Wegbegleiter für Menschen mit Behinderung

Wittlich/Bernkastel-Kues · Das Zentrum für Teilhabe und Integration (ZTI) ist vor einem halben Jahr in der Feldstraße eröffnet worden. Es hilft 180 behinderten Menschen aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich, am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben.

 Uwe Koch an seinem Arbeitsplatz im Edeka-Markt Bernkastel-Kues. Die Brille schützt seine überempfindlichen Augen vor Licht. TV-Foto: Sebastian Gubernator

Uwe Koch an seinem Arbeitsplatz im Edeka-Markt Bernkastel-Kues. Die Brille schützt seine überempfindlichen Augen vor Licht. TV-Foto: Sebastian Gubernator

Wittlich/Bernkastel-Kues. Für Uwe Koch ist die Welt nur ein verschwommener Schwarz-Weiß-Film. Seit seiner Geburt leidet er an Achromatopsie, einer seltenen Sehbehinderung. Er sieht keine Farben, seine Augen sind extrem lichtempfindlich und sein Sehvermögen liegt bei 20 bis 25 Prozent. Trotzdem arbeitet Uwe Koch im Edeka-Markt in Bernkastel-Kues. Ohne das ZTI, so sagt er selbst, hätte er diesen Job wohl nicht bekommen.31 bezahlte Mitarbeiter

Das ZTI ist eine Service-Stelle des Deutschen Roten Kreuzes, eröffnet wurde es im Januar in einem unauffälligen Gebäude in der Feldstraße. Von dort starten derzeit 31 bezahlte und einige ehrenamtliche Mitarbeiter zu ihren ambulanten Betreuungen. Ihr Job: behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. "Im Prinzip sind wir wie ein Supermarkt für Menschen mit Behinderung", sagt Christoph Otten, Leiter des ZTI. "Wir haben Regale mit verschiedenen Dienstleistungen. Jeder kann sich die Dienstleistung aussuchen, die ihm schmeckt. Unser Angebot ist also sehr individuell."Wünsche werden berücksichtigt Vor einem halben Jahr kam Uwe Koch in diesen Supermarkt. Er war auf der Suche nach einem Job - für das ZTI keine leichte Aufgabe, denn Koch hatte seit 15 Jahren nicht mehr gearbeitet und ist fast blind. Die Mitarbeiter des ZTI halfen ihm beim Schreiben von Bewerbungen, simulierten Bewerbungsgespräche und nahmen schließlich Kontakt zum Edeka-Markt in Bernkastel-Kues auf. Dort arbeitet Koch jetzt seit Anfang April.Die Dienstleistung, die er im ZTI in Anspruch nahm, nennt sich "Job-Mentoring". Sie ist eins von vielen Angeboten des ZTI - neben ambulanter Wohnbetreuung, Familienunterstützenden Leistungen, Schulassistenz und der Integration behinderter Kinder in Kindergärten.Bei all diesen Angeboten ist eines ganz wichtig: Entscheidungen müssen gemeinsam mit den behinderten Menschen getroffen werden. Ihre eigenen Wünsche und Ideen werden berücksichtigt und die Betreuung danach individuell gestaltet.Dass dieser Ansatz funktioniert, zeigt sich an Uwe Koch: "Die ersten Arbeitstage waren anstrengend, aber ich fühle mich hier wohl und komme gut mit den Kollegen zurecht."Auch sein Chef Markus Petereit ist zufrieden: "Herr Koch ist sehr fleißig." Die Farbenblindheit seines Angestellten ist zwar ein Problem, doch dafür hat Petereit einen ganz einfachen Trick gefunden: "Ich sage nicht ,die grüne und die gelbe Kiste‘, sondern spreche von dunkel- und hellgrauen Kisten." Das ZTI in Zahlen: Derzeit arbeiten 31 haupt- und acht ehrenamtliche Mitarbeiter im ZTI. Sie betreuen im gesamten Landkreis rund 180 Menschen mit Behinderung. 170 000 Euro wurden in den Standort in der Feldstraße investiert. gub

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