"Waldbesitzer sind die Ölscheichs von morgen"

TRIER-SAARBURG. Ein neues "hölzernes Zeitalter" ist angebrochen: Als Reaktion auf die enorm gestiegenen Energiepreise entdecken die Menschen in der Region den Brennstoff Holz wieder.

Blick in die jüngste Vergangenheit. Sommer 2005: Der Preis für Erdöl eilt von Rekord zu Rekord. Im August liegt der Ölpreis 50 Prozent über dem Vorjahreswert. Politische und metereologische Stürme peitschen den Preis weiter in die Höhe. - Winter 2005: Es schneit und stürmt im Münsterland. Etliche Strommasten knicken um. Hunderttausende Menschen sitzen bei eisigen Temperaturen tagelang ohne Strom. - Silvester 2005: Russland und die Ukraine streiten sich um die Gaspreise. Daraufhin dreht Russland kurzerhand den Gashahn zu. Innerhalb kürzester Zeit wird in Europa das Gas knapp. Und auch in die Haushalte der Region flattern Briefe, die eine zehnprozentige Anhebung des Gaspreises pro Kilowattstunde ankündigen (der TV berichtete).Unabhängig vom Öl- und Gasmarkt

Über diese Entwicklung auf dem Weltmarkt kann Herbert Pütz, Landwirt aus Heckhuscheid (Kreis Bitburg-Prüm), nur milde lächeln. In den 1980er Jahren hat er in sein Haus und seinen Hof eine reine Holzheizung eingebaut. "Nach der Ölkrise hatten wir uns vorgenommen, unabhängig zu sein", erinnert sich Pütz. Bei den momentanen Erdöl- und Erdgaspreisen ist er froh über seine weitsichtige Entscheidung. Pütz sitzt auch förmlich auf der Energiequelle: Der Landwirt besitzt etwa vier Hektar Brennholz-Wald. Während Pütz sein Holz hauptsächlich selbst verfeuert, bringt der Rohstoff die Kassen anderer Privatwaldbesitzer und der Kommunen zum Klingeln. Die Nachfrage nach Brennholz ist in der Region um bis zu 50 Prozent gestiegen. Der Preisanstieg ist jedoch mit etwa fünf bis 15 Prozent - die Preise legen die Gemeinderäte oder Privatwaldbesitzer fest - noch moderat im Vergleich zum Öl- und Gaspreis. Auch wenn Holz so beliebt wie selten zuvor ist, wird der Rohstoff in der Region nicht knapp. "Nur in einwohnerstarken Gemeinden im Ruwertal (Kreis Trier-Saarburg) waren wir in diesem Winter teilweise ausverkauft", berichtet Bernhard Buss, Leiter des Forstamts Hochwald. Nicht nur in den gestiegenen Energiepreisen sieht Gundolf Bartmann, Leiter des Forstamts Trier, die verstärkte Nachfrage nach Brennholz. "Das hat auch mit dem Wohlfühlfaktor Holz zu tun. Die Leute wollen sich mehr bewegen, und sie wissen, dass sie beim Holzbeschaffen und Holzhacken etwas für sich tun und sie gleichzeitig an der frischen Luft sind." Mit Holz zu heizen oder zumindest hin und wieder romantische Abende am offenen Kamin zu verbringen, war bisher eher auf dem Land beliebt. Doch in diesem Winter stehen auch vermehrt Städter auf die Wärme durch Holz. "Unser Forstamt grenzt an Nordrhein-Westfalen an. Von dort ist die Nachfrage extrem groß. Auswärtige dürfen bei uns jedoch nur ein bestimmtes Kontingent kaufen und müssen mehr bezahlen", sagt Wolfgang Witzel, Leiter des Forstamts Gerolstein. "Waldbesitzer sind die Ölscheichs von morgen", sagt Witzel im Spaß, und fügt hinzu: "Öl und Gas sind endlich, aber Holz wächst nach." Die Forstamtsleiter der Region freuen sich über die derzeitige Entwicklung. Nun werde das Brennholz, das bisher ein Nebenprodukt der "Holzernte" für die Möbelproduktion war, besser genutzt. "Das dient der ökologischen Waldpflege", erklärt der Trierer Forstamtsleiter Bartmann. Gleichzeitig werde die heimische Wirtschaft unterstützt. Doch das Brennholz, das meist transportbereit am Waldwegesrand liegt, ist eine Verlockung für so manchen Holzdieb. In Hermeskeil (Kreis Trier-Saarburg) ließen sie sich auch nicht von der Größe abschrecken: Von Oktober bis Weihnachten wurden dort mehrere LKW-Ladungen mit vier bis fünf Meter langen Stämmen gestohlen. Wer in Wäldern Holz kaufen will, muss sich vorher beim Forstamt anmelden. Selbstständig losziehen und Holz einpacken ist verboten. "Was im Wald herum liegt, darf nicht einfach mitgenommen werden", sagt Joachim Rodenkirch, Leiter des Forstreviers Wittlich. Holzdiebe werden angezeigt. Einen Nachteil hat das Sammeln von Brennholz: Es ist nicht brennfertig, sondern muss noch zwei bis drei Jahre zum Trocknen gelagert werden. Fertig gescheiteltes Brennholz anzubieten, lohnt sich für die Forstreviere nicht. "Vor 20 Jahren haben wir das gemacht, aber die Aufarbeitung ist zu teuer", erklärt Karl-Heinz Bernardy vom Forstrevier Morbach. Die Einheitsgemeinde ist mit 3000 Hektar Fläche die drittgrößte waldbesitzende Gemeinde in Rheinland-Pfalz.

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