Von New York ins Haus der Jugend

Wittlich · Ihr Musiklehrer am Gymnasium setzte sie in die letzte Reihe, weil sie zu unmusikalisch sei. Heute steht und singt sie auf den großen Bühnen dieser Welt mit Berühmtheiten wie Xavier Naidoo: Die gebürtige Klausenerin Anna Krämer tritt im Rahmen der Wittlicher Kulturtage auf.

 Anna Krämer als Lola Blau – mit diesem Programm gastiert sie am 22. September in Wittlich.Foto: privat

Anna Krämer als Lola Blau – mit diesem Programm gastiert sie am 22. September in Wittlich.Foto: privat

Wittlich. Sängerin und Schauspielerin: Dass das ihr Weg sein würde, war für Anna Krämer nicht selbstverständlich. Ihr Abitur machte sie 1990 in Wittlich. Über den Namen ihres damaligen Musiklehrers schweigt Anna Krämer, obwohl sie mit dem Gedanken spielte, sich nach über 20 Jahren endlich Revanche zu gönnen. "Musik-Drangsalier-Stunden" nennt sie heute den Unterricht in dem Fach, in dem sie heute eine Fachfrau ist. Es sei eine einzige Qual gewesen.Unvergessliche Augenblicke

 Freuen sich darauf, Anna Krämer in Wittlich zu erleben: Franz-Josef Schmit, Krämers ehemaliger Lehrer am Cusanus-Gymnasium, und Kulturamtschefin Elke Scheid. TV-Foto: Rosemarie Schmitt

Freuen sich darauf, Anna Krämer in Wittlich zu erleben: Franz-Josef Schmit, Krämers ehemaliger Lehrer am Cusanus-Gymnasium, und Kulturamtschefin Elke Scheid. TV-Foto: Rosemarie Schmitt

"Hey Krämer, du bist ja so unmusikalisch! Setz dich besser mal in die letzte Reihe." An diesen Spruch erinnert sie sich und denkt heute: Vielleicht sollte sie dem Lehrer für diesen Satz sogar dankbar sein. Ihr Trotzkopf hat ihn als Herausforderung verstanden, sich um so mehr durchzusetzen. Auch über andere Hürden hinweg: Nicht einmal in der Theater-AG wurde die Jugendliche aufgenommen, die als Erwachsene die Bühnen erobert. "Ich habe zwar gleich in der Oberstufe das Fach Musik abgewählt, aber sie nicht mich", sagt Krämer. Bevor sie sich jedoch ganz der Musik zuwandte, wurde sie Grund- und Hauptschullehrerin: "Mit viel Leidenschaft und zu viel Nerven." Erst als sie einige Zeit später an der Grundschule, an der sie gearbeitet hatte, ein selbst geschriebenes Musical inszenierte, fühlte sie sich ganz und gar in ihrem Element. Ihre Ansprüche waren sehr hoch, sie wollte kein "Schultheater", sondern eine professionelle Aufführung. "Es war harte Arbeit, die sich am Ende ausgezahlt hat. Wenn man von den Kids hört, dass sie gemerkt haben, was dabei herauskommen kann, wenn man an sich glaubt, dann weiß man, dass man irgend etwas richtig gemacht hat!"Dass Anna Krämer mehr als nur irgendetwas richtig gemacht hat, beweist ihr Erfolg. Welches ihr größter gewesen sei, vermag sie gar nicht zu sagen. Sie nennt nicht eine einzelne Produktion als vielmehr Momentaufnahmen, die unvergesslichen Augenblicke, auch hinter der Bühne. Und davon gibt es viele. Wie etwa der Schlussapplaus bei ihrem ersten großen Musical "Human Pacific", als sie neben Xavier Naidoo und Darius Merstein auf der Bühne stand, und alle dachten, die Sterne greifen zu können. Dies sei ein unbeschreibliches Glücksgefühl gewesen. Unvergesslich bleibt Krämer aber ganz besonders ihr Auftritt im New Yorker Off-Off-Broadwaytheater mit "Heute abend: Lola Blau". Und mit eben diesem Programm ist sie am 22. September zum ersten Mal als Künstlerin zu Gast in Wittlich.Keine Zeit für Urlaub in WittlichDoch so sehr sie auch ihre Eltern, die Ruhe und die gute Luft der Heimat vermisst, Zeit für einen Urlaub in der Region bleibt ihr nicht. Am Tag zuvor und bereits zwei Tage nach ihrem Auftritt in Wittlich ist Krämer mit ihrem Musikkabarett "Twotones" unterwegs. In Wittlich freut sich die Sängerin besonders auf die Begegnung mit ihrem ehemaligen Deutschlehrer Franz-Josef Schmit, der Mitinitiator der Aufführung in Wittlich ist. "Er hat mir und vielen anderen durch seine aufrichtige und engagierte pädagogische Ader viel Selbstvertrauen gegeben und Horizonte eröffnet", sagt Krämer, die sich gerne an ihre Schulzeit und das Cusanus-Gymnasium erinnert. Einige Mitschüler sind noch heute enge Freunde. Erst im Dezember letzten Jahres feierte sie mit drei Schulfreundinnen ihren 40. Geburtstag. Anna Krämer lebt mit ihrem vierjährigen Sohn Phil und ihrem Lebensgefährten, dem Saxofonisten Tommy Engelhart, seit inzwischen sechs Jahren in Schwetzingen. Zu den Konzerten darf Phil natürlich mit. Er war sogar dabei, als Mama ihren großen Auftritt in New York hatte.Dass der Beruf der Künstlerin offensichtlich noch immer nicht zu den "anständigen" gehört, bestätigen ihr übrigens Fragen wie: "Was machen Sie eigentlich tagsüber?" "Oh, Sie sind Sängerin! Ist das besser als arbeiten?" Ob Anna Krämer, die auch Gesang unterrichtet, trotzdem eine berufliche musikalische Laufbahn ihres Sohnes unterstützen würde, wenn er diesen Weg gehen möchte? Wenn ihre Schüler sie diesbezüglich um Rat fragen, sagt sie, ihre Antwort sei nicht wichtig, denn: "Wenn du es wirklich willst, kann und soll dich nichts davon abbringen."Leider, so Krämer, habe das Musikgeschäft immer weniger mit Talent zu tun, doch sie glaubt nach wie vor daran, dass Qualität sich durchsetzt. "Heute Abend: Lola Blau" von Georg Kreisler: Am Donnerstag, 22. September, 19 Uhr, werden auf Einladung der Stadtbücherei Wittlich im Haus der Jugend in Wittlich Anna Krämer und Joe Völker das Leben der Lola Blau mit viel Musik darstellen. Zum Inhalt: Lola Blau, eine jüdische Schauspielerin, freut sich auf ihr erstes Engagement am Linzer Stadttheater. Aber der Einmarsch Hitlers zerstört ihre Träume. Sie steht dem Antisemitismus ratlos und ohnmächtig gegenüber und kämpft für ihren eigenen Platz an der Sonne. Sie erkennt dabei: Jeder muss versuchen, die Hindernisse, die die Sonne verstellen, für alle aus dem Weg zu räumen. Am 30. November 2011 kommt Anna Krämer mit ihrem Ensemble ins Casino am Kornmarkt nach Trier. Veranstalter ist der Zonta-Club Trier. romi

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