Vom Lieserufer übers Schwimmbad bis zur Innenstadt

Wittlich · Sechs politische Fraktionen und Gruppierungen entscheiden im Stadtrat über die Schwerpunkte der Lokalpolitik. Der TV hat ihre Sprecher über die Ziele nach der Sommerpause befragt. Es stehen Themen an von der Gewerbeansiedlung, über Lösungen fürs Hallenbad bis zum Toilettenwunsch und dem ersten Bürgerentscheid.

Wittlich. 32 Frauen und Männer treffen sich alle paar Wochen nach Feierabend. Manche sehen sich zwischendurch. Denn eigentlich gibt es immer was zu bereden, zu überlegen oder durchzuarbeiten. Da sind Zusammenfassungen zu lesen, sich Bürgerfragen zu stellen, zu diskutieren und abzuwägen, was die nächsten Schritte sein werden und wie man seine Ziele erreicht. Das gehört zur Stadtratsarbeit. Und die beginnt bald wieder nach der Sommerpause.
Vorab hat der Volksfreund die Fraktionsvorsitzenden und Sprecher der im Stadtrat vertretenden politischen Richtungen per E-Mail um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:
1. Wofür wollen Sie sich nach der Sommerpause in der Stadtpolitik besonders einsetzen?
2. Auf welches vom Stadtrat erreichte Ziel - auf welche angestoßene Entwicklung oder Entscheidung sind Sie aktuell besonders stolz?
3. Wittlichs erster Bürgerentscheid steht an: Was ist Ihre Haltung zu diesem Novum in Wittlich und mit welchem Ergebnis rechnen Sie?
Die Antworten lesen Sie unten zusammengefasst.
Ein Fazit: Auch wenn in der Wittlicher Stadtpolitik die Mehrzahl der Entscheidungen einstimmig fällt und in der Regel fair an einem Strang gezogen wird, gibt es noch Akzente, die die ehrenamtlich politisch Engagierten unterscheiden. Ganz klar ist das hinsichtlich des anstehenden ersten Bürgerentscheids, der am Sonntag, 8. November, sein wird. In der Frage zur Zukunft des Parkplatzes Karrstraße gibt es keine Einigkeit und man muss nun abwarten, was die Mehrheit der Wittlicher will.
Die Antworten zeigen aber auch, dass immer wieder Unerwartetes in der Säubrennerstadt aktuell wird. Jetzt ist es die Weltpolitik, deren Folgen nicht ignoriert werden können. Wie Wittlich mit Flüchtlingen umgeht, ist eines dieser Themen.
Auf andere Art schwierig wird womöglich die Suche nach einer Lösung für das sanierungsbedürftige Hallenbad sein, dass jedes Jahr für ein Riesen-Minus im städtischen Haushalt sorgt. Zu diesem Thema bekommen die Stadtratsmitglieder womöglich auch Impulse von den Wittlichern.
Denn die sind erstmals in einem Bürgerforum gefragt, bei dem anstehenden Haushalt mitzureden. Dafür wird es eine Veranstaltung am Dienstag, 1. Oktober in der Synagoge geben.
Wie es mit der Gestaltung des Lieserufers voran geht, interessiert dann womöglich auch.
Was jedoch als Ziel möglich ist, wird von den Finanzen bestimmt. Größter Einnahmeposten für die Stadt ist dabei ist die Gewerbesteuer. Für die Sicherung dieser Geldquelle will der Stadtrat weiter sorgen, indem er Ansiedlungen ermöglicht.
Aber die Lokalpolitiker können auch Nein sagen, wie unlängst beim Ex-Hela-Gelände. Immerhin schreiben sich alle auf die Fahnen, immer ein besonderes Augenmerk auf eins zu werfen: die Wittlicher Innenstadt.Elfriede Meurer CDU (14 Sitze)
Die Änderung des Flächennutzungsplans wird uns beschäftigen, damit die Nachfrage nach Grundstücken zur weiteren Ansiedlung von Industrie- und Gewerbetrieben befriedigt werden kann und weitere Arbeitsplätze geschaffen werden können. Weiterhin werden wir Maßnahmen zur Stärkung der Innenstadt beraten und entscheiden.Dazu soll unter anderem das Lieserufer erlebbar gestaltet werden.
2. Auf den Abschluss der Gestaltung des Kurfürsten-, Ottenstein- und Schlossplatzes.
3. Wir stehen zu dem Stadtratsbeschluss, wonach die notwendigen genutzten Stellplätze erhalten bleiben. Es soll ein attraktiver innerstädtischer Platz mit Aufenthaltsqualität geschaffen werden und eine Teilfläche mit innerstädtischem Wohnen in Verbindung mit einer öffentlichen Tiefgarage.Wir sagen Nein zu Stillstand und Bauverbot. Der Bürgerentscheid wird als demokratisches Mittel die Meinung der Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger deutlich machen, die sich auch mit unserer Haltung und der des Stadtrates deckt. sos

Nadine Zender SPD (acht Sitze)

