Vom gewöhnlichen Kriminellen zum edlen Räuber

WEIPERATH. Vom kommenden Samstag an steht wohl der berühmteste Hunsrücker im Mittelpunkt einer Sonderausstellung des Holzmuseums. Unter dem Motto "Denn im Wald, da sind die Räuber..." informieren die Organisatoren über Leben und Sterben des Schinderhannes und über die Hintergründe des Räuberunwesens vor 200 Jahren.

 Ein überdimensionales Bildhauer-Relief, an dem ein Galgen in Miniaturformat angebracht wurde, ist neben einer bedrohlich wirkenden Guillotine die Haupt-Attraktion der Schinderhannes-Ausstellung im Hunsrücker Holzmuseum. Rita und Walter Hulß haben sich bereits vor der offiziellen Eröffnung umgesehen .Foto: Ursula Schmieder

Ein überdimensionales Bildhauer-Relief, an dem ein Galgen in Miniaturformat angebracht wurde, ist neben einer bedrohlich wirkenden Guillotine die Haupt-Attraktion der Schinderhannes-Ausstellung im Hunsrücker Holzmuseum. Rita und Walter Hulß haben sich bereits vor der offiziellen Eröffnung umgesehen .Foto: Ursula Schmieder

Am 21.November 1803 bestiegen Johannes Bückler, besser bekannt alsSchinderhannes, und 19 seiner Mitangeklagten in Mainz dieGuillotine. Das Jahr 2003 steht ganz im Zeichen diesesunrühmlichen Jubiläums Verschiedene Veranstaltungen im Hunsrückund auch darüber hinaus zeigen, dass Johannes Bückler auch heutenoch in aller Munde ist. Bande machte auch das Morbacher Land unsicher

Davon ist nicht nur Michael Pinter überzeugt. Das Ende dieser bekannten Verbrecher-Karriere ist für den ehrenamtlichen Leiter des Hunsrücker Holzmuseums nur der äußere Anlass für die Ausstellung "Denn im Wald, da sind die Räuber..." und das umfangreiche Rahmenprogramm.

Die Veranstalter wollen geschichtliche Informationen über die damalige Zeit geben, die Hintergründe des Entstehens des Räuber-Unwesens verdeutlichen und regionale Aspekte der Aktivitäten des Räuberhauptmanns herausstellen, wie Pinter im Vorwort eines Heftes der Schriftenreihe des Holzmuseums erläutert. Was viele nicht wissen: Auch das Morbacher Land gehörte zu den Kernräumen der kriminellen Aktivitäten der Schinderhannes-Bande.

Idar- und Hochwald zählten laut Klaus-Peter Decker, dem Autoren eines der Aufsätze in dem Heft, zu den Durchzugs- und Rückzugsgebieten der Gesetzlosen, doch in der Region befinden sich auch Schauplätze der kriminellen Taten, wie der Mord auf dem Baldenauer Hof 1797. An der Tat war der junge Johannes Bückler beteiligt, was auch einer der Gründe für seine spätere Verurteilung war. Nachdem er zuvor eher durch Diebereien und Veruntreuung aufgefallen war, stolperte er in die erste Bluttat, in die er verwickelt war, laut Decker eher zufällig hinein.

Sein "Liebchen", damals nicht Julchen, Juliane Blasius, die legendäre Gefährtin des Räuberhauptmanns, war von einem seiner Gefährten belästigt und bestohlen worden.

Das konnte Schinderhannes schon aus Autoritätsgründen nicht auf sich beruhen lassen. Auf dem Baldenauer Hof wurde "Placken-Klos", wie der Mann wohl wegen seiner Pockennarben hieß, malträtiert, zusammengeschlagen und mit Messerstichen getötet. Wer ihm die tödlichen Verletzungen beigebracht hatte, wurde nicht letztendlich geklärt, aber Bückler hatte in dem ganzen Geschehen eine wichtige Rolle gespielt. Die Beseitigung der Leiche nahm übrigens ein "Chirurgus" Steinberg aus Morbach im Beisein zweier Hundheimer Schöffen vor.

Wirtschaftliche Not machte Menschen zu Verbrechern

Im Zentrum der Ausstellung stehen nicht nur Leben und Sterben des legendären Hunsrückers und seiner Getreuen. Dem Grundschullehrer Michael Pinter und seinen Mitorganisatoren ist daneben auch das Zeitgeschehen wichtig. In den Jahren 1794 bis 1814, als die linksrheinischen Gebiete Deutschlands von Frankreich besetzt waren, sind dort zahlreiche Räuberbanden nachzuweisen, die sich mit Diebstahl, Raub, Erpressung und Mord über Wasser hielten.

Die vielen Kriege des 18. Jahrhunderts hatten in der Region große Not verursacht. Viele Menschen wurden in unsichere Lebensverhältnisse getrieben, informiert eine der Schautafeln im Museum. Die Mitglieder von Banden rekrutierten sich häufig aus Nichtsesshaften, die außerhalb oder am Rande der etablierten Gesellschaft standen. Zu ihnen gehörten Bettler, Tagelöhner, fahrende Handwerker, ehemalige Soldaten sowie Juden und Zigeuner. Die kriminelle Energie der Bande war beträchtlich. Auf ihr Konto gingen innerhalb von sechs Jahren mindestens 211 Delikte.

Keineswegs war Schinderhannes ein "Robin Hood des Hunsrücks", als der er später dargestellt wurde. Die Ausstellung befasst sich auch mit der Verklärung des Räuberunwesens, das bereits um 1800 herum einsetzte. Schon im Schiller-Drama "Die Räuber" von 1781 wurde dem Kriminalitäts-Aspekt das Heldenhafte und Edle gegenübergestellt. In der Literatur wurde vielfach die Figur des "edlen Räubers" geschaffen. Und so wird der Name Schinderhannes wegen seines positiven Images vielfach als Werbeträger genutzt. Auch in diesem Zusammenhang zeigt die Ausstellung wertvolle Exponate: großformatige Holzreliefs aus der bekannten Bildhauerei Mettler in Morbach, die in der Vergangenheit dem "Schinderhannes"-Restaurant in Morbach als wertvolle Kulisse dienten.

Schinderhannes-T-Shirts im Museumslädchen

Nur wenige wissen, dass der Name des ehemaligen Hotels und die Wandtafeln einen konkreten historischen Bezug haben: Denn in dem alten Wirtshaus, dem so genannten "Schommisch-Haus", das 1933 abgebrannt war und an dessen Stelle das Hotel "Schinderhannes" erbaut wurde, waren 1798 besondere Gäste eingekehrt: die Räuberbande des Schinderhannes und ihr berüchtigter Hauptmann.

Wen wundert's in diesem Zusammenhang, dass auch das Holzmuseum die schillernde Figur des Schinderhannes vermarktet. Im Museumslädchen kann neben der Schrift zur Ausstellung ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Schinderhannes" und eine Halskette mit Schinderhannes-Aufdruck erworben werden. Und im Museumscafe können hungrige Besucher eine zünftige Henkersmahlzeit verzehren.

Die Ausstellung "Denn im Wald, da sind die Räuber..." wird von Samstag, 12. April bis zum 31. Dezember im Sonderausstellungsbereich des Hunsrücker Holzmuseums zu sehen sein. Öffnungszeiten: dienstags bis freitags von 14 bis 17 Uhr; sonn- und feiertags von 10.30 bis 17 Uhr.

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