Von der Bastelstube zum Produktionsbetrieb

STIPSHAUSEN. Eine revolutionäre Technologie, „Ultrasonic“ genannt, verhilft der Firma Hermann Sauer zu enormem Auftrieb. Bremsscheiben für die Formel I, Hüftgelenkskugeln und Siliziumchips werden mit Hilfe dieser Technologie hergestellt.

 Tüftelt zuweilen Revolutionäres: Firmengründer Hermann Sauer in Stipshausen. Foto: Karsten Schultheiß

Tüftelt zuweilen Revolutionäres: Firmengründer Hermann Sauer in Stipshausen. Foto: Karsten Schultheiß

Mit Selbstbewusstsein, Zuversicht und Tatendrang steuert die Hermann Sauer & Co. KG in Stipshausen auf Expansionskurs. Sie setzt auf eine weltweit einzigartige Technologie: „Ultrasonic“ bringt dem am Fuße des Idarkopfs beheimateten Werkzeugmaschinenbauer nach fachlicher Anerkennung endlich auch ökonomisch durchschlagenden Erfolg.„In allen relevanten Kennzahlen sind wir 2002 um mehr als das Zehnfache gewachsen“, sagt Christian Thönes, der für das nächste Jahr eine Verdopplung anstrebt, erfreut. Vor allem der „Genialität“ seines Geschäftsführer-Kollegen Hermann Sauer schreibt der 30-Jährige die atemberaubende Entwicklung zu.Seit der Übernahme durch Gildemeister, Europas führenden Hersteller spanender Werkzeugmaschinen, am 1. November 2001 konzentriert sich der Firmengründer ganz auf die Technik, während Thönes den kaufmännischen Part abdeckt.Die von Hermann Sauer entwickelte Technologie mit dem Namen „Ultrasonic“ gilt als revolutionäres Verfahren für die Bearbeitung hartspröder Werkstoffe. Dabei handelt es sich um einen Ultraschall-gestützten Zerspanprozess, bei dem ein mit Diamantkörnern besetztes Fräs-, Bohr- oder Schleifwerkzeug 20 000 Mal pro Sekunde in ein Werkstück geschlagen wird. Dies ermöglicht eine effiziente Bearbeitung von Werkstoffen wie Keramik, Glas, Hartmetall, Silizium oder Edelsteinen. Bis zu fünf Mal so hoch wie bei herkömmlichen Methoden ist die Produktivität. Zudem garantiert „Ultrasonic“ sogar bei härtesten Werkstoffen eine hohe Abtragleistung, Qualität sowie längere Werkzeug-Standzeiten und ist umweltverträglich. In der Automobilindustrie werden mit Hilfe dieser Methode Bremsscheiben und Verteilerplatten aus Keramik bearbeitet, in der Medizintechnik Hüftgelenkskugeln und in der Halbleiterbranche Siliziumchips. „Alle Keramik-Bremsscheiben, wie sie aus der Formel I berühmt sind, basieren auf Ultrasonic“, betont Thönes. „Unsere Technologie ist so gut, dass der Markt zurzeit kontinuierlich 60 bis 70 Anfragen pro Monat an uns stellt“, berichtet der Diplom-Kaufmann.Um weiter den Wachstumspfad beschreiten zu können, benötigt die High-Tech-Schmiede noch mehr gute Fachkräfte: Produktionsleiter, CNC-Anwendungstechniker, Service-Techniker, Elektroniker sowie Vertriebsleiter für das In- und Ausland mit Maschinenbau-Kenntnissen.Futuristischer Neubau geplantBeabsichtigt ist, die seit der Integration in die Gildemeister-Gruppe von elf auf 27 gestiegene Mitarbeiterzahl in zwei Jahren zu verdoppeln. Auch die Pläne für einen futuristischen Neubau mit Montagestätte und Vorführzentrum sollen zügig umgesetzt werden. „Binnen eines Jahres hat sich die Firma von der High-Tech-Bastelstube zum High-Tech-Produktionsbetrieb gewandelt“, erklärt Hermann Sauer. Gildemeister bringe das notwendige Kapital – und nicht zuletzt die Möglichkeit zur weltweiten Vermarktung unter einer renommierten Marke. Rückblickend meint Tüftler Sauer, vorher habe er sich bisweilen verzettelt, um allen Wünschen gerecht zu werden. Jetzt hat sich das Unternehmen auf eine Baureihe, die „DMS-Ultrasonic“ mit vier Typen, spezialisiert. Parallel dazu vergrößerte sich das Kundenpotenzial enorm. Ebenso wie Firmen aus der Umgebung interessieren sich nun Konzerne aus allen Kontinenten, vor allem Nordamerika und Asien, für die Werkzeugmaschinen aus Stipshausen.

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