Was wird wann, wo und von wem gegessen?

WITTLICH. Schaden kann es ja nichts, denken sich bundesweit tausende Bürger und plaudern über ihre Essgewohnheiten. Ein Befragungs-Team machte auch in Wittlich Station.

Drei Tage lang gastierten vier junge Ernährungswissenschaftlerinnen in Wittlich. Einen großen, freundlichen Raum im Haus der Vereine hatten sie angemietet, um 88 Säubrenner zwischen 14 und 80 Jahren nach ihren Essgewohnheiten zu fragen. Nicht alle kamen, aber das sind die Wissenschaftler gewohnt. "Immerhin ist die Ernährung etwas sehr Privates", erklärt Hellen Meyer, auch wenn die Daten später anonym bearbeitet werden. Deshalb müssten sie im Vorfeld deutlich auf ihrem Wunsch beharren, genau den Mann oder die Frau zu interviewen, den das Los getroffen hat. Denn die Studie soll am Ende repräsentativ sein: Keine Bevölkerungsgruppe darf vernachlässigt werden. Alte und Junge, Dicke und Dünne, mehr und weniger Gebildete, die mit viel und die mit weniger Zeit: Alles muss ran an den Speck. Schließlich geht es um eine neue, flächendeckende Studie, die an den Tag bringen soll, was wann, wie, von wem und wo gegessen und getrunken wird, und welche Auswirkungen das auf die Volksgesundheit hat. Die letzte Studie dieser Art wurde Ende der 80er-Jahre erstellt. Die DDR und die ehemalige Sowjetunion waren noch verriegelt, es gab deutlich mehr junge und weniger alte Menschen. Die Bevölkerungsstruktur und damit die Gewohnheiten haben sich seitdem jedoch stark verändert. Das ist auch der Grund, warum die ehemalige Verbraucherschutzministerin Renate Künast eine neue Studie in Auftrag gegeben hat. Nachfolger Horst Seehofer führt sie fort: Aus den Analysen der Essgewohnheiten, die sein Ministerium in Zusammenarbeit mit der in Karlsruhe ansässigen Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel zusammenträgt, werden sich zeitgemäße Richtlinien finden lassen. Vielleicht wird die nächste Generation sogar Ernährung als Pflichtfach in der Schule haben. Sind die Deutschen zu dick? Essen sie vielleicht zu viel tierische Eiweiße? Trinken sie zu viele Kohlehydrate? Bereiten sie sich überhaupt noch warme Mahlzeiten zu? Leben sie viel lieber von Fertigfutter, das die Mikrowelle binnen Minuten heiß macht? Sitzen sie beim Essen am Tisch oder liegen sie lieber auf der Couch? Noch weiß es niemand so genau. Ein weiterer Anruf in den nächsten Wochen

Deshalb gibt es Menschen wie Ulla Reis, die es wichtig finden, dass diese Erhebung gemacht wird. Rund eineinhalb Stunden hat sie sich gerade ausfragen lassen, wie und was sie isst und trinkt. Innerhalb der kommenden vier Wochen wird sie noch einmal angerufen und dezidiert Auskunft darüber geben, was am Vortag zu Hause auf den Tisch kam. Einen Tisch weiter sitzt Eduard Bertges, der von sich glaubt: "Ich ernähre mich normal, übertreibe nichts." Oft kauft er selbst ein und achtet stets auf das Verfallsdatum der Lebensmittel. Wie Josef Haier ist er dennoch sehr gespannt auf die Analyse seiner ganz privaten Essgewohnheiten, die ihm irgendwann ins Haus flattern wird. Denn das ist das Dankeschön Seehofers an die Bürger, die bei der Befragung mitmachen: Sie bekommen im Detail geliefert, was bei Ernährungsberatern eine ganze Stange Geld kosten würde. Noch ist Josef Haier fast sicher, dass er nicht allzu viel ändern muss: Immer noch ist er beneidenswert schlank und isst täglich frisches Obst - am liebsten Äpfel. Und das hat ja noch keinem geschadet.

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