Vom Gericht verurteilt: Rentner stoppt Kicker mit Regenschirm

Cochem · Ein Fußballer darf nicht zimperlich sein, Verletzungen muss er in Kauf nehmen. Einen 19-jährigen Spieler der ersten Mannschaft Blankenraths (Kreis Cochem-Zell) traf es bei einem Heimspiel im November 2012 gegen Kröv allerdings doppelt hart: erst von einem gegnerischen Spieler, dann von einem Rentner mit Regenschirm. Den hat das Amtsgericht Cochem nun zu einer Geldstrafe verurteilt.

Cochem. Gegen Ende der zweiten Halbzeit - Blankenrath liegt mit 2:0 in Führung - kassiert ein 19-jähriger Blankenrather Fußballer von seinem 26-jährigen Gegenspieler aus Kröv einen heftigen Ellbogencheck aufs Kinn, so dass er Blut spuckt und die unteren Schneidezähne wackeln. Tapfer spielt der verletzte Blankenrather jedoch weiter, bis er einige Minuten später beim Sprint aufs Kröver Tor dicht an der Außenlinie vom Regenschirm eines 78-Jährigen unsanft gestoppt wird.
Der Spieler aus Kröv und der Rentner müssen sich beide wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Cochem verantworten. Während der Fußballspieler mit einem Freispruch nach Hause geht, weil das Gericht ihm kein vorsätzliches Handeln nachweisen kann, wird der übereifrige Fan im fortgeschrittenen Alter zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Amtsrichter Wilfried Johann glaubt dem Rentner nicht, der behauptet, sich wegen eines Rückenleidens auf seinen seitlich ausgestreckten Stockschirm gestützt zu haben. Der Blankenrather Fußballspieler sei außerhalb des Spielfeldes "irgendwie in den Schirm hineingelaufen".
Sprint aufs Tor verhindert


Zahlreiche Zeugen beschreiben jedoch den Sturz über den Regenschirm anders. Mit der Schirmspitze sei in Kniehöhe des laufenden Spielers "gefuchtelt" worden. Auch eine Schürfwunde am Bein weist darauf hin, dass dem Blankenra ther der Schirm bewusst zwischen die Beine gehalten wurde, um seinen Sprint aufs Tor zu stoppen.
Nicht so eindeutig sind die Zeugenaussagen zum Ellbogencheck durch den Spieler der Kröver Mannschaft. Die einen wollen gesehen haben, dass der Ball, hinter dem beide Spieler herjagten, bereits im Aus lag und dass der heftige Rempler gegen das Kinn des Gegners nichts mit dem Spiel zu tun hatte. Andere Zuschauer jedoch bezeugen, dass der Kröver den Ball in der Hand hielt, um ihn wieder aufs Spielfeld zu werfen, und dass er dabei den Blankenrather zufällig mit dem Ellbogen traf. Amtsrichter Johann: "Möglich sind beide Versionen. Doch wir können nicht beweisen, ob die Verletzung durch Vorsatz oder im Eifer des spielerischen Zweikampfes zustande kam."

Der verletzte Spieler aus Blankenrath, dem noch einige Zahnbehandlungen bevorstehen, hatte eine vom Verteidiger des Angeklagten vorgeschlagene Vereinbarung abgelehnt, um die nachfolgenden zivilrechtlichen Auseinandersetzungen zu vermeiden. Danach sollten sich die Parteien auf die Zahlung einer bestimmten Summe als Schadenersatz einigen und auf weitere Ansprüche verzichten. Nun muss möglicherweise doch ein Zivilverfahren klären, ob und in welcher Höhe ein Anspruch auf Schadenersatz besteht.

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