Von der Markthalle zur Weinstube

Bernkastel-Kues · Ein Gebäude mit Geschichte: Im Erdgeschoss des Bernkasteler Rathauses wurde am 23. Juli 1914 die historische Ratsschänke eröffnet. Vor dem Bau der Weinstube diente die ehemalige Rathaushalle als Spritzenhaus und beherbergte eine Mehlwaage. Nach mehreren Besitzerwechseln befindet sich der Ratskeller heute im Besitz von Mario Schömburg.

Bernkastel-Kues. Das Rathaus der Stadt Bernkastel-Kues beherbergt seit dem 23. Juli 1914 eine besondere Weinschänke, den historischen Ratskeller. Vor dem Bau der Weinstube befand sich an deren Stelle eine offene Markthalle, die einst als Spritzenhaus sowie zur Beherbergung der städtischen Mehlwaage genutzt wurde.
Die Geschichte des Bernkasteler Ratskellers geht auf das Jahr 1907 zurück. Nachdem das Rathaus aus dem Jahr 1608 renoviert und erweitert wurde, plante man im Oktober 1907 die Einrichtung einer Schänke im Erdgeschoss des Renaissancebaus. Der damalige "Verein zur Wahrung hiesiger gewerblicher Einkünfte" aber war gegen dieses Vorhaben und bat den Trierer Regierungspräsidenten im April 1908 darum, die Konzession einer Rathausschänke zu verweigern.Langes Warten auf Genehmigung


Im Juni desselben Jahres äußerte auch der Provinzial-Konservator der Rheinprovinz Bedenken gegen den Einbau der Weinstube in die seinerzeit offene Rathaushalle. Er befürchtete, dass durch die Schließung der beiden Torbögen das "hochinteressante Renaissanceportal" im Inneren der Halle "fast unsichtbar" geworden wäre.
Gegen diese Bedenken erhob der Stadtrat am 23. Juli 1908 Einspruch und sagte, dass "die Front überhaupt nicht verändert wird, früher die Halle durch wenig schöne Holztore verschlossen war und der Ausbau der inneren Teile des Rathauses einer besonderen Genehmigung nicht bedarf". Des Weiteren protestierte der Rat auch gegen den Beschluss des Regierungspräsidenten, der am 8. Juli 1908 auf die Forderung des Gewerbevereins einging und eine Schankerlaubnis für das Rathaus ablehnte. Nach einer sehr langen Bedenkzeit von knapp zwei Jahren wurde die Schankgenehmigung am 23. Mai 1910 letztendlich doch erteilt. Außerdem entschied der Regierungspräsident, dass er mit einem Umbau der Rathaushalle einverstanden sei, wenn in die Torbögen "ein reiches schmiedeeisernes Gitter und dahinter eine verglaste Abschlusswand" eingefügt würde.
Es vergingen jedoch einige Jahre, bis das Vorhaben im Februar 1914 nochmals aufgegriffen und daraufhin verwirklicht wurde. Nun ging es in schnellerem Tempo vorwärts, sodass bereits am 16. März 1914 der Bau der Weinstube nach Plänen des Trierer Architekten Brand beschlossen wurde. Die Stadtverordneten verpachteten die Ratsschänke an den meistbietenden Weinhändler Franz Popp für jährlich 3000 Mark. Mit ihm beteiligten sich vier weitere Bieter an dem Unternehmen. Diese waren J. Blau (Schlosshotel = heutige Jugendherberge), A. Lauer Wwe. (Hotel Burg Landshut), J. P. Gassen (Hotel Drei Könige) und P. Dahm (Hotel zur Post).Viele Besitzerwechsel


Nach vollendetem Umbau der Rathaushalle konnte wenige Tage vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges die Eröffnung der Ratsschänke gefeiert werden. In den 1920er Jahren wurde das Lokal von J. Schumacher übernommen. Einige Jahre später pachtete Johann Josef Arns die Weinstube und restaurierte die Gaststätte. Im Jahre 1968 übergab Arns den Ratskeller wieder der Stadt Bernkastel-Kues. Nach weiteren Besitzerwechseln und Renovierungen befindet sich die Ratsschänke heute im Besitz von Mario Schömburg. phiExtra

 Die Bernkasteler Ratsschänke ist auch heute noch ein beliebter Anlaufpunkt für Weinfreunde. TV-Foto: Markus Philipps

Die Bernkasteler Ratsschänke ist auch heute noch ein beliebter Anlaufpunkt für Weinfreunde. TV-Foto: Markus Philipps

In zahlreichen Städten des deutschsprachigen Raumes gibt es Ratskeller beziehungsweise Ratsklausen. Diese befinden sich in der Regel innerhalb oder in direkter Nähe eines Rathauses. Zu den bekanntesten Ratskellern in Deutschland zählen der Ratskeller zu Lübeck und der Bremer Ratskeller, in dem auch Moselweine angeboten werden. In vielen Städten der USA, die durch deutsche Einwanderer geprägt wurden, findet man ebenfalls Ratskeller. Diese amerikanischen Ratsklausen befinden sich zumeist im Mittleren Westen oder in Neuengland. Ein Beispiel hierfür ist der Punk-Club "The Rathskeller" in Boston. phi

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