Wenig Chancen für grüne Gentechnik

BERNKASTEL-WITTLICH. Im April läuft das Gentechnik-Verbot der Europäischen Union aus. Was bleibt, sind ethische Bedenken auf der einen und rechtliche Unsicherheiten auf der anderen Seite. Der TV sprach mit zwei Landwirten aus dem Kreis.

1998 trat ein Moratorium in Kraft, das EU-weit einen völligen Verzicht auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) verordnete. Nur Spanien gewährte seinen Bauern eine Ausnahme: Hier haben mehr als 2000 Landwirte bereits Mais für die Futtermittel-Industrie anbauen können, der gegen den Schädling Maiszünsler tolerant ist. Ab April kommt auch in Deutschland GVO-Nahrung auf den Tisch, GVO-Futter in die Ställe und GVO-Saatgut auf die Felder. Allerdings soll eine Kennzeichnungspflicht sicherstellen, dass sowohl Bauern als auch Verbraucher freie Wahl haben, zum einen oder zum anderen greifen zu können. GVO-Bauer werden regresspflichtig gemacht

Skeptiker bezweifeln, ob in der Zukunft neben den üblichen ökologisch und den konventionell wirtschaftenden Höfen eine dritte Spezies existieren kann: die mit grüner Gentechnologie wirtschaftenden Betriebe. Manfred Zelder, Vorsitzender des Bauern- und Winzerverbandes im Landkreis, hat sich umfassend bei seinen Kollegen informiert. Nach seinen Recherchen kann er klar sagen: "So, wie die Lage sich jetzt darstellt, wird kaum ein Bauer bewusst gentechnisch verändertes Saatgut einsetzen." Zu dieser allgemeinen Haltung führt allein schon die Tatsache, dass bei derzeitiger Rechtslage ein GVO-Bauer regresspflichtig gemacht würde, wenn sein verändertes Saatgut auf das Feld des Nachbarn geweht wird, der das nicht haben möchte. In einem dicht besiedelten Raum wie der Eifel-Mosel-Hunsrück-Region mit verhältnismäßig kleinen Anbauflächen ist es jedoch undenkbar, dass dieser Fall ausgeschlossen werden kann. Angedachte "natürliche Pollenbarrieren" wie Hecken werden Auswilderungen nicht verhindern. Bio-Bauern müssen nachweisen, dass ihre Produkte nicht genmanipuliert sind - ihre gesamte Existenz steht auf dem Spiel, wenn auf ihren Feldern GVO gefunden werden. "Ich sehe außerdem die Gefahr, dass durch den Einsatz grüner Gentechnologie der einzelne Hof einigen wenigen riesigen Konzernen, den Global Players, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist", so Zelder. Ob Saatgut- oder Pflanzenschutzkonzerne: er traut ihnen nicht mehr. Allerdings würde er sich auch nicht unbedingt auf die Aussage zahlreicher Discounter verlassen, die öffentlich erklärt haben, dass in ihren Regalen kein gentechnisch verändertes Essen angeboten wird. Der Teufel liegt - wie so oft - im Detail. Lebensmittel aus Tieren, die mit GVO-Futter gefüttert werden, unterliegen nicht der Kennzeichnungspflicht. Bei Eiern, Wurst, Fleisch und sämtlichen Milchprodukten hat der Verbraucher folglich keine Wahl. Und die meisten Nutztiere fressen in aller Regel längst ihre tägliche Ration GVO: in Futtermittel-Beimischungen mit Soja aus den USA beispielsweise. "Aktuell wird eine alternative Eiweißversorgung des Viehs diskutiert", berichtet der Kreisbauern-Chef. Praxisversuche mit gelben Lupinen, Erbsen und Ackerbohnen laufen. Das habe nebenbei den Effekt einer größeren Unabhängigkeit von den Konzernen. Für Demeter-Bauer Paul Brandsma sind GVO tabu - selbst das Kälberlab zur Käsegewinnung darf nicht gentechnisch verändert sein. Er gibt weitere Punkte zu bedenken: "In "England existieren Versuche, nach denen Raps-Pollen mehr als 20 Kilometer weit fliegen." Ethische Grundsatzfragen

Der auch in der Eifel angebaute Raps kann als Kreuzblütler leicht auswildern und einen nicht mehr kontrollierbaren Prozess in Gang setzen. In Kanada ist so schon verwilderter GVO-Raps entstanden: eine neue Form pflanzlichen Lebens, keine Nutzpflanze mehr, die gegen gleich drei Herbizide resistent ist. Wenn es dumm laufe, entstünden noch mehr solcher "Superunkräuter". Der direkte Eingriff in pflanzliches Erbgut stelle den Menschen vor ethische Grundsatzfragen, sagt Brandsma. Patentiertes Leben kann es in seiner Vorstellung von der Welt nicht geben. Zumindest solle sein Berufsstand versuchen, gewisse Zonen von GVO frei zu halten. Er hofft auf die Mentalität der hiesigen Bauern, in deren eigenem Interesse es liege, ihre Produkte sauber zu halten. "Die Eifel und grüne Gentechnik: Das passt doch gar nicht zusammen." Vielleicht behält Brandsma Recht. Zelders Recherchen deuten jedenfalls darauf hin.