Weddlia Platt doarf nit sterwen

Mundart macht blöde, dachte man in den 70er-Jahren. Im Gegenteil, weiß man heute: Mundart macht klug, verarbeiten Heranwachsende sie doch wie eine zweite Sprache. Die Gruppe Eingeborener, die nun im Café am Markt dem Weddlia Platt huldigte, hat das intuitiv schon immer gewusst.

 Mundart macht schlau, haben Wissenschaftler herausgefunden. So legen auch die Eltern des kleinen Justus Vogel Wert darauf, dass er Wörter wie Laiskaul, Krumbpansupp und Iwerzwersch lernt. TV-Foto: Petra Geisbüsch

Mundart macht schlau, haben Wissenschaftler herausgefunden. So legen auch die Eltern des kleinen Justus Vogel Wert darauf, dass er Wörter wie Laiskaul, Krumbpansupp und Iwerzwersch lernt. TV-Foto: Petra Geisbüsch

Wittlich. Forschungen bestätigen es: Wo Kinder ihren Dialekt und Hochdeutsch nebeneinander sprechen dürfen, lernen sie, zwischen zwei Sprachebenen hin- und herzuspringen und trainieren damit ihre Auffassungsgabe und die Fähigkeit zum abstrakten Denken. Aus dem Munde einer der Aktiven auf Wittlichs Plattabenden, Resi Schwab, klingt das in etwa so: "Uuser Weddlia Platt doarf nit sterwen!" Und dafür legte sie sich mächtig ins Zeug.Unschlagbar bleiben in jeder Mundart die Schimpfwörter, deren malerische Vielfalt diesmal Karl-Heinz Kaspari vortrug. Dillpes, Hinnerwärtsen, Trenteldippen, Kriemelscheißer, Biebesjengrossist, Knaschtsaak und Bankert klingen deftig und sind auch so gemeint. Sie alle stammen aus einer Zeit, als Wolfgang Metzen und Konsorten den Lüxemer Bauern noch den nachmittäglichen Krieg erklärten. Was übrig blieb, waren blaue Flecken, blutige Hemden, zerrissene Hemden und "Nasen so dick angeschwollen wie allerschönste Krumpernknollen". Denn, wer hätte das gedacht, die Lüxemer schlugen zurück mit Latten!Erinnerungen an die riesige Prozession gen Klausen weckte Renate Petry. In Zweierreihen rechts die Kerle, links die Frahleit, in der Mitte die Horde der Extraleit, so zogen sie singend und betend bis Pohlbach, wo nach einer groß angelegten neuerlichen Ordnungsaktion 2000 Mann das "Pohlbacher Speziallied" zum Besten gaben - und übrigens im Mai wieder um Besten geben: "Hier in diesem Jammertal." Vom Alltag einer Schüssel, die für Brei und Suppen, aber auch als Wanne für den Hintern des verschissenen Hanni und für die Schweißfeeß des Vaters herhalten muss, erzählte Adi Kaspari. Der Generation von Karl-Heinz Kaspari war Konditormeister Peter Mohr noch ein Begriff. Im weißen Arbeitskittel genehmigte er sich morgens einen Schoppen und kam auf dem kurzen Heimweg auf allerlei fiese Ideen. Da kippte ein Bauer aus Bergweiler zehn Zentner Kartoffeln in den Keller der Apotheke van der Vorst, in der irrigen Meinung, der Chef des Hauses habe sie bei ihm bestellt. Damals waren die Menschen, ganz wie ihre Sprache, noch geradeheraus, ließen die Polizei aus dem Spiel und lösten das Problemchen selbst. Der Apotheker behielt die Kartoffeln und zahlte den Bauern aus. Wer allerdings am folgenden Wochenende für eine betuchte Hochzeitsgesellschaft zwei üppige Eisbomben bestellte - "Geld spielt keine Rolle" - wurde nie aufgeklärt. Mohrs Pitta transportierte sie mehr schlecht als recht über die holprige Straße zum Pleiner Waldschlösschen, nur um dort vor dem Schild zu stehen: "Wegen Betriebsferien geschlossen." Karl-Heinz Kaspari weiß auch, wie dieser stadtbekannte Neistnutz zu seinem eigentlichen Namen "Mohrs Eschat" kam. Der passionierte Jäger war einst Zeuge, wie ein Kollege in Wittlichs Wäldern ein Eichhörnchen erschossen hatte. Mit erhobenem Zeigefinger und in seinem besten Hochdeutsch erklärte er diesem: "Ein Eschat ist kein jagdbares Wild." So etwas bleibt hängen.Unverzichtbarer Bestandteil der Mundartabende ist das gemeinsame Singen. Detlef Boor haute in die Tasten, während Brigitte Petry, Adi und Karl-Heinz Kaspari das Publikum aus voller Brust bei so mancher Wittlicher Hymne bis hin zum Bärschwailara Kampfleed unterstützten.Der Erlös aus den beiden bisherigen Mundartabenden, über 500 Euro, geht an den Verein "Ferien von der Pflege".

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