Warum Thalfangs Bürgermeister Hüllenkremer die Vertrauensfrage gar nicht stellen darf

Thalfang · Marc Hüllenkremer, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Thalfang, wollte den VG-Rat mit der Ankündigung der Vertrauensfrage überraschen. Das gelang aber nur für einen Tag. Dann machte ihm die Kreisverwaltung einen Strich durch die Rechnung. Die nämlich vertritt den Standpunkt, dass Hüllenkremer gar keine Vertrauensfrage stellen darf.

 Der Verbandsgemeinderat Thalfang bei seiner Sitzung am Montagabend mit Bürgermeister Marc Hüllenkremer

Der Verbandsgemeinderat Thalfang bei seiner Sitzung am Montagabend mit Bürgermeister Marc Hüllenkremer

Foto: Klaus Kimmling

Bürgermeister Marc Hüllenkremer zeigt am Schluss der Sitzung des Verbandsgemeinderates Thalfang einen Anflug von Humor. "Jetzt habe ich für ein wenig Gesprächsstoff gesorgt", sagt er. Dabei hat er kurz vorher eine Lawine losgetreten. Der parteilose Verwaltungschef hat angekündigt, wie bereits am Montagabend gemeldet , in der nächsten Sitzung die Vertrauensfrage zu stellen. Der VG-Rat versuche ihn demontieren, begründet er sein Ansinnen.

Hüllenkremer wird aber wahrscheinlich nicht dazu kommen, die Vertrauensfrage zu stellen. "Das darf er nicht. Die Gemeindeordnung sieht das nicht vor ", so Manuel Follmann am Dienstag kurz nach 17 Uhr. Den ganzen Tag über hatten sich Mitarbeiter der Kommunalaufsicht den Kopf über die Frage zerbrochen, die der Trierische Volksfreund am Dienstagmorgen gestellt hatte. Denn so einen Fall gab es bisher nicht.

Zu den Pflichten eines hauptamtlichen Bürgermeisters gehöre es unter anderem, "loyal und vertrauensvoll mit dem Verbandsgemeinderat zusammenzuarbeiten", heißt es in der Begründung der Kreisverwaltung (siehe Extra). Hintergrund für die Aufregung des Verwaltungschefs dürfte die von CDU, SPD und FDP eingelegte Dienstaufsichtsbeschwerde sein. Darin geht es unter anderem um die fristlose Entlassung des ehemaligen Büroleiters Michael Suska und mögliche Verfehlungen bei Stellenbesetzungen und Höhergruppierungen von Mitarbeitern der Verwaltung. Derzeit befasst sich die Kommunalaufsicht mit der Beschwerde (der TV berichtete). "Ich will wissen, ob Sie weiter blockieren oder mit mir zusammenarbeiten wollen", sagt Hüllenkremer in Richtung von CDU, SPD und FDP.

Und es kommt noch dicker. Wie er dem TV bestätigt, hofft er sogar, dass ihm der Rat das Vertrauen entzieht und ein Abwahlverfahren (siehe Extra) in Gang setzt. Er tue dies aber nicht, weil er nach gut einem halben Jahr schon amtsmüde sei. "Ich bin nur den Bürgern verpflichtet, und ich will ihr Votum", sagt er. Er habe kurzfristig entschieden, die Vertrauensfrage zu stellen, sagt Hüllenkremer gegenüber dem TV. Am Dienstagabend war er für eine Stellungnahme zur Begründung der Kreisverwaltung nicht mehr zu erreichen.

CDU, SPD und FDP wehrten sich in der Sitzung gegen die Vorwürfe des Bürgermeisters. "Alles, was wir machen, wird uns vorgeworfen", sagt Detlef Jochem (SPD). "Wir wollen mit Ihnen zusammenarbeiten. Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist nicht nur unser Recht, sondern auch unsere Pflicht", erklärt Werner Breit (FDP). "Mir ist zum Beispiel nicht bekannt, dass wir Ihnen am Zeug flicken möchten", sagt Winfried Welter (CDU). "Ich höre kooperative Töne. Das freut mich", sagt Richard Pestemer (FWG).

Die zwei Ratsmitglieder der Freien stehen auf Hüllenkremers Seite. Doch Pestemer will noch mehr. "Nehmen Sie die Beschwerde vom Tisch", verlangt er. Das wird allerdings nicht passieren. Und es wird auch nicht ruhiger in der Thalfanger Festhalle. Als es um den Jahresabschluss 2012 geht, fordert Gereon Haumann die FWG-Leute auf, nicht weiter "mit Dreck zu schmeißen". "Wie bei Goebbels", antwortet Hubert Schu. Tumult im Saal: Haumann fordert eine Entschuldigung. Die kommt aber nicht. "Ich behalte mir weitere Schritte vor", sagt Haumann.

Unter den Zuhörern dominieren an diesem Abend die Hüllenkremer-Freunde. Es gebe viel Klüngel im Rat, heißt es. Hüllenkremer habe bei seinem Amtsantritt wahrscheinlich "ein paar Leichen im Keller gefunden" und entsprechend reagiert, sagen Michael Thiel und Kai Eiserloh (beide aus Heidenburg).Meinung

Kein guter Schachzug

Bürgermeister Hüllenkremer möchte, dass ein Abwahlverfahren gegen ihn in Gang kommt. Ist das Harakiri oder ein genialer Schachzug? Ein genialer Schachzug, wie es anfangs schien, ist es nicht. Das ist seit Dienstag klar. Ob es Harakiri ist, bleibt aber auch offen. Die erste Reaktion der Fraktionen lässt darauf schließen, dass die Zusammenarbeit gesucht wird. Hüllenkremer ist Jurist. Als solcher hätte er sich informieren müssen, ob er die Vertrauensfrage überhaupt stellen darf. Wahrscheinlich war er, wie für kurze Momente in der Sitzung, aber emotional so aufgewühlt, dass es zu einem Schnellschuss kam. Viel Aufregung um nichts also? Sicher nicht. Hüllenkremer ist nicht der Kandidat von CDU, SPD und FDP. Der Verwaltungschef sieht sich den Bürgern verpflichtet und vom Rat in seiner Arbeit blockiert. Das sind weiterhin keine guten Voraussetzungen für eine gedeihliche Zusammenarbeit. Das neue Jahr verspricht spannend zu werden. c.beckmann@volksfreund.deExtra: Pflichten des Bürgermeisters

Es gehört nicht zu den Aufgaben des Bürgermeisters, dem Verbandsgemeinderat die Vertrauensfrage zu stellen, heißt es in der Stellungnahme der Kreisverwaltung. Der hauptamtliche Bürgermeister sei aufgrund des geleisteten Amtseids und in seiner Funktion als hauptamtlicher Beamter der Verbandsgemeinde an Recht und Gesetz gebunden und für acht Jahre gewählt. Er sei in besonderem Maße auch dem VG-Rat verpflichtet. Wörtlich heißt es: "Daraus leitet sich auch die Pflicht ab, bei offensichtlichen Disharmonien zwischen Rat und Bürgermeister aktiv durch geeignete Maßnahmen auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit hinzuarbeiten. Dies kann beispielsweise durch die konkrete Erörterung der Gründe eines möglicherweise fehlenden Vertrauens erfolgen." Man müsse sich auf Standards einigen. Das setze eine vertrauensvolle Zusammenarbeit voraus. cb

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