Weder Kuscheltier noch Kampfbestie

Hunderte Kinder haben mit den Hunden Vitus, Tasha und Miro den richtigen Umgang mit den Vierbeinern gelernt. In der Georg-Meistermann-Grundschule bringt Hermann Barth seit vier Jahren mit seinem Angebot "Tiere unsere Freunde" Ganztagsschüler und die kaltschnäuzigen Lehrer zusammen.

Wittlich. Wenn sich Hund und Kind begegnen, ist das nicht immer schön. Was wie ein Kuscheltier aussieht, kann beißen, knurren, Zähne fletschen. Damit das nicht passiert, gibt es in Wittlich Hunde in schulischer Mission: Tasha, Vitus und Miro "machen" Unterricht, zum Beispiel in der Georg-Meistermann-Grundschule. Dort stürmen Kinder auf die Tiere zu. Sie rufen, schreien, strecken ihre Hände nach ihnen aus.

Die drei kaltschnäuzigen Lehrer bleiben ungerührt, doch ihre Artgenossen haben diese Nerven nicht immer.

Und als Tasha später ihr beeindruckendes Gebiss zeigt, schauen die, die die Husky-Hündin von Michael Heinsch zuvor ungestüm umarmt haben, erstaunt. Ihnen dämmert, was so ein Gebiss alles kann. Vitus zeigt es ihnen. Er steht vor der Tafel und vertilgt ein Stück knüppelharte Rinderhaut.

Die Grundschüler haben vorher versucht, das Stück durchzubrechen. Keine Chance. "Das ist wie Kaugummi für den Hund", hat Carl Münzel gesagt. Er ist der Besitzer von Vitus und Miro. Die Kinder haben gelacht. "Krach, knack" - der Kaugummi ist weg. "Oh! Uuuh", rufen die Grundschüler. Manche verstecken ihre Hände hinterm Rücken, nur weg von dieser Schnauze. Ein Mädchen ruft: "Ich habe schon gesehen, wie ein Hund die Knochen vom Hühnchen alle mitgegessen hat." Carl Münzel sagt: "Überlegt mal, wenn das euer Finger wäre!" Das macht Eindruck. Zwei Schülerinnen nehmen später lieber einen Kochlöffel, um dem Labrador-Schäferhund-Mix ein Leckerli zu geben. Oder hat das hygienische Gründe? Denn auch das wird gelernt: Erst Hund anfassen, dann Hände waschen! Warum weiß Jens: "Weil da Schnudel an der Nase dran ist und Bakterien!" Diana und Meliha üben danach, an einem wartenden Hund vorbeizugehen: Ihm nicht in die Augen sehen, Abstand halten, vor dem Streicheln den Besitzer fragen. Das gilt auch für den niedlichen Miro im Klassenzimmer: Wer ihn anfassen will, muss fragen.

Anhand von einprägsamen Beispielen lernen



Hermann Barth schaut seinen Schülern und den Vierbeinern zu. Er ist zufrieden. Der 67-Jährige betreut seit vier Jahren Kinder im Ganztagsbetrieb der Schule. Er sagt: "Viele wissen nicht, wie Tiere tatsächlich leben. Es gibt welche, die haben noch nie eine Kuh gesehen." Deshalb kommen nicht nur die Hunde in die Schule, sondern die Kinder auch zum Bauernhof oder in den Reitstall. All das gehört zum Unterricht der speziellen Art unter dem Motto: "Tiere - unsere Freunde".

Die Dritt- und Viertklässler lernen: Zu dieser Freundschaft gehört Respekt. Darum geht es Carl Münzel und Michael Heinsch, die wissen, dass weder Vorstellungen vom Kuscheltier noch dem Kampfhund in der alltäglichen Begegnung von Mensch und Tier hilfreich sind. Sie zeigen, dass Vorsicht eine gute Grundhaltung ist. Ihre Beispiele sind einprägsam: Als ein Mädchen dem kleinen Miro plötzlich um den Hals fällt, macht Carl Münzel das Gleiche bei ihr. Die Schülerin weiß jetzt, wie unangenehm so ein Überfall ist, auch wenn er gut gemeint ist.

Zum Schluss sucht Spürnase Vitus ein verstecktes Handy. "Ja!" schreien die Kinder, als er es findet, und applaudieren. Selbst dann verliert der geprüfte Schulhund nicht die Nerven. Kein Wunder: Ihn haben schon über 600 Kinder im Unterricht erlebt und umgekehrt. Extra Tipps für Kinder Fremden Hunden nicht in die Augen schauen, sie können sich bedroht fühlen. Um fremde Hunde einen Bogen machen, auch wenn sie klein und niedlich aussehen. Immer den Hundebesitzer fragen, bevor man einen Hund streichelt. Nicht vor Hunden weglaufen, das weckt deren Jagdtrieb, und sie sind immer schneller als der Mensch. Auch mit dem Fahrrad einen Bogen um Hunde machen, mit Klingeln den Besitzer auf sich aufmerksam machen, langsam fahren. Hunde nicht beim Fressen stören, ihnen nie Futter wegnehmen. Nicht am Hundeschwanz ziehen oder drauf treten. Hunde behandeln, wie man selbst behandelt werden will: Nicht anschreien, nicht vor einem Hund herumzappeln, ihn nicht plötzlich anfassen, zwicken und so weiter. Daran denken: Der Hund hat keine Hände, vieles macht er mit seiner Schnauze, und darin hat er scharfe Zähne. Hände waschen, nachdem man einen Hund angefasst hat. Info: www.vitus-homepage.de; www.der-mit-dem-hund.de; www.hunde-helfen-kids.de

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