Weite Wege für den Weizen

BERNKASTEL-WITTLICH. Vor einem Jahr hat die VR-Bank Hunsrück-Mosel ihre Warenlager in Thalfang und Neumagen-Dhron geschlossen. Landwirte in der Region sind davon unterschiedlich stark betroffen.

"Es ist schon umständlich", kommentiert Matthias Paulus die im Laufe des vergangenen Jahres erforderlich gewordenen Fahrten zum Landhandel. Seit der Schließung des Thalfanger Warenlagers der VR-Bank Hunsrück-Mosel muss der Berglichter Vollerwerbslandwirt nach Hermeskeil oder Morbach fahren. Was für ihn einen Aufwand von zwei Stunden statt der bisherigen 30 Minuten bedeutet. Um seine Braugerste zu verkaufen, muss Paulus etwa zehn Mal zum Landhandel fahren, ähnlich oft für den Ankauf von Düngemitteln.Betriebe, wie der von Bauer Paulus, die noch von allem etwas machen - sprich Milch, Getreide und Mast - sind von der Schließung am stärksten betroffen. Auch Rudolf Junk fährt sein Getreide jetzt nach Hermeskeil.Rückzug aus dem ländlichen Raum

"Es ist schon ärgerlich", sagt der Heidenburger Landwirt. Zumal ja alles weg ginge, womit er den Rückzug der Sparkassen aus dem ländlichen Raum anspricht. Den Dünger lässt er sich mittlerweile liefern: per LKW vom Raiffeisenlager Leiwen. Heidenburg ist in dieser Richtung mehr zur Mosel orientiert. Weshalb Günter Diederich von der Schließung des Thalfanger Lagers auch nicht direkt betroffen ist. Es seien mehr die kleineren Betriebe gewesen, die Erzeugnisse hingefahren hatten. In Heidenburg habe es den "Knax" dagegen schon vor zehn Jahren gegeben, als das Lager im Nachbarort Büdlich schloss.Auch Rudolf Manz aus Talling hatte mit der Schließung keine Probleme. Der landwirtschaftliche Betrieb, der Milch und Zuchttiere verkauft, bezieht die meisten Betriebsmittel, Sojaschrot oder Düngemittel "frei Hof". Ein Zwischenlager wie bei Raiffeisen oder bei Privaten sei da nicht mehr erforderlich. Weitere Wege hätten nur diejenigen, die Getreide anbauen. Und bei diesen habe sich inzwischen ein Abkippen vor Ort eingebürgert. Entweder am Hof - etwa in einer Maschinenhalle - oder direkt am Feld in einen Container. Die Erzeugnisse werden dann per LKW abgeholt. Grundsätzlich hat Manz Verständnis für den Rückzug aus der Fläche: "So wie ich das sehe, ist der Strukturwandel notwendig gewesen."Manfred Zelder bewertet das nicht anders. "Natürlich muss ein Landhandel dem Strukturwandel Rechnung tragen", sagt der Kreisvorsitzende des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau. Dennoch sehe der Verband dies wegen der langen Anfahrtswege kritisch. Große Betriebe hätten keine Probleme, da sie ausreichend Lagerkapazitäten für Düngemittel, Kraftfutter oder Getreide hätten. Kleinere Landwirte würden dagegen abholen - vorzugsweise Sackware.Wenig Trockenfutter wegen langer Trockenheit

In diesem Jahr stärker als sonst zu beobachten, sei der Transport von Silo-Mais oder Zuckerrüben-Press-Schnitzeln. Was laut Zelder seine Ursache in der langen Trockenheit habe. Es sei einfach weniger gewachsen, so dass Betriebe zukaufen mussten, weil sie relativ wenig Grundfutter hatten. Dass es durch diese zusätzlichen Transporte zu einer vermehrten Verschmutzung der Fahrbahnen - beispielsweise durch Getreidespuren - käme, sei jedoch nicht zu beobachten. Das sehe er sehr selten, sagt Zelder, der seinen Hof unweit des Wittlicher RWZ-Lagers hat.Die Lastwagen seien ohnehin dicht. Ansonsten könne es höchstens sein, dass ein Schieber nicht richtig geschlossen wurde. Darauf werde sehr streng geachtet - und das nicht erst seit Einführung des Qualitäts- und Sicherheits-Siegels für die Landwirtschaft. "Das ist eine gefährliche Sache für Motorradfahrer", sagt Zelder.Im Extremfall kann es daher schon mal vorkommen, dass ein Landwirt eine gefahrene Strecke von mehreren Kilometern abgeht. Was laut Willi Feilen seine Ursache in einem Defekt, einem undichten Gitter oder einer nicht richtig geschlossenen Klappe haben kann. Mit weiteren Transporten hat der Weiperather Landwirt nichts zu tun. Im Morbacher Raum sind die Betriebe eher Richtung Kirchberg orientiert. Eine zunehme Verschmutzung der Straßen ist auch ihm daher nicht bekannt.Die Polizei kann das bestätigen. Motorradunfälle durch Ernte-Rückstände gab es in letzter Zeit nicht, sagt Polizei-Pressesprecherin Monika Peters. "Das ist immer etwas, worauf ein Zweiradfahrer Acht geben muss", sagt Peters über verschmutzte Fahrbahnen. Bei einem Unfall kämen jedoch in der Regel mehrere Ursachen wie Geschwindigkeit, Vorfahrt oder Hindernisse hinzu.

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