Wein und Religion

Wer jetzt im Herbst bei der Traubenlese zusieht, bei der Weinlese mithilft oder einfach nur durch die Weinberge wandert, trifft überall auf die Verbindung Wein - Glaube - Religion: Weinlagen wie "Graacher Himmelreich", "Wintricher Großer Herrgott", "Trittenheimer Altärchen" oder Statuen von Weinheiligen, wie dem heiligen Urban, St. Urbanshof in Leiwen, dem heiligen Laurentius in Trittenheim oder die Statue von Johannes dem Täufer auf der Minheimer Moselbrücke.

In Erntedankgottesdiensten wird für den Wein gedankt. Am Namenstag des heiligen Johannes, dem Schutzpatron der Winzer, wird am 27. Dezember in den meisten Winzerorten an der Mosel der Wein im Gottesdienst gesegnet. Bei Weinproben höre ich oft, als Ausdruck des Entzückens, den Ausspruch "himmlisch". Der Bezug zum christlichen Glauben ist für viele Winzer zurzeit noch eine Selbstverständlichkeit. Schon zu biblischer Zeit wusste man, dass Wein Körper und Geist erfrischt. Im alten Israel kannten die Menschen den Spruch: "An der Spitze aller Medikamente bin ich, Wein; dort, wo es keinen Wein gibt, werden Arzneien nötig, da sich allerlei Krankheiten einstellen." Nicht nur als Arznei sondern auch als Wundpflege dient der Wein, wie die Geschichte im Lukasevangelium vom barmherzigen Samariter zeigt. Der "Samariter goss Öl und Wein auf seine Wunden". Wegen seines Alkoholgehalts wirkt der Wein bei der Wundbehandlung desinfizierend und beugt Entzündungen und Blutvergiftungen vor. Der Apostel Paulus schreibt im Brief an Timotheus: "Trink nicht nur Wasser, sondern nimm' auch etwas Wein, mit Rücksicht auf deinen Magen und deine häufigen Krankheiten." Auch die Psalmisten und Evangelisten hoben die Bedeutung des Weins hervor. Dem gefallenen Menschen, der vom Lebensbaum abgeschnitten war, überließ Gott zur Tröstung den Weinstock, dessen Frucht das Herz erfreut (Psalm 104,15) und die Mühsal vergessen macht (Spruch 31,6 f.). Wenn Gott für die Winzer und für uns nicht als Wettergott betrachtet wird, sondern Christus, als der wahre Weinstock gesehen wird und wir, wie die Reben mit diesem Weinstock verbunden sind, darf der Wein, in Maßen genossen, unbesorgt ein Teil unseres Alltags sein. Günter Zisch, Diakon Wittlich

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