Vom Jagdbomber zum Touristenflieger

HAHN. Einen etwas derben Charme versprüht die ehemalige US-Airbase mitten im Hunsrück noch immer. Doch aus einer Abwehreinrichtung gegen feindliche Streitkräfte ist ein Service orientierter ziviler Flughafen entstanden.

Konversion ist Latein und heißt nicht nur Umkehrung, sondern auch Sinnesänderung und Bekehrung. Tatsächlich hat der 1951 nach der Gründung der Nato begonnene Bau des Fliegerhorstes Hahn durch das Ende des Kalten Krieges einen tiefgreifenden Sinneswandel erfahren. Auch wenn die martialisch strenge Architektur der meisten Gebäude auf dem Areal und die panzerfesten Straßen noch immer an den einstigen Zweck der potenziellen Kriegführung erinnern. Nach Verhandlungen mit den Franzosen, die in der Region nach dem zweiten Weltkrieg die Besatzungsmacht waren, wurde im August 1953 das 50. Jagdbombergeschwader offiziell von Clovis in Neumexiko zum Hahn verlegt. Das Geschwader konnte auf eine besondere Tradition zurückblicken: Es hatte an der Invasion in der Normandie teilgenommen und war dafür mehrfach ausgezeichnet worden. Ehrenvoll entwickelte sich die militärische Geschichte des auf dem Hahn stationierten 50. Taktischen Jagdgeschwaders - wie es später hieß- mit etlichen Reorganisationen und immer neuen Flugzeugen. 1980 war die Mannschaft auf dem Hahn die erste der amerikanischen Luftstreitkräfte in Europa, die mit den neuen F 16-Jagdbombern ausgerüstet wurden. 1983 galt die Mannschaft nach einer Nato-taktischen Überprüfung als das erste einsatzfähige F 16-Geschwader und wurde mehrfach bei militärischen Wettbewerben ausgezeichnet: mit dem "Air Force Outstanding Unit Award" und der "USAFE Commander-in-Chief Trophy" als beste Flugstaffel der Amerikaner in Europa. Spätestens als 1991 klar war, dass die Amerikaner abziehen, verlor der Hahn seine ursprünglich militärische Bestimmung. 1992 gründete das Land Rheinland-Pfalz zusammen mit den Kreisen Rhein-Hunsrück, Cochem-Zell, Birkenfeld, Bernkastel-Wittlich und der Verbandsgemeinde Kirchberg die Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft Flugplatz Hahn. Das erklärte Ziel: Aus dem öden Gelände mit leer stehenden Kasernen sollte eine attraktive Umgebung für Unternehmen werden und der Flughafen in das verwandelt werden, was er heute ist - eine der deutschen Top-Adressen für preisbewusste Urlauber. Daneben ist der Hahn auch ein Tor zur Region für den so genannten "Incoming Tourism" von Gästen, die aus ganz Europa kommen.1993: Erste Charterflüge nach Mallorca

Schon im Mai 1993 schickte die Tui vom Hahn aus Charterflüge nach Mallorca, im April 1994 gab es die Genehmigung für 24-stündigen Flugbetrieb. 1996 siedelte sich die Landespolizeischule auf dem Gelände an. Im selben Jahr wurde der Kooperationsvertrag mit der Flughafen Frankfurt Main AG geschlossen mit dem Ziel, zusätzlichen Luftverkehr zu akquirieren und Abwanderungen zu bremsen. Die Air France Cargo entschloss sich ebenfalls, ihren Deutschland-Hub (Knotenpunkt) am Hahn aufzubauen, der 1997 in Betrieb genommen wurde. Ganz ohne Klagen ging der Umbau des Hahn in einen großen Fracht- und Personenflughafen jedoch nicht über die Bühne. Vor allem die Nachtfluggenehmigung musste erstritten werden. Mit Erfolg. Schon 1997 stand der Hahn auf Platz elf der Rangliste deutscher Verkehrsflughäfen, ein Jahr später im Frachtbereich sogar auf Platz vier. Seit April 1999 ist die irische Fluggesellschaft Ryanair der Hauptmagnet, anfangs nur mit einer täglichen Linienverbindung nach Stansted bei London. Neue Terminals und Hallen kamen kontinuierlich hinzu. Und um der Öffentlichkeit den Flughafen von seiner besten Seite zu präsentieren, gab es im Juni 1999 die Flugtage "Hahn in Motion" mit 30 000 Besuchern. Um die Bindung an den größten deutschen Flughafen herauszustellen, wurde die Betreibergesellschaft Flughafen Hahn GmbH 2001 in Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH umbenannt, was bisweilen zu spöttischen Kommentaren in den Medien führte. Den meisten Fluggästen scheint es egal zu sein, denn im ersten Quartal 2003 erkämpfte sich der Hahn den zehnten Platz unter den deutschen Verkehrsflughäfen und baut damit seine Position weiter aus. Im nächsten Teil unserer TV -Serie über den Hahn beschäftigen wir uns mit der Frage "Was bringt der Hahn dem Hunsrück?"

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