Von Schlangenfichte und Hilsbruch

HUNSRÜCK/BERNKASTEL-WITTLICH. Die Schlangenfichte bei Hilscheid, der Kaiserbaum bei Bernkastel-Kues, der Oberschockelbruch bei Morbach: Sie alle waren einmal Naturdenkmal und wurden jetzt "gelöscht", so der verwaltungstechnische Begriff.

75 Naturdenkmäler füllen drei DIN-A4-Seiten einer öffentlichen Bekanntmachung, und die gibt dem Normalbürger Rätsel auf. Was bedeutet es, wenn es etwa zum Hochmoor Hilsbruch bei Morscheid-Riedenburg, das ja noch existiert, in der Liste heißt: "Das Naturdenkmal wird gelöscht"? Ein Zusatz, der sich bei den 75 Posten auch beispielsweise bei der "Friedenseiche von 1870/71, Gemarkung Traben-Trarbach, oder dem "Oberschockelbruch" bei Morbach findet. Sind dem Kreis plötzlich alle alten Bäume abhanden gekommen, die Quellen versiegt oder gar die Morbacher Hochmoore vertrocknet? Wie kann ein Naturdenkmal plötzlich als "gelöscht" aus den Akten verschwinden, wo man doch weiß, dass ein Denkmal normalerweise zu erhalten ist, was manchem Denkmal-Besitzer bekanntlich nicht immer Anlass zum Stolz gibt auf das geschichtliche Erbe, das gepflegt sein will. Allerdings sind über die Jahrzehnte einige Naturdenkmäler zu Kartei-Leichen geworden. Hermann Brück, zuständiger Geschäftsbereichleiter bei der Kreisverwaltung, erklärt: "Es gibt Unter-Schutz-Stellungen seit den 30er- und 40er Jahren. Die haben sich über die Jahre addiert zu einer großen Summe von Vorgängen. Die wollten wir jetzt auf den aktuellen Stand bringen." Am Beispiel der vielen als Denkmal nun "gelöschten" Bäume macht Hermann Brück klar: "Da waren Bäume dabei, die zu Kaisers Zeiten und früher gepflanzt wurden. Es ist ein normaler biologischer Prozess, wenn die heute nicht mehr existieren oder vielleicht aus Verkehrssicherheitsgründen gefällt wurden. All diese jetzt veranlassten Änderungen sind im Landespflegebeirat bestätigt worden. Und die Löschung bedeutet nicht unbedingt, dass das ehemalige Naturdenkmal nicht mehr da ist." So kann es auch sein, dass manche ehemaligen Naturdenkmäler die Voraussetzungen, die ein Naturdenkmal heute haben muss, nicht mehr erfüllen. Vor dem jetzt offiziellen Erlass seien alle Eigentümer und Gemeinden sowie die Landespflegeverbände gehört und zu Stellungnahmen aufgefordert worden. Brück weiter: "Dann müssen wir im Rahmen der Rechtsverordnung die Löschungen und Änderungen veröffentlichen. Der Vorgang ist im Verfahren so vorgesehen."Zum Teil "doppelt gemoppelt"

Dass ein Objekt als Naturdenkmal gelöscht wird, bedeutet nicht unbedingt, dass es kein Denkmal mehr ist. So ist es zum Beispiel bei der Burscheider Mauer bei Landscheid. Landscheids Ortsbürgermeister Ulrich Müller: "In diesem Fall ist es so, dass die Burscheider Mauer ja schon Kulturdenkmal ist, und das auch bleibt. Warum sie auch ein Naturdenkmal war, ist unbekannt. In unserer neuen Karte ist sie jedenfalls als Kulturdenkmal eingetragen." Für die Karten der Zukunft ist die Aktualisierung auch aus Privat-Nutzersicht angebracht. Wer pilgert schon gerne zu einem Naturdenkmal, das zwar auf dem Papier - etwa auf Karten als "ND" gekennzeichnet - existiert, aber längst Geschichte und unauffindbar ist? Die Löschung scheint auch unproblematisch, wenn es sich gleichzeitig um ein Kulturdenkmal handelt, das weiterhin beispielsweise in Wanderkarten mit der Bezeichnung "KD" extra hervorgehoben wird. Ähnlich verhält es sich mit Löschungen wie im Fall der Hochmoore bei Morbach. Sie liegen in einem ausgewiesenen Naturschutzgebiet, weshalb die zusätzliche Unterschutzstellung als Naturdenkmal sozusagen "doppelt gemoppelt" war. Es soll einzelne Löschungen gegeben haben, mit denen der Eigentümer nicht einverstanden war. Hermann Brück: "Hintergrund ist etwa eine nachträglich von Menschenhand zwar mit viel Liebe und Aufwand geschaffene Situation, die allerdings nach den Kriterien der heutigen Landespflegegesetze nicht mehr den Voraussetzungen eines Naturdenkmals entspricht."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort