Vor Pauschalurteilen hüten

Zur Diskussion um die Scherl-Ausstellung in Wittlich diese Lesermeinung:

Wenn Herr Khoschlessan den "Spiegel der Wahrheit" über Hanns Scherl halten will, sollte er sich vor Pauschalurteilen hüten. Das Gegenteil aber tut er, wenn er Scherl zum "Nazi-Künstler" abstempelt und Wittlich vorwirft, diesen zu "bejubeln" und somit kulturell noch unter das Niveau der Wittlicher Senke zu fallen.

Auf welche Fakten stützt Herr Khoschlessan sein Urteil über Scherl? Er beruft sich pauschal auf "etliche Kunsthistoriker", ohne deren Namen zu nennen, und lobt die "Zivilcourage" des Dr. Calleen, den Künstler Scherl zu "entlarven". Nicht bekannt ist ihm offensichtlich die auf geschichtliche Dokumente gestützte und den Kontext der NS-Zeit berücksichtigende Abhandlung von Franz-Josef Schmitt über Hanns Scherl und den ihm befreundeten Peter Kremer (veröffentlicht im Kreisjahrbuch Bernkastel-Wittlich 2010). Diese akribische Untersuchung, die sich zudem durch ein ausgewogenes Urteil auszeichnet, ist Pflichtlektüre für einen jeden, der sich zu Scherls NS-Vergangenheit äußert.

Schmitt resümiert: "In der Weise, wie Scherls angebliche so ,braune' Vergangenheit 2007 teilweise bewusst oder auch vielleicht gegen besseres Wissen instrumentalisiert worden ist, muss leider eine Kontinuität des Diffamierens gesehen werden, die eigentlich mit dem 8. Mai 1945 hätte überwunden sein müssen."

Vollkommen überflüssig ist der Rat Herrn Khoshlessans, Wittlich solle sich endlich zu seiner Vergangenheit bekennen. Das hat Wittlich bisher bereits in vorbildlicher Weise getan, was gewiss auch der Arbeitskreis "Jüdische Gemeinde" bestätigen wird. Unter dem Aspekt offener und kritischer Auseinandersetzungen mit der NS-Vergangenheit kann Wittlich guten Gewissens die geplante "Hanns-Scherl-Ausstellung" durchführen.

Erwin Schaaf, Kinderbeuern

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