Warm ist es nur im Wasser

WITTLICH. Gerade einmal 1200 Nutzer sind seit Start der Freibadsaison in die Schwimmbecken des Vitelliusbades gesprungen. Grund: Wind und Regen. Dabei lässt es sich im Wasser selbst angenehm aushalten.

Sie stehen im Rollkragenpullover, dicker Jacke und langer Hose am Beckenrand - Bademeister sehen gemeinhin anders aus. Lutz Lindemann, stellvertretender Badebetriebsleiter des Vitelliusbades, winkt ab: "Wenn jemand in Not ist, spielt das keine Rolle." Allerdings gibt es derzeit auch niemanden zu retten: Im Spaßbecken zu seinen Füßen ist kein Schwimmer unterwegs. Ebenso wenig im Nichtschwimmerbecken und auf der Rutsche. Selbst die 20 000 Quadratmeter große Wiese, auf der sonst Hunderte dem Sonnenbaden frönen, ist schlichtweg leer. Im Schwimmerbecken dreht ein Mensch einsam seine Runden - der einzige Gast des weitläufigen Areals am Dienstagnachmittag. "Ich mache das jeden Tag", erklärt der Schwimmer, während er die Taucherbrille hochzieht, "das tut gut". Immerhin taucht dann doch eine Schülergruppe auf, unterwegs zum Schwimmunterricht. Das Problem: Seit Saisonstart herrscht unbeständiges und kaltes Wetter mit Wind und Regen. Zwar sind die Becken beheizt, und die Sonne ist immer wieder zu sehen: Die Kälte sorgt beim Sonnenbaden aber für Gänsehaut. Entsprechend mau sind die Zahlen: Nur knapp 1200 Badefreunde haben sich seit Mitte Mai ins Vitelliusbad verirrt. Zwar war auch 2004 ein vergleichbar mieses Bilanzjahr. Die Besucherzahlen für den gleichen Zeitraum liegen üblicherweise aber fünfmal höher. Im vergangenen Jahr zählte der Mai sogar 11 800 Gäste. Stellt sich die Frage, ob man nicht das teure Freibad (durchschnittliche Betriebskosten im Jahr: 268 000 Euro) bis zur Rückkehr der Hitze schließt. Doch die Becken müssen ständig gesäubert werden. Und: "Man bräuchte eine Woche, um die abgekühlten 3,8 Millionen Liter Wasser in den Becken wieder zu erwärmen", erklärt Lindemanns Vorgesetzter Thomas Berens. Das Wiederanheizen verschlinge zudem reichlich Gas. So bleibt nur die Hoffnung auf gutes Wetter - und eine zeitweilige Reduzierung des Personaleinsatzes.Nach fünf Minuten wird es warm

Besucher findet man eher in aller Frühe. Bei zehn Grad Außentemperatur dreht Henning Noll aus Enkirch munter seine Runden - zusammen mit fünf anderen Hartgesottenen. "Stammgäste", sagt Berens. "Da gibt es keine Tricks", erklärt Noll: kurz warm duschen, dann ins Wasser, "nach fünf Minuten ist Ihnen ausreichend warm". Ein anderer Badefreund genießt das sprudelnde Wärmebecken. "Müssen halt mehr beten", sagt er trocken auf die Frage nach dem Wetter, "mir macht es nichts aus." Auf zum Selbstversuch: "Brrr, ist das kalt", geht es einem beim Gang aus den Umkleidekabinen durch den Kopf. Über den Becken erkennt man einen leichten morgendlichen Kondensnebel. Noch kurz, aber nur ganz kurz unter die empfohlene Kaltdusche gestellt - dann geht es ins Wasser. Tatsächlich ist es angenehm warm, Stunden könnte man darin verbringen und den vielen Platz genießen. Daher geht es ohne anzustehen noch auf die Rutsche. Oben auf dem Turm ist jedoch angesichts der kalten Außenluft Schluss mit lustig. Und im schnellen Rutsch nach unten wünscht man sich nur noch eines: zurück ins Wasser.

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