter wird ohne die ihn tragende Raupe etwa 100 000 Euro kosten. Die in Bernkastel-Kues präsentierte Raupe kostet etwa 80 000 Euro.Meinung

Eine Maschine macht ihren Weg
Er hätte den Vollernter viel öfter einsetzen können, sagt Firmenmitinhaber Peter Hoffmann. Aber es gibt derzeit nur ein Gerät. Die Nachfrage zeigt aber, dass es Bedarf gibt - auch über die Mosel hinaus. Das wiederum beweist, dass an der Mosel innovative Köpfe zuhause sind. Der Vollernter ist erst einmal eine Ergänzung. Viele Winzer werden weiter die Lese per Hand bevorzugen - zumindest solange wie es genügend Arbeitskräfte gibt. Und so schnell wird es auch keine Armada von Erntemaschinen geben. Beim Blick auf die Kosten wird aber auch klar: Auf lange Sicht wird der Vollernter seinen Weg durch die Rebzeilen finden. c.beckmann@volksfreund.de

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