Von Anfang an ein Ort des Willkommens

Hermeskeil · Das Hermeskeiler Johanneshaus startete vor 50 Jahren als Bildungswerk, heute ist es kultureller Treffpunkt und Zentrum für ehrenamtliches Engagement.

 Heute ist das Johanneshaus in Hermeskeil Generationen-Treffpunkt und Heimat vieler ehrenamtlicher Helfer. Dazu zählen auch Christel Roder (rechts) und ihr Serviceteam. Fotos (2): MGH

Heute ist das Johanneshaus in Hermeskeil Generationen-Treffpunkt und Heimat vieler ehrenamtlicher Helfer. Dazu zählen auch Christel Roder (rechts) und ihr Serviceteam. Fotos (2): MGH

Foto: (h_hochw )

Hermeskeil Im Raum Franziskus haben sich etwa 30 Senioren versammelt. Ein Trierer Kriminalbeamter erklärt ihnen gerade, wie sie am besten auf Betrugsversuche am Telefon reagieren. Der Vortrag gehört zum Programm des Offenen Treffs, der immer am letzten Donnerstag des Monats im Mehrgenerationenhaus organisiert wird. Unter den Gästen sind die Hermeskeilerinnen Christa Unger (76) und Ida Bier (79). Beide erinnern sich noch gut an die Anfänge des Johanneshauses, als es noch kein Mehrgenerationenhaus (MGH) war. "Es gab Theater und viele Kurse, die Vereine haben sich hier getroffen - alles fast wie heute", sagt Unger. "Es war viel Betrieb." Ida Bier hat mit dem Kirchenchor im Haus geprobt. Ihr Mann hat Aquarellkurse geleitet, sie selbst Kochkurse. Auch bei Bildungsreisen sei sie mitgefahren, zum Beispiel nach Colmar in Frankreich. 50 Jahre gibt es das Johanneshaus nun schon. 1967 wurde der Grundstein gelegt. Der Schwerpunkt lag damals auf Bildungsangeboten, denn zeitgleich startete das katholische Bildungswerk. Das runde Jubiläum will die Pfarrei Sankt Franziskus als MGH-Trägerin am Samstag, 4. November, groß feiern (siehe Info). Zu diesem Anlass wurde eine Festschrift gedruckt, die laut MGH-Leiter Christoph Eiffler einiges zur Geschichte des Hauses verrät. "Im 19. Jahrhundert gab es schon erste Ideen für ein Begegnungshaus in Hermeskeil", sagt Eiffler. Später gab es die "Baracke", eine 30 Meter lange Holzbaracke, an die sich noch viele ältere Hermeskeiler erinnern dürften. Sie stand Ende der 1950er Jahre dort, wo heute der Parkplatz hinter dem MGH liegt. Dort trafen sich Vereine, Jugend, Kolpingfamilie, Pfadfinder und Kirchenchor. "Da war wohl richtig was los", sagt Eiffler. Heute steht die Baracke im Altbachtal in Trier-Süd, wie der Keller Heimatforscher Dittmar Lauer recherchiert hat. Zuvor diente sie der Kirchengemeinde St. Simeon in Trier-West als Notkirche.Um 1960 reifte bei der Hermeskeiler Gemeinde der Wunsch, eine größere Begegnungsstätte zu schaffen. "Der Anlass waren die Soldaten, Hermeskeil war ja Garnisonsstadt. Ihnen wollte man einen Treffpunkt bieten", sagt Eiffler. Und so wurde das Johanneshaus gebaut. Neben Tanz und Theater sei der Bildungsansatz von Beginn an da gewesen. Franziska Kohley habe ihn als Vorsitzende des Bildungswerks konsequent verfolgt. Die langjährige Regierungsschuldirektorin für den Bezirk Trier war die treibende Kraft im Haus. Sie organisierte hochkarätig besetzte Vorträge, Seminare, eine Weiterbildung für Erzieherinnen und 42 Bildungsfahrten, die ihr Ehemann Paul begleitete. Franziska Kohley starb 2010 mit 84 Jahren. "Sie hat jede freie Minute in dieses Haus gesteckt", lobt Eiffler. Auch Christel Roder, die seit 30 Jahren für die Bewirtung der Gäste sorgt, hat gute Erinnerungen: "Frau Kohley hat mich damals hierher geholt." Sie sei Mitglied im Pfarrgemeinderat gewesen. Kohley habe sie gefragt, ob sie bei einer Veranstaltung helfe. "So bin ich da reingerutscht - und geblieben."Offenheit und Willkommenskultur von damals seien bis heute wegweisend, findet Eiffler. Nur die Zielgruppe habe man erweitert. Nach dem "Boom" der 1970er/80er Jahre sei das Haus Mitte der Neunziger jedoch "vor sich hingedümpelt". Die Pfarrei habe sogar über einen Verkauf nachgedacht. 2008 bot das Förderprogramm des Bundesfamilienministeriums, das für jeden Landkreis eine Begegnungsstätte schaffen wollte, neue Impulse. Das Johanneshaus wurde Mehrgenerationenhaus und für 500 000 Euro saniert. "Wichtig war, dass damit zum Programm auch gesellschaftliche Themen gehörten", sagt Eiffler. Heute liegt der Fokus auf jungen Familien und der älteren Generation. Es gibt Eltern-Kind-Treffs, den Mittagstisch der Generationen, ein Café international, Tanz-, Koch- und Gymnastikkurse, Angebote für Demenzkranke, Lebensberatung, Elterntraining und Integrationsangebote für Flüchtlinge. Hinzu kommen Veranstaltungen der Vereine und der etwa 50 Kooperationspartner.Gefördert wird das Haus mit jährlich 90 000 Euro - von Bund, Land, Kreis, Verbandsgemeinde, Stadt und Bistum. Laut Eiffler kommen täglich bis zu 70 Gäste, 2000 Veranstaltungen gibt es im Jahr. Zu Eifflers hauptamtlichem Team gehören die Flüchtlingshilfe-Koordinatorin Kerstin Bettendorf, eine Sekretärin und ein Hausmeister. Wichtiger sei jedoch, dass sich 40 Menschen ehrenamtlich engagierten. So wie Christel Roder. "Sie ist für viele das Gesicht unseres Hauses." Mit ihrem Team stemme sie jeden Dienstag den Mittagstisch, organisiere Seniorenfrühstücke und Beerdigungskaffees. Auch beim Jubiläumsfest ist Roder im Einsatz: "Wir bereiten 150 Klöße vor." KommentarMeinung

