Wald macht Kinder fit und froh

NIEDERÖFFLINGEN. Die Wissenschaft bestätigt, was Eltern und auch Lehrer sagen: Kinder aus dem Waldkindergarten sind robust und äußerst fit in Sachen Natur und im Sozialverhalten.

Ein kalter Morgen im Schnee bedeckten Wald bei Niederöfflingen. Dick eingemummelt klettern drei Mädchen munter auf Bäumen herum. "Ich bin die Mama, der Papa ist tot, und das sind die Kinder", sagt Jana und zeigt auf die beiden anderen. Gleichzeitig wird am anderen Ende der Lichtung gebuddelt. "Wir suchen einen Schatz", sagt Julian. Mit Hilfe von Ästen haben er und seine Kumpanen Löcher in den gefrorenen Boden gemeißelt. Ein ganz normaler Tag bei den 18 Wichteln vom Waldkindergarten. Scheinbar zufrieden und ohne viel Lärm zu verursachen beschäftigen sie sich. Kindergartenleiterin Margit Kiewel, die die Kinder mit einer Kollegin betreut, erklärt: "Wir sind bei jedem Wetter am Vormittag draußen. Jetzt ist gerade freies Spielen angesagt." Auch im Waldkindergarten haben die Tage eine feste Struktur. Freispiel, Frühstück, Vorlesen und Spielkreis. Regelmäßig gibt es zudem Koordinations- und Konzentrationsübungen sowie Spaziergänge mit dem Förster. Am Nachmittag geht es drinnen, im konsumreduzierten Kindergarten, in dem auch die Wiesengruppe haust, um Musik und Kreativität. "Als wir vor sechs Jahren mit dem Waldkindergarten angefangen haben, waren die Eltern skeptisch", erinnert sich Margit Kiewel. Zu nass, zu schmutzig, die Bildung kommt zu kurz - so lauteten damals die Vorurteile. Sie haben sich nicht bestätigt. Der Waldkindergarten ist längst gut angenommen, sogar Anfragen aus anderen Kindergartenbereichen trudeln ein."Bei Regen hatten Kinder noch mehr Spaß"

Martina Becker, Mutter von Zwillingen meint: "Meinen Kindern hat es gut gefallen, ich würde es wieder so machen. Wenn es geregnet hat, hatten sie noch mehr Spaß. Die Kinder brauchen nur die richtigen Kleider." Seit der Zeit im Waldkindergarten seien die heutigen Viertklässler kaum noch krank gewesen. Auch andere Eltern bestätigen die gesundheitliche Robustheit der Kinder. Doch nicht nur Eltern sehen den Waldkindergarten positiv. Franck Neygenfind, Leiter des Forstreviers Öfflingen, der einmal pro Woche mit den Kindern im Wald unterwegs ist, schwärmt: "Enorm, was man den Kindern über das Ökosystem vermitteln kann! Das geht hin bis zu Begriffen wie Fotosynthese." Sie hätten ein tiefes Empfinden für den Wechsel der Jahreszeiten entwickelt, und ihre Grob- und Feinmotorik sei sehr gut geschult. "Die Kinder springen zum Teil besser über den Bach als ihre Mütter." Positives Echo auf den Waldkindergarten kommt auch von den Schulen. Edith Wimmer, Grundschullehrerin in Hasborn mit 20-jähriger Berufserfahrung, sagt: "Ich bin total begeistert. Die Kinder gehen sehr viel sensibler mit der Umwelt um, sie wissen beispielsweise, dass man Tiere im Wald nicht stören darf." Sie seien in der ersten Klasse auch viel disziplinierter gewesen als die anderen, konnten besser selbstständig arbeiten und hätten gleichzeitig ein sehr gutes Sozialverhalten gezeigt und gut zusammengearbeitet. Nachdem es Waldkindergärten in Deutschland seit '68 gibt, bestätigen wissenschaftliche Arbeiten mittlerweile deren positive Auswirkungen. Neben den genannten wird den kleinen Wald-Besuchern auch hohe Kreativität und Konzentrationsfähigkeit sowie eine gute Wahrnehmung zugeschrieben. Für alle Kinder würde Kiewel diese Form des Kindergartens dennoch nicht empfehlen. "Wir bieten vier Wochen Schnupperzeit an, dann soll das Kind selbst entscheiden." In der Region gibt es im Kindergarten St. Peter in Bitburg noch eine Waldgruppe, mit der auch gute Erfahrungen gemacht wurden. Die Kinder dort sind drei Tage pro Woche draußen.

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