Wenn aus Spülwasser Energie gewonnen wird

Zeltingen-Rachtig · Ein Nahwärmenetz mit Abwasserwärme gespeist - das könnte in Zeltingen-Rachtig realisiert werden. Verbands- und Ortsgemeinde möchten das als Pilotprojekt umsetzen. Es muss zunächst aber noch geprüft werden, ob sich ein solches Vorhaben lohnt. Wenn ja, dann wäre das einmalig in Rheinland-Pfalz.

 Nach dem Spülen fließt das warme Wasser in den Abfluss. Daraus kann Energie gewonnen werden. In Zeltingen-Rachtig ist ein Pilotprojekt geplant, das genau das umsetzen soll.TV-Foto: Winfried Simon

Nach dem Spülen fließt das warme Wasser in den Abfluss. Daraus kann Energie gewonnen werden. In Zeltingen-Rachtig ist ein Pilotprojekt geplant, das genau das umsetzen soll.TV-Foto: Winfried Simon

Zeltingen-Rachtig. In einigen Bundesländern werden bereits erfolgreich Nahwärmenetze mit Abwasser gespeist. Das könnte auch bald an der Mosel der Fall sein. Als Ort für das Projekt bietet sich Rachtig an, wo die Deutschherrenstraße neu kanalisiert und erneuert werden soll.
Heute schon wirtschaftlich


"Was würde diese Technik an Wärme bringen, und was würde dafür benötigt?", fragt sich Leo Wächter, hauptamtlicher Beigeordneter der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hält die Wärmenutzung aus Abwasser für lohnenswert. Wenn man den Gewinn für die Umwelt berücksichtige, sei die Technologie schon heute wirtschaftlich. Spätestens wenn eine Kanalsanierung anstehe, sollte die Abwasserwärme nutzung als ergänzende Maßnahme zur energiesparenden Wärmeversorgung größerer Gebäude oder Wohnsiedlungen in Erwägung gezogen werden.
Stefan Morbach, Ingenieur beim Planungsbüro MBS Energiesysteme in Bernkastel-Kues, hofft, schon bald für Rachtig eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorlegen zu können. Als Ingenieur interessiert ihn das Thema Abwasserwärmenutzung (siehe Extra) seit Jahren. Sein berufsbedingter Kontakt mit Abwasserwerken konfrontiert ihn ständig mit "Energien, die zur Verfügung stehen, aber ungenutzt zur Kläranlage laufen". Für ein Schwimmbad hat er bereits eine Machbarkeitsstudie erstellt. Ergebnis: 90 Prozent der dort benötigten Wärme könnten aus Abwasserwärme gewonnen werden.
Für das Projekt Zeltingen-Rachtig wird er nun von einer Studentin unterstützt, die im Rahmen ihrer Masterarbeit in Zusammenarbeit mit der Hochschule Darmstadt Daten und Fakten systematisch auswerten wird.
Sollte das für Rheinland-Pfalz erste Vorhaben dieser Art als Pilotprojekt anerkannt werden, könnte der Theorie zügig die Praxis folgen. Ortsbürgermeister Manfred Kappes begrüßt das. Aus relativ kaltem Abwasser Wärme gewinnen zu können, sei eine tolle Sache.
Doch Kommune und Verbandsgemeinde-Werke allein könnten ein solches Vorhaben nicht stemmen. Es würde nicht nur höhere Investitionen erfordern, sondern es müsste auch personell zu schaffen sein. "Aber das sind Sachen, die man lösen kann", zeigt sich Kappes optimistisch. Die Ausbaustrecke - die Zuschussbewilligung steht noch aus - wäre mit etwa 200 Metern zwar relativ kurz, doch es könnten auch abzweigende Straßen einbezogen werden, so dass gute Voraussetzungen für ein Pilotprojekt gegeben wären.
Extra

Das Verfahren basiert auf der erneuten Nutzung von Abwasser, das in Deutschland täglich in riesigen Mengen anfällt: beim Duschen, Geschirr- und Wäschewaschen oder durch Betriebsprozesse. Mithilfe von Pumpen und Wärmetauschern kann diese Energie erwärmt und erneut genutzt werden - ähnlich wie Erdwärme, die über Tiefbrunnen angezapft wird. Das in der Schweiz entwickelte Verfahren wird schon in etlichen Ländern angewandt - so etwa im Élysée-Palast in Paris. In Deutschland sind relativ wenige Anlagen in Betrieb, die aber hohe Wirkungsgrade erzielen, beispielsweise in Baden-Württemberg. Laut einer Studie der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft (DWA) könnten 15 Prozent der bundesweit benötigten Wärme aus Abwasser gewonnen werden. Erfahrungswerten nach sollen sich die Investitionskosten binnen 13 Jahren amortisiert haben. urs

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