Vom Deko-Objekt zur Vogelscheuche

Wittlich · Aus der Entfernung sind sie kaum vom Original zu unterscheiden: Doch die Schwarzschwäne auf dem Wittlicher Sterenbachsee sind aus Plastik. Kormorane, die den Fischbestand des Sees stark dezimiert hatten, fürchten sie, als wären sie aus Fleisch und Blut.

 Die Plastikschwäne auf dem Sterenbachsee in Wittlich haben sich bewährt. Seit sie da sind, machen die Kormorane einen Bogen um das Gewässer. TV-Foto: Christian Moeris

Die Plastikschwäne auf dem Sterenbachsee in Wittlich haben sich bewährt. Seit sie da sind, machen die Kormorane einen Bogen um das Gewässer. TV-Foto: Christian Moeris

Wittlich. Im Morgennebel treiben sie vor den Schilfbänken auf dem Sterenbachsee. Der Wind haucht den Plastikschwänen Leben ein: Das Schwanenpaar schwimmt von rechts nach links. Plötzlich machen sie kehrt und schwimmen in die entgegengesetzte Richtung - so weit, wie es die Ankerketten erlauben, an denen die Plastikvögel befestigt sind. "Nur die Spaziergänger, die täglich hier ihre Runden drehen, merken, dass das keine echten Schwarzschwäne sind", sagt Hans Comtesse, Vorsitzender des Wittlicher Angelvereins.
Vom Ufer aus betrachtet sehen die schwarzen Wasservögel mit ihren roten Schnäbeln täuschend echt aus. Die beiden Dekovögel aus dem Internetversandhandel - 50 Euro pro Stück - haben den Wittlicher Anglern wertvolle Dienste geleistet.
Nicht nur, indem sie das Vereinsgewässer zieren, sondern auch als Waffe gegen einen gefürchteten Feind der Angler, dem sich die Vereinsmitglieder zuvor hilflos ausgeliefert sahen: "Der Kormoran hat uns mehrere Jahre den ganzen Besatz aus dem See gefressen. Wir setzen jedes Jahr Fische im Wert von 4000 Euro ein", sagt Comtesse. Der gefräßige Wasservogel, dessen Bestand vor einigen Jahren in der Moselregion explodierte, fand am Sterenbachsee stets einen gedeckten Tisch vor. Der gefiederte Vielfraß brachte die Angler zur Verzweiflung. "Wenn man den ganzen Tag dasitzt, nichts fängt und dann einen Kormoran mit einer dicken Forelle im Schnabel auftauchen sieht, ist das sehr deprimierend", sagt Comtesse. Viele Vereinsmitglieder wollten dem Verein deshalb den Rücken kehren. "Die sagten: Wir zahlen doch keine Mitgliedsbeiträge, um den Kormoran zu füttern.`"
Angler eines befreundeten Vereins aus dem Ruhrgebiet brachten die Wittlicher Petrijünger auf die glorreiche Idee der Vogel atrappen. "Im Frühjahr 2013 haben wir die Plastikattrappen ausgebracht. Seitdem ist das Problem gelöst." In diesem Jahr habe er am Sterenbachsee noch keinen einzigen Kormoran gesehen, sagt Comtesse. Zwischen 2011 und 2013 haben sich meist um die 70 Tiere am See aufgehalten und satt gefressen. Der Fischbestand des Sees habe sich prächtig erholt, sagt Comtesse.
"Die Kormorane fliegen zwar noch über den See, trauen sich aber nicht mehr zu landen." Derzeit sei das Gewässer voll kleiner Brutfische, die Angler zögen wieder dicke Hechte aus dem Sterenbachsee. Im Verein herrsche wieder Ruhe und Frieden. cmo
Extra

Ebenso wie der Fischadler oder der Graureiher wurde der Kormoran als vermeintlicher Nahrungskonkurrent des Menschen in Europa massiv verfolgt und sein Bestand stark dezimiert. Im mitteleuropäischen Binnenland war die Art um 1920 praktisch ausgerottet. Die Wiederbesiedlung Deutschlands begann zögerlich etwa ab Mitte der 1940er Jahre. Aufgrund von Schutzbestimmungen leben in Deutschland mittlerweile wieder 24000 Brutpaare. Quelle: wikipedia

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