Von Beruf Raucher

TRIER. (ph) Andreas Bornkamp kneift die Augen zusammen und fächelt sich den Qualm in die Nase. Dann zieht er noch einmal an seiner Selbstgedrehten und nickt zufrieden. Schon steckt er sich die nächste Zigarette an. Nein, Kettenraucher ist Bornkamp nicht, sondern Tabak-Einkäufer bei Japan Tobacco International (JTI) Trier. "Rauchen ist mein Beruf", sagt der 42-Jährige.

Tabak-Einkäufer - das hört sich nach einem einfachen Job an. "Ist es aber nicht", sagt Bornkamp. Schließlich ist er nicht nur Einkäufer, sondern auch Tester. Deshalb bevorzugt er als Berufsbezeichnung auch "Tabakexperte". Als solcher reist er bis zu 40 Wochen im Jahr in den Ländern rund um das östliche Mittelmeer und Asiens umher, trifft sich mit Händlern und prüft die Ware. "Wenn ich bei einem Tabakhändler ankomme, rauche ich erst einmal eine", erzählt er. Schließlich schmecke jeder Tabak anders und hänge in seiner Qualität - ähnlich wie der Wein - von vielen, zum Teil veränderlichen Faktoren ab: dem Boden, der Sorte, dem Klima. "Unser Ziel ist, dass wir in jedem Jahr eine Zigarette haben, die gleich schmeckt", sagt Bornkamp. Das ist kein leichtes Unterfangen angesichts ihrer komplizierten Zusammensetzung: Jede Zigarette besteht aus einer Mischung verschiedener Tabaksorten, dem "Blend". Die meisten bekannten Marken enthalten die Sorten "Virginia", "Burley" und "Orient", die den so genannten American blend ergeben. Jede dieser Sorten wiederum wird der Zigarette in verschiedenen Qualitäts- und damit Geschmacksstufen beigegeben. Wie viele unterschiedliche Tabake sich beispielsweise in einer "Camel" - neben "Winston" und "Mild seven" die wichtigste Marke von JTI - wiederfinden, will Bornkamp nicht verraten. Das sei für den Geschmack einer Zigarette bestimmend und deshalb geheim. Vor jeder Reise bekomme er von der Planungsabteilung einen "Einkaufszettel" mit den benötigten Tabakmengen und -qualitäten. Noch im Herkunftsland lässt sich Bornkamp die gewünschte Mischung zusammenstellen und nach Trier schicken. Dort raucht er dann mit anderen Tabakexperten im "Musterzimmer" Probe. Gleichzeitig wird der Rohstoff im chemischen Labor auf seine Inhaltsstoffe analysiert. Erst wenn Geschmackstest und Analyse positiv ausfallen, bekommt der Händler den Zuschlag. Einen dreistelligen Millionenbetrag gibt Bornkamp jedes Jahr auf seinen Einkaufstouren aus, die er für alle 15 Produktionsstandorte von JTI, einem der größten Zigarettenhersteller weltweit, unternimmt. Im einzigen deutschen Werk des Konzerns in Trier wurden im Jahr 2003 rund 37,1 Milliarden Zigaretten hergestellt und 52 000 Tonnen Rohtabak verarbeitet. Dass Andreas Bornkamp Tabakexperte wurde, war eigentlich ein Zufall, wie er selbst sagt. Der gebürtige Bremer ist gelernter Spediteur und hatte vor vielen Jahren während eines USA-Aufenthaltes eher zufällig in einer Tabakfabrik gearbeitet. "Eines Tages haben sie mich gefragt, ob ich nicht einen Job im Einkauf wolle", erinnert sich Bornkamp. Ohne zu zögern habe er zugesagt - obwohl er damals noch Nichtraucher war. Über einige Umwege kam er schließlich zu JTI und nach Trier. Seit 15 Jahren ist Bornkamp nun schon Tabakeinkäufer. Welche Qualifikationen er für den Beruf hatte? "Ich war begeistert von dem Naturprodukt Tabak", sagt Bornkamp. Außerdem sei ein guter Geruchssinn von Vorteil - "und die Gabe, ihn zu gebrauchen". Vor allem aber sei das Tabakgeschäft Erfahrungssache, betont er: "Nach fünf Jahren kannst Du anfangen, vorsichtig Deine Meinung zu sagen." Ein starker Raucher ist Bornkamp bis heute nicht geworden: "Ich rauche privat nur aus Genuss und nur dann, wenn ich wirklich möchte", sagt er. Rauchen ist für ihn vor allem eines geblieben: sein Beruf.

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