Wein-Nachts-Markt eint Stadtrat

Traben-Trarbach · Dass sich die Traben-Trarbacher Stadträte in vielem politisch durchaus einig sind, hat die jüngste Sitzung gezeigt - beispielsweise im Hinblick auf die Planung des nächsten Wein-Nachts-Markts, die gestern festgezurrt worden ist. In den Debatten zeigt sich allerdings, dass die zwischenmenschlichen Gräben tief sind.

Traben-Trarbach. Das zerbrochene Wasserglas hatte Symbolkraft. Nur ein Versehen von Jutta Schneider, aber eben ein Symbol für die zerbrochene Fraktion. Just zuvor hatte sie ihren Rückzug aus dem Vorstand der Traben-Trarbacher CDU-Stadtratsfraktion erklärt. An ihre Stelle als Fraktionssprecherin tritt Rudi Müller. Er wurde in der Fraktionssitzung am Donnerstag im Amt bestätigt.
Schneider sollte seine Stellvertreterin sein - zusammen mit Jürgen Römer. Somit wären erneut beide Lager im Vorstand vertreten, vereinfacht gesagt: die CDUler, die politisch weitgehend auf einer Linie mit Bürgermeister Ulrich K. Weisgerber sind, und dessen Kritiker.
"Nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe und mir die Sitzung und die Akteure noch mal vor meinem geistigen Auge vorgestellt habe, teile ich nunmehr mit, dass ich dieses großzügige Angebot nicht annehmen werde", sagte Schneider mit ironischem Unterton. Sowohl die CDU-Kreisgeschäftsstelle als auch der Gemeinde- und Städtebund hätten bestätigt, dass die Wahl Müllers am 16. August nicht rechtmäßig gewesen sei. Demnach hätte Müller als stellvertretender Vorsitzender gar nicht zur Versammlung einladen dürfen.
Am Donnerstag habe sie aber erkannt, "dass sich die Hälfte der Fraktionsmitglieder in Abhängigkeiten befindet und von außen gesteuert wird". Deshalb mache für sie das Amt der Fraktionschefin keinen Sinn mehr. Sie werde als einfaches Stadtratsmitglied darüber wachen, "dass nicht nur Einzelinteressen weniger zur Ausführung kommen".
Müller sagte in seiner Erklärung: "Wir verpflichten uns, ab sofort ohne innerparteiliche Querelen zur Sachlichkeit und alten Stärke zurückzukehren, um konstruktiv auf der Sachebene zum Wohl unserer Stadt weiterzuarbeiten." Es sei der CDU bewusst, dass die persönlichen Differenzen in der Fraktion die sachliche Arbeit im Rat erschwert haben. Dafür entschuldige sie sich.
Eislaufbahn gesichert


SPD-Fraktionschef Hajo Weinmann stellte die Neutralität Müllers infrage. Er befürchte eine vorweihnachtliche Schlammschlacht. "Wir fordern die Mitglieder in der CDU auf, ihre innerparteilichen Querelen aus der Stadtratsarbeit herauszuhalten. Hören Sie auf, die Stadt mit ihren Bürgern in ein schlechtes Licht zu setzen." Römer konterte: "Es rührt mich fast, wie du um die CDU bemüht bist."
Jenseits dieser Scharmützel traf der Rat die meisten Abstimmungen an diesem Abend einstimmig. Alle Fraktionen waren sich einig, den nächsten Wein-Nachts-Markt mit auf den Weg zu bringen. Der Rat stimmte den Verträgen mit den Betreibern zu, die seit gestern auch unterschrieben sind: Das Moselschlösschen stellt den Markt in seinem Keller auf die Beine, die Firma Blickfang Werbung kümmert sich um den Betrieb der Schlittschuhbahn. Für den Brückenkeller soll noch ein Programm gestrickt werden.
Stadt und Tourist-Info organisieren die Veranstaltungen weitgehend ohne Kosten - unter anderem eine Lesung von Jacques Berndorf. Wie viel die Stadt maximal für den Wein-Nachts-Markt ausgibt, soll in der nächsten Stadtratsitzung besprochen werden, kündigt Pönnighaus an. In jedem Fall habe die Summe ein "überschaubares Maß".
Die Fraktionen lobten das privatwirtschaftliche Engagement. Diese Lösung sei das Ergebnis vieler Einzelgespräche und großer Überzeugungskraft, sagte Weinmann. FDP-Sprecherin Monika Boor-Caspari erklärte: "Schließlich wollen wir, dass Traben-Trarbach wieder gut dasteht."Meinung

Kein leichtes Spiel
Die Sprache von SPD, FDP und FWG im Stadtrat war eindeutig: Alle Fraktionen lobten Jutta Schneider für die gute Zusammenarbeit und signalisierten so ihre Solidarität. Glückwünsche an ihren Nachfolger blieben aus. Rudi Müller wird es schwer haben, das Vertrauen der Stadtratskollegen zu gewinnen. Das liegt nicht nur an der Art und Weise seiner Wahl, sondern auch am Ruf, der ihm anhaftet, im Schatten Jürgen Römers zu stehen. u.quickert@volksfreund.deExtra

Warum das Defizit des Mosel-Wein-Nachts-Markts die Stadt so empfindlich getroffen hat, zeigt auch die Debatte um den Entschuldungsfonds. Er will den Kommunen helfen, die Höhe ihrer Kassenkredite zu senken, mit denen sie laufende Ausgaben decken. Den Fonds finanzieren zu je einem Drittel das Land, die Solidargemeinschaft aller Gemeinden im Land und die Kommunen - mit dem Geld, das sie einsparen. Die Stadt Traben-Trarbach hatte zum Stichtag 31. Dezember 2009 knapp zwei Millionen Euro Liquiditätskredite. Inzwischen ist es bereits fast eine Million mehr. Sie müsste 15 Jahre lang je 33 162 Euro beiseite schaffen, würde sie rückwirkend zum 1. Januar am Entschuldungsprogramm teilnehmen. Beteiligt sich die Stadt ab dem 1. Januar 2013 am Fonds, muss sie ihre Ausgaben um 35 530 Euro jährlich senken. Was das mit dem Wein-Nachts-Markt zu tun hat? Er wirkt sich mit 30 000 Euro negativ auf den Haushalt 2012 aus. In der jährlichen Abrechnung müsste die Veranstaltung als einmaliges Sonderereignis ausgewiesen werden, wenn die Stadt rückwirkend am Entschuldungsfonds teilnimmt. Der Haken: Bringt der Wein-Nachts-Markt 2012/13 Traben-Trarbach wieder ein Minus ein - wovon auszugehen ist - könnte er nicht mehr als einmaliges Ereignis aufgeführt werden. Mögliche Konsequenz: Das Land kündigt wegen der mangelnden Spardisziplin den Konsolidierungsvertrag, und der Stadt entgehen 1,5 Millionen Euro, ihre Eigenleistung inbegriffen. Deshalb hat der Stadtrat beschlossen, erst 2013, also mit einer Laufzeit von 14 Jahren, dem Fonds beizutreten. So wird das Defizit aus dem Wein-Nachts-Markt 2011/12 nicht berücksichtigt. Und wo wird gespart? Die Erhöhung der Grundsteuer B um 20 Punkte soll gut 10 000 Euro jährlich bringen, der um zehn Punkte erhöhte Hebesatz für die Gewerbesteuer 37 000 Euro. Und, wie Heide Pönnighaus sagte: "Wir müssen weiter ganz extrem sparen." uq

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