Wichtiges Angebot - auch heute nochDas Johanneshaus hat nun 50 Jahre auf dem Buckel. Für die Menschen in der Stadt Hermeskeil und in den umliegenden Dörfern ist das Haus heute wie damals kaum wegzudenken. Es ist nach wie vor ein Treffpunkt für die Vereine und ein gern genutzter Ort für Veranstaltungen. Noch immer gibt es zahlreiche Bildungsangebote. Überdauert hat die Einrichtung aber auch, weil man sich durch den Wandel zum Mehrgenerationenhaus der aktuell dringenden gesellschaftlichen Themen angenommen hat. Junge Familien und ältere Menschen finden dort Beratung und jede Menge Angebote, sich aktiv einzubringen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Und: Das MGH ist eine der wichtigsten Schaltzentralen für ehrenamtliches Engagement in Hermeskeil. Wie wertvoll das ist, hat sich in den vergangenen Jahren unter anderem an der Herausforderung gezeigt, den vielen aus ihrer Heimat geflüchteten Menschen bei ihrer Integration zu helfen. c.weber@volksfreund.deExtra: FEST MIT TANZ UND HOCHWÄLDER KOST

 Seit 1967 gibt es das Johanneshaus in Hermeskeil.

Seit 1967 gibt es das Johanneshaus in Hermeskeil.

Foto: (h_hochw )

Das 50-jährige Bestehen des Johanneshauses wird am Samstag, 4. November, groß gefeiert. Um 9.30 Uhr gibt es einen ökumenischen Gottesdienst in der Martinuskirche in Hermeskeil. Danach beginnt das Programm im Mehrgenerationenhaus. Sieben Köche bereiten ein internationales Mittagsbüfett vor - mit Hochwälder Klößen, syrischen Spezialitäten, griechischer Küche und italienischen Vorspeisen. Am Nachmittag treten die Prinzengarde des Hermeskeiler Karnevalvereins, eine griechische Tanzgruppe und ein Zauberer auf. Die Kolpingfamilie zeigt die besten Szenen ihrer Theateraufführungen. Um 17 Uhr werden Skulpturen des ehemaligen Hermeskeiler Pastors Ortfried Stertenbrink versteigert. Der Erlös dient zur Finanzierung des neuen Kirchenglockenstuhls. Um 20 Uhr tritt im Rahmen der Reihe Hermeskeiler Kultur(er)Leben der Komiker Sven Hieronymus auf.

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