Von Butterbroten und Marterpfahl
DREIS. 40 Jahre alt wird der Dreiser Kindergarten in diesem Jahr. Drei "Kinder der ersten Stunde" plaudern mit der heutigen Leiterin über ihre Erinnerungen.
Als Hilde Lamberty 1971 die Leitung des Kindergartens übernahm, musste sie eine Sondergenehmigung beantragen: Gerade erst 21 Jahre war sie jung. Seitdem ist sie in Dreis eine feste Größe. Die zweite Generation Kinder besucht inzwischen ihre Einrichtung. Die feiert in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen. Drei, die sich an die Anfangszeiten des Kindergartens erinnern können, plaudern für den TV aus dem Nähkästchen. Er sei gerne hergekommen, sagt Erwin Komes. Seinerzeit hat er gemeinsam mit Heinz Follmann Indianer gespielt und mindestens einmal seine spätere Ehefrau an den Marterpfahl gefesselt. Daran, wen wundert´s, kann er sich nicht erinnern, die Frau dagegen um so besser. Zu Fuß und alle gemeinsam kamen die Kinder morgens zum Kindergarten an Sammelstellen abgeholt von einer Erzieherin, dem "Frollein", an deren Strick sich alle festhalten mussten, um nicht verloren zu gehen. Um den Hals trugen die Kinder das unvermeidliche Ledertäschchen, darin eine Trinkflasche mit Tritop, Zuckerwasser oder echtem "Drees".Manchmal war auch Zucker auf dem Butterbrot
Die Butterbrote trugen ihren Namen noch zu Recht. "Meistens war wirklich nur Butter drauf", erinnert sich Inge Schneider. Manchmal sei auch Zucker drauf gestreut gewesen: Eine Köstlichkeit, deren Geschmack sie bis heute auf der Zunge habe. Spitzbübisch blinzelt Komes. Nun ja, seine Mutter habe ihm manchmal sogar eine Scheibe Wurst gegönnt. Es war die weitgehend autofreie Zeit, man aß, was man im Haus hatte, ohne Supermarkt, Mikrowelle und Fastfood. "Zuhause war eigentlich immer etwas los", sagt Elfriede Herges. Klar, bei vier Geschwistern. Wahrscheinlich deshalb ging sie gar nicht so gerne in den Kindergarten, gibt sie zu. Inge Schneider nickt. Ja, bei ihr war es genauso. Die Eltern kümmerten sich nicht besonders um das, was hier geschah. "Was die da machen, wird schon richtig sein", hieß es, und das galt auch für den Fall einer Ohrfeige. An die Puppen in der Einrichtung erinnern sich beide gerne zurück, denn damals hatte beileibe nicht jedes Kind seine eigene im Haus. Und erst das Geschichten vorlesen - viele Mütter hatten dafür keine Zeit. Auch die Steckblümchen fanden die Mädels toll und die Würfelpuzzle: Auf sechs Seiten jeweils ein Märchen dargestellt. Gar nicht so einfach zu legen für Kinderhände. "Als ich 1971 kam, habe ich erst mal alles Plastik ausrangiert", erinnert sich Hilde Lamberty. Gelernt hatte sie bei den Ursulinen. Sie sprang mit der Leitung des Kindergartens in ihrem Heimatort ins kalte Wasser. Damals zweigruppig und noch ohne Telefon, war er einer der ersten Kindergärten der ländlichen Region und hatte einen entsprechend großen Einzugsbereich. Aus Bruch, Bergweiler, Salmtal, Dodenburg, Arenrath und Niersbach wurde der Nachwuchs "angekarrt". Gebetet wurde damals wie heute. Sonst hat sich fast alles geändert, sagt Lamberty: Die Elternarbeit, die Konzeption, die Arbeit mit den Kindern, die heute gezielt in ihrer Gesamtpersönlichket gefördert und auf die Schule vorbereitet würden. Schimpfen müsse sie aber immer noch selten. Sie hat wohl das, was man eine natürliche Autorität nennt, und wird trotzdem jeden Morgen feste von den Kindern ihrer Gruppe gedrückt. Und genau das hält sie seit fast dreieinhalb Jahrzehnten am Job: Diese Herzlichkeit und Wärme, die ihr täglich entgegen gebracht wird. Und die perfekte Zusammenarbeit mit Pfarrer und Verwaltungsrat. Am Sonntag wird das Jubiläum gefeiert. Um 10.15 Uhr ist Familiengottesdienst, danach Frühschoppen. Ab 14 Uhr gibt es Darbietungen der Kinder, Kuchen, Schätzfragen, Tombola und Auftritte von Musikvereinen.