Von wegen Schweden!

Der Dreißigjährige Krieg (1618-48) war mit seinen Folgen und Seuchen wohl das schrecklichste Kriegsereignis, das die Eifel je erlebt hatte.

 So könnte der Soldatentrupp ausgesehen haben, der bei Steineberg mordete. Foto: Alois Mayer

So könnte der Soldatentrupp ausgesehen haben, der bei Steineberg mordete. Foto: Alois Mayer

Daun. Auf einer Karte "Bevölkerungsverluste durch Krieg und Seuchen 1618-1648" zählt die Eifel zu den Gebieten, die zwischen 33 und 66 Prozent an Bevölkerung abnahm. Für den Kreis Daun lassen sich Zahlen ermitteln, nach denen jeder zweite infolge des Krieges sein Leben lassen musste. Ganze Dörfer und Siedlungen verschwanden gänzlich von der Karte. Zahlreiche Pestkreuze, Berichte und Urkunden beweisen dies bis heute.

Auch bei Steineberg ereignete sich am 11. Juni 1644 ein dramatisches und tragisches Geschehen. Soldaten metzelten zahlreiche Bauern ab. Die genaue Zahl, Namen oder Orte sind nicht bekannt.

In Zeitungsberichten und Schulchroniken wurde dieses erschütternde Ereignis, besonders während des Dritten Reiches, als Heldenepos hochstilisiert, bei dem unschuldige Bauern bei einer Schlacht von den Schweden umgebracht wurden. Bei genauerem Forschen kann festgehalten werden: Es war keine Schlacht, eher ein Abschlachten wehrloser Menschen. Die bei diesem Gemetzel erwähnten Soldaten waren auch keine Schweden, sondern die eigenen Verbündeten - es handelte sich um katholische Lothringer.

Im heutigen Vulkaneifelkreis Daun sind während des Dreißigjährigen Krieges keine Schweden nachweisbar, auch wenn Sagen dies behaupten oder Namen, wie "Schwedenschanze", "Schwedenhöhle" oder andere dies andeuten. Die verrohte, plündernde und mordende Soldateska im Kreis sollte aber angeblich der Beschützer und Verteidiger der Bevölkerung sein. Aber im Großen und Ganzen waren sie nicht besser und schlechter als die Schweden oder alle anderen Söldnertruppen der damaligen Zeit.

Den besten Beweis dazu liefert unter anderem ein Bettel-Brief des Weinfelder Pfarrers Johann Scheidt, den dieser am Tage nach dieser "Schlacht bei Steineberg" am 12. Juni 1644 an seinen Wohltäter und "Arbeitgeber" (= Kollator) Johann Simon Zandt von Merl nach Brüssel schrieb. Daraus geht hervor, dass die Bauern von Demerath, Steineberg, Steiningen und Umgebung mit ihrer Habe und Vieh Richtung Steineberger Ley geflüchtet waren. Sie wollten dort im Wald und hinter den Ringwällen Schutz suchen. Aber sie wurden entdeckt und von einer starken lothringischen Abteilung niedergemetzelt.

Von der nationalsozialistischen Interpretation eines deutschen Bauernaufstandes oder einem Rachefeldzug kann nicht die Rede sein, wie es damals unter anderem in der Trierer Zeitung zu lesen war: "Die Schlacht bei Steineberg lebt fort als ein Freiheitskampf aller Eifelbauern, die als Grenzlandvolk Grenzlandschicksal wurden."

In freier Übersetzung lautet das Schreiben des Weinfelder Pfarrers:

"Unschuldig und jämmerlich ums Leben gekommen"



"An Hochwürdigen und Wohlgeborenen Herrn, Herrn Johann Simon Zandt von Merl, Erbvogt in Hamm, des Adligen Stiftes zu Brüssel.

Hochwürdig und Wohl Edelgeborener Gnädiger Herr! Ich kann nicht umhin, Euer Hochwürden und Gnaden zu berichten, was sich gestern Morgen hier ereignet hat: eine starke lothringische Soldatenabteilung hat bei Demerath Leute und Vieh überfallen, die sich aus verschiedenen Dörfern dorthin geflüchtet haben. Sie haben sie überwältigt und getötet. Dabei ist auch der Herr Pastor zu Wollmerath unschuldig und jämmerlich ums Leben gekommen."

Dann schildert Scheidt weiter seine persönliche Not und Armut und bittet um finanzielle Unterstützung, wofür er dann für seinen Wohltäter "nit underlaßen will, die Tag meines Lebens mit einem embsigen Gebett zu Gott und wie es sonsten nur geschehen kan, under-thänig Fleißes zu verdienen... Dhaun, den 12. Juny 1644, Euer Hochwürden und Gnaden underthenig gehorsambster Diener Johannes Scheidt, Pastor in Weinfeld."

An diese Morde wurden die Pfarrkinder der Pfarrei Mehren jedes Jahr erinnert, denn bis kurz vor den Ersten Weltkrieg wurde in der Pfarrkirche jährlich eine Messe für die Opfer bei Steineberg gelesen ("pro occisis prope Steineberg").

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