Von Jahren der Not geprägt

Hoxel · Die 83-jährige Klara Schlarp fühlt sich wohl in Hoxel, ihrem Heimatort, der ihr Annehmlichkeiten wie monatliche Senioren-Ausflüge bietet. Ihr heutiges Leben weiß sie insbesondere dann zu schätzen, wenn sie sich ihre von Krieg und Nachkriegsnot geprägte Kindheit und Jugend vor Augen hält.

 Wer wie die 83-jährige Hoxelerin Klara Schlarp die Kriegs- und Nachkriegszeit erlebte, weiß Wohlstand heute zu schätzen. TV-Foto: Ursula Schmieder

Wer wie die 83-jährige Hoxelerin Klara Schlarp die Kriegs- und Nachkriegszeit erlebte, weiß Wohlstand heute zu schätzen. TV-Foto: Ursula Schmieder

Hoxel. Eine Zeitreise in die Vergangenheit würde Klara Schlarp nicht antreten wollen. Die Not während des Krieges und in den Jahren danach war viel zu groß, als dass sich die 83-Jährige ihre Jugendzeit zurück wünschen würde. Die mehrfache Großmutter und Urgroßmutter, die als jüngstes von acht Kindern aufwuchs, ist froh, "dass sich manches verändert hat". Doch der gesellschaftliche Wandel und der Wohlstand, in den Jüngere hinein geboren wurden, bereitet ihr auch Sorgen. Es wäre sicher gut, wenn auch Jüngere lernten, "wie man mit Wenig auskommen kann". Schließlich könnte es auch wieder schlechtere Zeiten oder eine Inflation geben. Dann könne nicht länger "aus dem Vollen" geschöpft werden, womit mancher dann wohl nicht zurechtkäme, befürchtet Schlarp auch mit Blick auf ihre fünf Enkel und acht Urenkel. Kinder und Kindeskinder hätten es dann möglicherweise sehr schwer.Dorf Geschichte(n)

In ihrer eigenen Kindheit und Jugend war Not alltäglich. Die Eisblumen an den Fensterscheiben ungeheizter Räume waren noch das kleinere Problem. Das größere waren Not und Hunger. Wer wie Schlarps Mutter keine Felder hatte, um Kartoffeln, Gemüse und Salat anzubauen, hatte nicht immer genug zu essen. Vor allem nach dem Krieg, wie sich Schlarp erinnert. Während des Krieges hätten sie noch Lebensmittel kaufen können. Später waren sie wie damals viele Leute auf Tauschgeschäfte angewiesen. Schlarps Mutter, seit 1942 Witwe, wusste daher die Pakete einer ihrer älteren Töchter zu schätzen. Die junge Frau arbeitete in einer Fabrik und schickte ab und an Hufnägel, die ihre Geschwister gegen Lebensmittel eintauschen konnten. "Man war gezwungen, hausieren zu gehen", erinnert sich die jüngere Schwester noch gut an die weiten Fußwege, die sie dafür in Kauf nahmen. Die Menschen hätten weniger aus Armut Not gelitten, sondern einfach, weil es für Geld nichts zu kaufen gab. Da half es auch nichts, dass die Hoxelerin schon als Jugendliche die kleine Rente ihrer Mutter aufbessern konnte. Während des Krieges lernte sie im Pflicht-"Landjahr" Melken und half bei Heu- und Kartoffelernte, so dass auch Lebensmittel ins Haus kamen. Ab 1946 arbeitete Schlarp in der örtlichen Holzwollfabrik, wo sie das Vierfache der Witwenrente ihrer Mutter verdiente. Dabei habe ihr Vater immer gearbeitet. Ab sechs Uhr morgens habe er Holz geschleppt in einem Morbacher Werk und sonntags in Morbach Pferde gefüttert.Ein Ende der "schlechten Zeit" habe sich erst mit Einführung der Deutschen Mark 1948 abgezeichnet. Mit der Währungsreform änderten sich für Frauen wie Schlarp nicht nur die wirtschaftlichen Bedingungen. Denn die Reparatur des während des Krieges bombardierten Hoxeler Viadukts brachte Arbeiter in die Dörfer, von denen einige dort blieben. Auch Klara Schlarp lernte so ihren Mann, einen Zimmermann, kennen, den sie 1950 heiratete. Heute lebt sie bei ihrem jüngeren Sohn: "Da bin ich sehr gut aufgehoben", weiß sie zu schätzen.

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