Vollzeitstelle für Flüchtlingshilfe gefordert

Thalfang/Mainz · Die Kommunen kommen in der Bearbeitung der Asylanträge an ihre Kapazitätsgrenzen. Die VG Thalfang will nun beim Land eine Koordinationsstelle beantragen und beruft sich auf ein Versprechen der Ministerpräsidentin. Der TV hat in Mainz nachgefragt. Die Antworten der zuständigen Ministerien machen aber wenig Hoffnung.

Vollzeitstelle für Flüchtlingshilfe gefordert
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Thalfang/Mainz. Die Thalfanger nehmen Ministerpräsidentin Malu Dreyer beim Wort und fordern eine zusätzliche Stelle für die Koordination der Flüchtlingsarbeit ein. Auf seiner jüngsten Sitzung sprach sich der Verbandsgemeinderat dafür aus, dieses Thema im Haupt- und Finanzausschuss zu besprechen und eine entsprechende Anfrage vorzubereiten. Dem war ein Vorstoß von Christian Synwoldt, Sprecher der FWG Erbeskopf-Fraktion, vorausgegangen. "Um den wachsenden Herausforderungen gerecht zu werden sowie die Migration der Asylsuchenden angemessen zu gewährleisten", soll eine Vollzeitstelle außerhalb des normalen Stellenplans der Verbandsgemeinde eingerichtet werden. Damit fand die FWG großen Zuspruch im Gremium. Bürgermeister Marc Hüllenkremer versicherte, dass das Thema mit Priorität im Haupt- und Finanzausschuss beraten werden soll.
Hintergrund ist eine Presse-Mitteilung der Ministerpräsidentin, die Anfang September 2015 veröffentlicht wurde: "Es ist klar, dass genauso wie das Land auch die Kommunen ihren Personalbestand mit qualifizierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aufstocken müssen, um eine optimale Versorgung der Flüchtlinge sicherzustellen." Weiter heißt es, dass das Innenministerium und die Kommunalaufsicht umgehend die erforderlichen Spielräume zu schaffen haben und auch unkonventionelle Lösungen anbieten sollen.Überforderte Kommunen


Diese Spielräume brauchen die Kommunen in der Tat. Bürgermeister Marc Hüllenkremer bestätigt: "Keine Kommune hat genug Ressourcen, um das zu bearbeiten." Mitarbeiter würden bis an die Grenzen ihrer Kapazität arbeiten, um Flüchtlingen zu helfen und die Verwaltungsangelegenheiten zu regeln.
Zudem weist der Bürgermeister auf ein Strukturproblem hin. Die Verwaltung sei nach dem gängigen ,Gemeinde 21 Modell' organisiert. Das besteht aus vier Fachbereichen mit den Schwerpunkten Personal/Organisation, Bauwesen, Bürgerdienste/Finanzen und den VG-Werken. Flüchtlingshilfe sei darin nicht vorgesehen. Da kaum damit zu rechnen sei, dass die Flüchtlingsströme abreißen, wäre eine zusätzliche Stelle hilfreich. Hüllenkremer lobt das Engagement der Hauptamtlichen und auch der vielen Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe. Aber: "Wenn das so weiter geht, dann heißt es ,game over'."
Dem pflichtet Martin Steinmetz von der Verwaltung bei: "Unsere Mitarbeiter gehen auf dem Zahnfleisch." Auch er würde eine zusätzliche Stelle begrüßen. Während vor fünf Jahren fünf bis zehn Asylsuchende betreut werden mussten, seien es jetzt zwischen 80 und 100. "Bislang wurde einer Erweiterung des Stellenbedarfs um 25 Prozent zugestimmt", sagt Steinmetz. Seine Abteilung sei gehalten, Wohnungen zur Verfügung zu stellen und die Grundversorgung zu gewährleisten. Darüber hinaus geht es aber auch darum, die Zusammenarbeit mit den vielen ehrenamtlichen Flüchtlingshilfen zu organisieren. Und dafür sei eine zusätzliche Stelle, die das Land bezahlt, wichtig und sinnvoll.Keine Finanzierung in Aussicht


Joachim Winkler, Pressesprecher des Innenministeriums in Mainz, stellt jedoch auf TV-Nachfrage klar, dass von Finanzierung seitens des Ministeriums keine Rede war. "Es ging darum, unkonventionelle Lösungen im Bereich Haushalts- und Stellenplan anzubieten". In der Antwort des Innenministeriums heißt es weiter: "Soweit für den Zweck der Flüchtlingsarbeit qualifiziertes Personal für befristete Beschäftigungsverhältnisse nicht gewonnen werden kann, bestehe die Möglichkeit, nicht befristete Stellen zu schaffen." Diese Stellen müssten aber im Haushaltsplan der Gemeinden ausgewiesen werden. Grundlage ist die kommunale Selbstverwaltung, die in der Verfassung verankert ist. Integrationsministerin Irene Alt ließ hingegen vor wenigen Tagen verlauten, dass das Land ab 2016 jährlich pauschal weitere 35 Millionen Euro auf die Kommunen verteilen will. Dieses Geld soll insbesondere der Unterbringung und Versorgung von Asylbegehrenden und geduldeten Ausländern dienen.
Auf TV-Nachfrage im Integrationsministerium, ob denn auch Koordinationsstellen bezahlt werden könnten, hieß es, dass dafür grundsätzlich das Innenministerium zuständig sei. Dennoch wolle man in den nächsten Tagen die Rechtsabteilung prüfen lassen, ob es möglich ist, eine Stelle, die das Ministerium bezahlt, zeitweise einer Verbandsgemeinde zuzuordnen.Meinung

Nicht wirklich unbürokratisch
Finanzierung hin, Finanzierung her. Die Antworten aus Mainz verunsichern all jene, die vor Ort mit der Flüchtlingsarbeit betraut sind. Es mag ja sein, dass in den Presse-Mitteilungen nie die Rede von Geld war. Aber was bitteschön sollen denn all die Bürgermeister und Verwaltungschefs sonst erwarten als die Möglichkeit, Hauptamtliche zu bezahlen, die extra für diese Aufgabe eingestellt werden? Viele Kommunen sind hochverschuldet, weil sie seit Jahren Aufgaben finanzieren müssen, die nicht zuletzt das Land versprochen hat, wie etwa die Ganztagsbetreuung in den Kitas. Thalfang muss derzeit auch noch die Sanierung der Realschule plus stemmen und dafür Kredite in Millionenhöhe aufnehmen. Wer voraussetzt, dass doch genug Geld in den Kassen ist und sich solche Stellen aus dem Ärmel schütteln lassen, der verkennt die Lage und sollte mal genauer in den Hunsrück schauen. hp.linz@volksfreund.de

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