Von der Betriebswirtschaft zur Berufung

MORBACH. In der katholischen Kirche bis heute undenkbar, in der anglikanischen Kirche in England sind sie seit wenigen Jahren Realität: Frauen im Priesteramt. Die Morbacherin Jutta Brueck wurde vor wenigen Jahren in London zur Priesterin geweiht. Sie übt derzeit ihren Beruf als Hochschul-Seelsorgerin in Teilzeit aus und stattete ihrem Elternhaus in Morbach einen Besuch ab.

"Der Glaube war für mich schon immer wichtig", meint Jutta Brueck zu ihrem Werdegang. Dass sie aber einmal als Priesterin ihre Eltern in Morbach besuchen würde, hätte sie selbst früher nicht gedacht.Dabei hatte es Jutta Brueck ursprünglich nur zur Fortsetzung ihres 1980 in Reutlingen begonnenen Studiums der Betriebswirtschaft auf die Insel gezogen. Dass damals für die Hunsrückerin die Zahlen im Mittelpunkt standen, hat seinen Grund: "Weil ich gar nicht auf die Idee gekommen bin, Theologie zu studieren." Also kehrte sie auch wie geplant 1984 nach Deutschland zurück, um in den folgenden vier Jahren in einem Unternehmen der Computer-Branche zu arbeiten. "Ich war in einer guten Karriere drin, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, das ist es nicht", kommentiert Brueck ihr damaliges Engagement für Budget und Firmenplanung. Trotzdem hatte ihr diese Arbeit Spaß gemacht, weshalb sie auch nur beurlaubt war, als sie 1988 für ein Aufbaustudium erneut nach London ging.Dass dann alles ganz anders kam, ist in den Augen der 42-Jährigen Fügung. "Ich habe schon sehr stark das Gefühl, dass da Gottes Hand im Spiel ist", gesteht sie. Zum Beispiel bei ihrem aktiven Engagement in der ökumenischen Hochschulgemeinde. "Da fing das so an, dass ich beide Welten kennen gelernt und auch bewohnt habe", erinnert sich die Priesterin. Und das zu einer Zeit, als in der anglikanischen Kirche gerade die Debatte um Frauen im Priesteramt akut war."Mir wurde klar, dass mir mein Glaube sehr wichtig ist und ich eine Berufung habe", betont Brueck. Von daher lag es nahe, zeitgleich zu der angebotenen Tätigkeit als Hochschul-Seelsorge-Assistentin mit einem Theologie-Studium zu beginnen, das schließlich im Priesteramt mündete.Keine Berührungsängste mit katholischer Messe

Ein Beruf, den in der anglikanischen Kirche zu dieser Zeit noch wenige Frauen ausübten. Weibliche Diakone gehörten zwar schon zum gewohnten Bild. Doch die Entscheidung, Frauen auch fürs Priesteramt zuzulassen, war erst 1992 gefallen. Die ersten Weihen waren 1994. Ziemlich genau dazwischen traf Brueck ihre persönliche Entscheidung und meldete sich 1993 für die Ausbildung zum Priesteramt an. 1997 wurde sie zur Diakonin geweiht und 1998 zur Priesterin. Danach absolvierte sie eine dreieinhalbjährige Kaplanzeit.Dass sie bisher noch keine eigene Pfarrei betreute und lediglich in Teilzeit als Hochschul-Seelsorgerin arbeitet, hat private Gründe. Denn der Priesterweihe folgte ein Jahr später eine Heirat. Ehemann Martin ist ebenfalls Pfarrer, und mittlerweile sind beide stolze Eltern von Anna und Luke, drei Jahre beziehungsweise neun Monate alt.Es erscheint übrigens nur auf den ersten Blick überraschend, dass die Priesterin bei Besuchen in ihrem Geburtsort die Messen in der katholischen Kirche besucht. Inhalt und Form des Gottesdienstes hätten viele Gemeinsamkeiten.

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