Nach der Sommerpause wollen wir uns mit den an uns herangetragenen Anliegen der Bürger befassen. Als Beispiel wurde der Wegfall der öffentlichen Behindertentoilette auf dem Schlossplatz kritisiert.Dies wird es zu prüfen gelten. Zudem möchten wir den Dauerbrenner Sanierung Hallenbad anpacken und vorantreiben sowie eine aktive Akquise eines Kinobetreibers betreiben, denn unsere Meinung ist: ,Geht nicht, gibts nicht!'.
2. Wir freuen uns auf das von uns initiierte Bürgerforum zum Haushalt. Davon versprechen wir uns viele gute Ergebnisse.
3. Wir sind als Stadträte gewählte Vertreter der Bürger in Wittlich und wollen nicht an deren Mehrheit vorbeientscheiden, eine Bürgerbeteiligung ist uns wichtig. Darum ist es das gute Recht der Wittlicher, die Entscheidungen des Stadtrates kritisch zu hinterfragen, denn davon lebt Demokratie. Was die Wahlbeteiligung und das Ergebnis angeht, sprich was die Mehrheit Wittlicher in Bezug auf den Parkplatz Karrstraße möchte, wird sich am 8. November dieses Jahres zeigen. sos

Stephan Lequen Die Grünen (vier Sitze)

Für eine weitere, vorausschauende Haushaltskonsolidierung. Hierzu zählen kleinere Einsparpotentiale wie eine nachhaltige Planung für unser sanierungsbedürftiges Schwimmbad.Weiter: Die Optimierung unseres Stadtbusses, etwa zur besseren Anbindung der wachsenden Stadtteile, und die vollumfängliche Unterstützung der Integration von Flüchtlingen und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.
2. Die Verhinderung der großflächigen Einzelhandelsansiedlung auf dem Hela-Gelände. Und die gelungene Neugestaltung des öffentlichen Raums in der Oberstadt und zwar ohne den geplanten Großkreisel um den ZOB.
3. Wir begrüßen den Bürgerentscheid, um für den strittigen Sachverhalt den tatsächlichen Mehrheitswillen festzustellen. Wir sind für eine Teilbebauung unter Erhalt der notwendigen öffentlichen Stellplätze. Wir sind überzeugt, dass die Mehrzahl der Wittlicher erkennt, dass sie bei einem ,Ja' nur Parkplätze bekommt und bei einem ,Nein' eben diese Parkplätze und eine Bebauung, die viele Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet. sos

Michael Scheid FWG (drei Sitze)

Die Problematik der vor Krieg und Vertreibung geflüchteten Menschen ist auch in Wittlich greifbar geworden. Hier angekommene Flüchtlinge müssen untergebracht und nach Möglichkeit zu Lohn und Arbeit kommen.Dies sehen wir als humanitäre Verpflichtung und werden es unterstützen. Unverändert werden wir uns für die Verbesserung der Situation in der Innenstadt einsetzen, um deren Attraktivität in Verbindung mit der Kundenfrequenz zu erhöhen.
2. Auf die Entwicklung zur großflächigen Ausweisung von Gewerbeflächen im Industriegebiet Wengerohr-Süd dürfen alle mit gewissem Stolz blicken. Zeigt es doch, dass unsere Stadt unvermindert Anziehungskraft für die Wirtschaft hat und prosperiert.
3. Nachdem der Stadtrat mehrheitlich bis auf unsere Fraktion zwei Unterschriftenaktionen und das Votum einer Einwohnerversammlung ignoriert hat, wurde der Bürgerentscheid unvermeidbar. Das Bürgerbegehren fand bereits derartig viele Unterstützer, dass wir mit einer klaren Entscheidung gegen die Bebauung des Platzes rechnen. sos

Thomas Losen FDP (zwei Sitze)

Die Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge ist ein wichtiges Thema.Außerdem werden wir uns für den weiteren, zukunftsorientierten Ausbau von Wittlich, als Mittelzentrum für Handel, Dienstleistung und Produktion einsetzen.
Besonderes Augenmerk legen wir hier auf die Entwicklung der Innenstadt.
2. Die Posthalterei auf dem Marktplatz ist ein Schmuckstück geworden, sowie das Eventum und der umgestaltete Kurfürstenplatz.
Der Schlossplatz entwickelt sich prächtig. Wittlich wird immer attraktiver!
3. Wir sehen den Bürgerentscheid als gelebte Demokratie. Wir gehen aber davon aus, dass die Bürger gegen den Bürgerentscheid stimmen und sich zum Stadtratsbeschluss bekennen werden.
Der Platz in der Karrstraße sollte umgestaltet werden, damit er wieder attraktiv wird und dadurch eine zusätzliche Belebung in die Innenstadt erfolgt.
Priorität haben die Parkplätze, sie müssen erhalten bleiben. sos

Ali Damar Die Linke (ein Sitz)

Strukturelle und konkrete Verbesserungen im Personennahverkehr zur Sicherung der Mobilität für die Bürger in unserer Region. Angebot und Entwicklung eines Sozialtickets.Förderung und Schaffung von sozialem Wohnraum, damit die Mieten bezahlbar bleiben. Behindertengerechte Toilette am Busbahnhof (ZOB). Das sind wir den vielen Schülern schuldig, die dort tagtäglich verkehren und auch allen Teilnehmern des öffentlichen Nahverkehrs in Wittlich. Ganz zu schweigen von den Menschen, die ihre Notdurft in den umliegenden Hecken ablassen.
2. In der kommunalen Haushaltspolitik fordert Die Linke seit Jahren die Einführung eines Bürgerhaushalts für die Stadt Wittlich. Endlich hat man reagiert.
3. Die Linke unterstützt seit Jahren den Antrag der FWG, das Gelände in der Karrstrasse als Parkplatz zu erhalten und einen Begegnungsplatz einzurichten. Die Linke sagt ganz klar "Ja" zum Parkplatz und ganz klar "Nein" zu dem von CDU, SPD, FDP und Grünen vorgeschlagenen Konzept der Bebauung durch Investoren. sos

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