Wenn der Bankrott droht

BERNKASTEL-KUES. Wer als Privatmensch zahlungsunfähig wird, kann seit einigen Jahren wie ein Unternehmen Insolvenz anmelden und so einen Weg aus der Schuldenfalle finden. Immer mehr Betroffene gibt es auch im Kreis Bernkastel-Wittlich.

Auf den ersten Blick ist die Zahl derjenigen, die den Schritt in die so genannte Verbraucherinsolvenz wagen müssen, im Vergleich zum Vorjahr ungefähr gleich geblieben: "Generell haben wir wie immer rund 150 Anmeldungen pro Jahr für die Schuldnerberatung", erklärt Gudrun Hack von der Caritas in Bernkastel-Kues, die in solchen Fällen Unterstützung anbietet. Daraus hätten sich im vergangenen Jahr 95 laufende Insolvenzverfahren ergeben. "Das sieht für dieses Jahr ähnlich aus, auch wenn die genauen Zahlen noch nicht vorliegen."Da jedoch seit 2002 keine ehemaligen Selbstständigen mehr beraten werden dürfen, die sich nun für ein Regel-Insolvenzverfahren direkt an das zuständige Amtsgericht wenden müssen, sei die logische Schlussfolgerung aus den gleich bleibenden Zahlen der Hilfesuchenden: Private Insolvenzen sind ein größeres Problem geworden. Zudem sei die Zahl der Anträge gestiegen, weil nach einer gesetzlichen Neuregelung nun die Verfahrenskosten gestundet werden können, was vielen diesen Ausweg aus der Schuldenfalle überhaupt erst ermöglicht und ihnen den sozialen Absturz erspart.Das Verfahren bei privaten Insolvenzen ist relativ einfach: Zunächst muss mit Hilfe von Beratungsstellen wie der Caritas versucht werden, mit den Gläubigern eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Wenn jedoch buchstäblich nichts zu holen ist, scheitert dies - eine entsprechende Bescheinigung etwa der Caritas über das Scheitern ist die Voraussetzung für die Einleitung der Verbraucherinsolvenz. Der Antrag muss beim Amtsgericht gestellt werden. Stimmt das Gericht dem Antrag zu, muss sechs Jahre lang das pfändbare Einkommen beim Insolvenzverwalter abgegeben werden, der es zunächst für die Gerichtskosten und dann prozentual an die Gläubiger weiterleitet.Netto-Einkommen ausschlaggebend

Die Grenze richtet sich nach dem Netto-Einkommen und der Anzahl der Unterhaltspflichtigen, für die der Betroffene zu sorgen hat. "Das ist lebbar", meint Gudrun Hack, "auch wenn man sich sehr einschränken muss." So werden einem Vater von zwei Kindern, dessen Ehefrau wegen der Erziehung nicht erwerbstätig ist und der 2000 Euro netto verdient, lediglich 99 Euro pro Monat gepfändet. Ein Single kann sich nur auf eine Basis von unpfändbaren 939,99 Euro verlassen: "Da muss man halt genau gucken." Vor 2002 sei es noch schwieriger gewesen. Die Ursachen für eine private Überschuldung ("Das ist ja nicht gleichzusetzen mit einer normalen Verschuldung") liegen nach Erfahrung der Caritas-Fachfrau nur selten in mangelnder wirtschaftlicher Planung und dem Wunsch, auf zu großem Fuß zu leben. "Trennung und Scheidung sind Grund Nummer eins und betreffen Männer und Frauen gleichermaßen. Danach kommen Arbeitslosigkeit, gescheiterte berufliche Selbstständigkeit und ungefähr zum gleichen Anteil Krankheit und Unfälle. Gescheiterte Hausfinanzierungen rangieren danach."Der Traum vom bürgerlichen Glück erweist sich dann als Falle und als Weg ins Abseits. So erging es auch einem jungen Ehepaar mit zwei Kindern, das ohne Eigenkapital mit Zustimmung der Hausbank ein Eigenheim baute. "Da hat die Bank ihr eigenes Einmaleins der Kreditvergabe nicht beachtet." Der Architekt hatte die Kosten unterschätzt, eine Nachfinanzierung wurde notwendig, auch die Eigenheimzulage war schon eingebunden. Zur Abfederung der monatlichen Mehrkosten nahm die Ehefrau eine geringfügige Beschäftigung an, doch ein Bandscheibenvorfall des Ehemanns mit anschließender Berufsunfähigkeit und vergeblicher Umschulung in die Arbeitslosigkeit hinein, eine Zwangsversteigerung mit zu niedrigem Ertrag und schließlich Restschulden in Höhe von 56 000 Euro zwangen die Familie in die wirtschaftlichen Knie. "In diesem Fall ist das pfändbare Einkommen gleich Null, und alles geht zu Lasten der Banken", berichtet Gudrun Hack.

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