Von Pünderich über Mailand nach Nicaragua

Pünderich. Mit Lucia Mense war beim letzten Konzert in der Wittlicher Synagoge eine Künstlerin zu Gast, die ihre Wurzeln an der Mosel hat, deren Name aber inzwischen weit über das Gebiet der Bundesrepublik hinaus bekannt geworden ist. Als Dozentin für Blockflötenspiel kennt man sie sogar in Nicaragua.

 Die moderne Musik erfordert es auch schon einmal, dass man zwei Blockflöten auf einmal spielen muss. Lucia Mense bei der Probe zu ihrem Konzert in der Wittlicher Synagoge.Foto: Gerhard Kluth

Die moderne Musik erfordert es auch schon einmal, dass man zwei Blockflöten auf einmal spielen muss. Lucia Mense bei der Probe zu ihrem Konzert in der Wittlicher Synagoge.Foto: Gerhard Kluth

Die Blockflöte ist wahrscheinlich das am meisten verkannte Musikinstrument, das es gibt. Von vielen wird es als das Kinderinstrument schlechthin angesehen, das es zu lernen gilt, bevor etwas "anständiges" in Frage kommt. Wer so denkt, wird wahrscheinlich sehr erstaunt sein, wenn er beispielsweise Lucia Mense in einem Konzert, wie kürzlich, als sie in der Wittlicher Synagoge beim Musikkreis der Stadt Wittlich zu Gast war (der TV berichtete), erlebt. Mainz, Pünderich, Köln, Amsterdam, Mailand und wieder Köln. Das sind wichtige Stationen im Laufe von Menses bisherigem Leben. "An Mainz kann ich mich allerdings nicht mehr erinnern", sagt Mense. "Dort bin ich zwar geboren, danach aber war sofort Pünderich meine Heimat." Hier machte sie auch die erste Bekanntschaft mit der Blockflöte. Ihre Mutter war es, die ihr und auch ihrer Schwester im wahrsten Sinne des Wortes die ersten Flötentöne beibrachte. "Das Instrument hat mir gefallen, es sprach mich an. Deshalb bin ich auch dabei geblieben, als ich dann zur Musikschule ging. Dort hat Gerda Koppelkamm den Unterricht übernommen und auf dem aufgebaut, was meine Mutter mir bis dahin beigebracht hatte." Nach dem Abitur, das sie am Gymnasium in Traben-Trarbach machte, ging Mense nach Köln an die dortige Musikhochschule. Auch dort blieb sie "ihrem" Instrument treu und schrieb sich bei Professor Günther Höller, einem der führenden deutschen Blockflötisten, ein. Das Studium in Köln schloss sie mit dem Konzertexamen ab. Wenn man Mense begegnet, hat man den Eindruck, sie sei, trotz aller Perfektion, die man bei ihr erlebt hat, immer noch auf der Suche, als sei sie nicht ganz zufrieden. Und tatsächlich reichte ihr die Ausbildung in Köln nicht. Sie machte sich auf nach Amsterdam, um ihre Studien am berühmten Sweelinck Conservatorium bei Professor Walter van Hauwe weiter zu führen (Abschluss ebenfalls mit dem Konzertexamen). Aufbaustudien folgten bei Pedro Memelsdorff an der Civica Scuola di Musica in Mailand und Marijke Miessen, wieder in Amsterdam. Erleichtert wurde ihr, zumindest auf materiellem Gebiet, diese umfangreiche Studienzeit durch ein Stipendium der Stiftung "Kunst und Kultur Nordrhein-Westfalen". Was sich lapidar nach reiner Unterstützung anhört, ist tatsächlich ein Gütesiegel für den Geförderten. Die Statuten der Stiftung sprechen ganz klar von der "Förderung des besonders begabten künstlerischen Nachwuchses". Glaubt man, Mense hätte sich mit Leib und Seele allein der alten Musik verschrieben und schwelge nur in den Tongeflechten des 15. bis 17. Jahrhunderts, liegt man falsch. Wie Mense bei ihrem Wittlicher Konzert eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, weiß sie auch mit der modernen Musik - etwa eines Karl-Heinz Stockhausens - bestens umzugehen. Verschiedene Komponisten, darunter auch der Wittlicher Julian Klein, haben Mense ihre Werke schon zur Uraufführung anvertraut. Ihr Können wissen nicht nur die Konzertbesucher zu schätzen. CD-Einspielungen mit ihr gibt es bei verschiedensten internationalen Labels und auch bei Rundfunkanstalten (WDR, SWR, Radio Bremen und DLF) ist sie ein immer wieder gern gesehener Gast. Ebenso ist sie immer wieder bei großen Festivals vertreten, so in Schleswig-Holstein, bei den Tagen Alter Musik in Herne oder bei der Waterford New Music Week in Irland. Als Dozentin trifft man sie in der Folkwang-Hochschule in Essen, am Orange Coast College in Kalifornien, im Centro Cultural in Managua/Nicaragua und bei großen Blockflötenherstellern.

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